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Handreichungen zu den Empfehlungen zur - individuelle Förderung

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Am ersten Abend machten wir einen Tagesrückblick. Eine sinnvolle Sache, wenn man überlegt,<br />

welchem Chaos von Sinneseindrücken autistische Menschen ausgeliefert sind. Richard wünschte<br />

sich diesen Rückblick dann je<strong>den</strong> Abend und wir versuchten <strong>zu</strong>sammen <strong>den</strong> Tag noch einmal in<br />

unserem Gedächtnis ablaufen <strong>zu</strong> lassen und darüber <strong>zu</strong> re<strong>den</strong>. Jeder erzählte, was ihm einfiel,<br />

und Richard stellte noch viele Fragen <strong>zu</strong>sätzlich und innerhalb einer Viertelstunde sind wir dann<br />

alle eingeschlafen. Dieses Zurückerinnern am Abend war für uns auch sehr wichtig, weil man doch<br />

sehr viel sieht, wenn man so 80 -100 km mit dem Rad durch die Gegend fährt und viele Sinneseindrücke<br />

verarbeiten muss.<br />

Dass sein Vater und seine Geschwister nicht mitgefahren sind, wurde von Richard oft bedauert.<br />

Manchmal äußerte er Heimweh nach seinen Geschwistern und seinen bei<strong>den</strong> Nichten, manchmal<br />

nach <strong>den</strong> Nachbarn oder nach der Kaffeemaschine, nach dem roten Radio oder nach Bratwurst<br />

und Schweinshaxen (auf der Tour haben wir uns vorwiegend von Gemüse und Obst ernährt).<br />

Es gab lustige, aufregende und erstaunliche Situationen. Aufregend war es, als Richard in Les<br />

Baux auf die spitz <strong>zu</strong>laufende Stadtmauer sprang, die auf einem 30 m hohen Felsen gebaut ist.<br />

Und das alles nur wegen eines kleinen schwarzen Hundes mit rosa Schleife im Haarschopf, der<br />

aus einem Lokal uns gegenüber herausspazierte und Richard so erschreckte.<br />

Etwas beängstigend für mich an<strong>zu</strong>sehen, wie Richard auf der obersten Begren<strong>zu</strong>ng der Arena von<br />

Arles von Bogen <strong>zu</strong> Bogen sprang, nur um sich das Herauf- und Heruntersteigen über die Bögen<br />

<strong>zu</strong> ersparen. In Crest hat man einen Polizisten hinter Richard hergeschickt, nur weil er bei dem<br />

morgendlichen Stadtbummel einen Straßenarbeiter angetippt und nach einer Zigarette gefragt hatte.<br />

Diesem war das wohl nicht ganz geheuer gewesen.<br />

In der Provence, in La Bastide, steuerten wir einen Zeltplatz an einem Bauernhof an, weil Richard<br />

immer nach Kühen und Pfer<strong>den</strong> fragte und meine Tochter und ich gerne einen Wein beim Winzer<br />

getrunken hätten. Dieser Bauernhof aber hatte keine Weinberge, sondern nur Schafe, und diese<br />

waren in <strong>den</strong> Bergen. Auf dem Hof gab es lediglich zwei freilaufende Hunde. Als es schon ganz<br />

dunkel war, ging Richard mit seiner Schwester auf die Toilette, doch sie kamen nicht wieder.<br />

Manchmal hörte ich ihre Stimmen relativ nahe und dann wieder weit weg. Nach einer Stunde kam<br />

meine Tochter ziemlich fertig ohne Richard an. Er hatte beschlossen, aus Angst vor <strong>den</strong> Hun<strong>den</strong>,<br />

in der Toilette <strong>zu</strong> übernachten. Das aber wollten wir nun wieder nicht. Mit Mühe und Not, gutem<br />

Zure<strong>den</strong> und Mutmachen schleuste ich Richard schließlich an <strong>den</strong> Hun<strong>den</strong> vorbei <strong>zu</strong>m Zelt.

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