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Handreichungen zu den Empfehlungen zur - individuelle Förderung

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2. Pädagogische Beurteilung bei Schülern<br />

mit autistischem Verhalten<br />

Erhard Fischer / Gerd P. Jung<br />

2.1. Grundlegung<br />

Eine Lehrperson stellt bei einem ihrer Schüler fest: „Fritz ist heute morgen wieder mal auffallend<br />

unkonzentriert, ablenkbar und reizbar. Vielleicht ist <strong>zu</strong> Hause schon etwas schief gegangen. Ich<br />

muss mit <strong>den</strong> Eltern einmal über dieses Problem sprechen, am besten im Rahmen eines Hausbesuchs.“<br />

Ein medizinischer Bericht, der im Rahmen einer sonderpädagogischen Überprüfung angefordert<br />

wurde, enthält über einen 6-jährigen Jungen folgende Aussage: „Bei F. liegen autistische Störungen<br />

in Verbindung mit einer schweren Imbezillität vor. Eine Beschulung kommt nur in einer Sonderschule<br />

für Geistigbehinderte in Frage.“ Weitergehende Informationen und Begründungen <strong>zu</strong><br />

dieser „Diagnose“ fehlen.<br />

Ein Sonderschullehrer fasst am Ende seines Gutachtens die Ergebnisse seiner umfangreichen<br />

Befragungen, Beobachtungen und Tests <strong>zu</strong>sammen: „Neben erheblichen Entwicklungsverzögerungen<br />

in allen Verhaltens- und Lebensbereichen, vor allem aber im sozialen und kommunikativsprachlichen<br />

Bereich, muss Inge als sehr verhaltensschwierig und „schwer verstehbar“ beschrieben<br />

wer<strong>den</strong>, da sie mit Umweltgegenstän<strong>den</strong> in der Regel in einer eigentümlichen, sachfrem<strong>den</strong><br />

und unzweckmäßigen Art und Weise umgeht und sie sich von ihrer Umwelt häufig abkapselt. Eine<br />

länger andauernde Kontaktaufnahme und Verständigung durch die Lehrpersonen gelingt nur selten.<br />

Folgende Maßnahmen sollen ergriffen wer<strong>den</strong>, um soziale Kontakte auf<strong>zu</strong>bauen und Verständigung<br />

<strong>zu</strong> ermöglichen...“.<br />

Das Lehrerteam einer Mittelstufenklasse plant ein Einführungsprojekt „Werken mit Holz“. Holzscheiben<br />

sollen mit einer Gehrungssäge abgesägt und dann <strong>zu</strong> einer „Raupe“ <strong>zu</strong>sammengefädelt<br />

wer<strong>den</strong>. Die Kollegen strukturieren das Vorhaben in einzelne Handlungsschritte und beobachten<br />

bei einer Einführungsstunde anhand eines Protokollbogens, welche themen- bzw. sachbezogenen<br />

Kompetenzen die Schüler der Klasse bereits besitzen (Erhebung des „sachstrukturellen Entwicklungsstandes“)<br />

und bei welchen Handlungen die Schüler welche Schwierigkeiten zeigen. Anhand<br />

dieser Beobachtungen wer<strong>den</strong> dann in der mittelfristigen Unterrichtsplanung schülerbezogene und<br />

bedarfsgerechte Lernziele aufgestellt und im konkreten Unterricht die erforderlichen methodischen<br />

Hilfestellungen erteilt, so dass auch verhaltensschwierige Schüler und solche mit autistischem<br />

Verhalten an diesem Vorhaben teilnehmen können.<br />

Was haben diese Beispiele gemeinsam? Bei allen handelt es sich um Aussagen über Schüler, und<br />

zwar um Aussagen über gegenwärtige Befindlichkeiten, über körperliche Schädigungen und Beeinträchtigungen,<br />

über Lernverhalten und -defizite, über spezifische Kompetenzen bzw. Fähigkeiten<br />

und Fertigkeiten.<br />

Unterschiede in diesen diagnostischen Kommentaren betreffen <strong>zu</strong>m einen die Art und Weise, wie<br />

diese Aussagen <strong>zu</strong>stande kommen. Das erste Beispiel betrifft eine Beurteilung, die sich spontan<br />

aus einer Alltagssituation in der Schule ergibt. Solche „Ad-hoc-Beurteilungen“ wer<strong>den</strong> im täglichen

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