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Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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Transformationsstadium der kulturellen und gesellschaftlichen Organisation.<br />

Sowohl Goldenweiser als auch Radcliffe-Brown, als auch Haekel und Baumann bestimmen den<br />

<strong>Totemismus</strong> als die Institutionalisierung einer Übertragung () von Symbolen oder<br />

Kategorien, welche die religiösen oder weltanschaulichen Systeme der Wilbeuterkultur hervorgebracht<br />

haben, auf das Feld der sozialen Integration und Differenzierung, das mit seiner<br />

kulturellen Aussonderung auch die eigenen, ganz besonderen und funktionsadäquaten Begriffe<br />

gewinnt, welche jene einer überkommenen Weltanschauung entliehenen Begriffe als akzidentelle,<br />

dem historischen Ereignis verschuldete Kategorien ausweisen und dann auch<br />

aufgeben.<br />

Mit seiner Hypothese einer nur durch Ereignisse zu begründenden Synthese zweier unabhängiger<br />

Systeme, welche die Erscheinung des <strong>Totemismus</strong> hervorgebracht haben soll, welche ihn<br />

also eigentlich von den anderen Systemen als eine akzidentelle Randerscheinung ihrer<br />

Überschneidung unterscheidet, für deren Ereignis die notwendigen Bedingungen angegeben<br />

werden, unterläuft Radcliffe-Brown eine überraschende kulturhistorische Wendung, der<br />

Rückgriff auf eine Konjektur, den er in seinen methodologischen Arbeiten nicht müde wurde,<br />

zu geißeln.<br />

Der Vorwurf der Verstrickung in eine für die Autoren selbst als ihre Machination unkenntlich<br />

gewordene Fiktion beruft sich vor allem auf die Kritik an der durch historische Quellen nicht<br />

begründbaren Konjektur, der gegenüber die funktionale und strukturale Analyse der gebotenen<br />

oder sich bietenden Phänomene an diesen selbst überprüft werden kann. Allein diese Kritik<br />

geht offensichtlich zu weit. Struktural und funktional läßt sich nur zeigen, daß das „wilde Denken“<br />

das soziale System seiner Gesellschaft vorstellen kann, aber diese Demonstration vermag<br />

nicht mehr zu erklären, warum sich das eine Volk, das in natürlichen Kategorien denkt, seine<br />

Gesellschaft in diesen natürlichen Kategorien vergegenwärtigt und das andere nicht, obwohl es<br />

gleichfalls in natürlichen Kategorien denkt. Dafür kann es nur Gründe geben, die aus dem<br />

allgemeinen Gebrauch natürlicher Kategoren nicht abzuleiten sind, und diese Gründe müssen in<br />

den unterschiedlichen Bedingungen gesucht werden, unter denen sich das Denken in<br />

natürlichen Kategorien zu bewähren hat.<br />

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