Handreichungen zu den Empfehlungen zur - individuelle Förderung
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<strong>den</strong> gezeichneten Tieren Angst hätte. In der gleichen Stellung zeichnete er ganz schnell noch einen<br />
Käfig über die Tiere, Ketten an ihren Hals oder einen Riegel an die Tür des Käfigs.<br />
Nach dem Klinikaufenthalt in Heidelberg, wollte er „Weißes“ nicht sehen. Er bekam einen Schreianfall<br />
wegen einer Sahnehaube auf dem Eis. Er hatte Angst vor Speckstücken in der Wurst, vor<br />
geschälten Kartoffeln und vor weißem Geschirr auf einem weißen Tisch. Er setzte sich deswegen<br />
nicht mehr an <strong>den</strong> Esstisch und machte sich seine Zitronentee-Wassermischung am Wasserhahn<br />
im Mund, weil er die weißen Tassen nicht benutzen wollte. Er ließ sich das Struwwelpeterbuch 10-<br />
20 mal am Tag vorlesen, ebenso „Max und Moritz“. Er benutzte in dieser Zeit nur beschriftetes Papier,<br />
vorwiegend nur kleine Zettel, von <strong>den</strong>en er vor dem Malen eine Ecke abriss. Vermutlich wur<strong>den</strong><br />
angstmachende Geräusche (z.B. Hundegebell, Maschinenlärm) mit visuellen Eindrücken in<br />
Zusammenhang gebracht. So beklagte er sich am Morgen, die Schürze der Oma, die in seinem<br />
Zimmer über seinem Stuhl hing, hätte gebellt.<br />
Später wurde das Aussehen von Menschen mit dem Aussehen von Tieren in Verbindung gebracht.<br />
Er fragte seinen Bruder, ob er ein Pferd sei, weil er Haare wie ein Pferd hätte, seine Schwester, ob<br />
sie ein schwarzer Stier sei, weil sie solche Haare hätte und mich, ob ich ein Stachelschwein sei,<br />
weil ich Stachelschweinhaare hätte. Richard ordnet jetzt immer noch Menschen nach Haaren ein,<br />
die er bevor<strong>zu</strong>gt wahr<strong>zu</strong>nehmen scheint. „Ist das der Herr X ?“ Auf meine Gegenfrage, ob es wirklich<br />
der Herr X sei, antwortete er: „Nein, aber er hat Haare wie der Herr X“. Mit 7 Jahren entdeckte<br />
er Männchen in meinen Augen und wollte einige Tage immer in meine Augen sehen. Ein Jahr<br />
später sagte er <strong>zu</strong> seinem Spiegelbild: „Ich bin es“. Mit 9 Jahren konnte er noch keine Farben benennen,<br />
zeichnete vorwiegend mit einem Kuli, einem Bleistift oder mit einem blauen Filzstift. Er<br />
zeichnete schnell und viel, manchmal bis 100 Blätter an einem Tag, mit festem Druck, oft gleiche<br />
Motive, bevor<strong>zu</strong>gt Tiere und späterhin vorwiegend Menschen. Das fertige Bild hatte keine Bedeutung<br />
für ihn. Späterhin räumte er die gemalten Bilder sofort weg, wie wenn er sie nicht mehr sehen<br />
wollte. Gezeichnetes wurde oft überzeichnet und aus einem angefangenen Hundebild konnte während<br />
des Zeichnens ein Pferd wer<strong>den</strong>. Oben und unten wurde während des Zeichenprozesses<br />
<strong>zu</strong>weilen nicht eingehalten, das fertige Bild hatte aber die richtige räumliche Anordnung. Er malte<br />
auf Papier, Wände, Möbel, in <strong>den</strong> Sand und in die Luft. Er konnte sehr gut Tiere in Bewegung<br />
zeichnen und konnte auch gut die Bewegung der Tiere nachahmen. Dieses gute „Bewegungssehen“<br />
verschwand, als sich sein zentrales Sehen besserte, so dass man annehmen musste, dass<br />
sein peripheres Sehen <strong>zu</strong>nächst besser war, als sein zentrales Sehen.<br />
Viele seiner Auffälligkeiten schienen durch seine Überempfindlichkeit für Licht verursacht <strong>zu</strong> sein.<br />
So spielte er bei unserem ersten Skiurlaub fast <strong>den</strong> ganzen Tag im Schnee, direkt vor einer Hütte,<br />
immer mit Blick <strong>zu</strong>r Hüttenwand. „Die Sonne soll nicht scheinen. Ich will die Sonne herunterwerfen.“<br />
Die Sonne schien ihn am meisten <strong>zu</strong> stören, wenn sie durch eine dünne Nebeldecke oder<br />
durch die verstaubten Scheiben des Autos schien. Er beklagte sich deswegen einmal, dass das<br />
Auto <strong>zu</strong> hell sei und bekam einen Wutanfall. Ein andermal sagte er in der gleichen Situation: „Ich<br />
mache jetzt nicht mehr die Augen <strong>zu</strong>“. Er zeichnete am liebsten in einer dunklen Ecke und einmal<br />
sagte er <strong>zu</strong> mir: „Mach das Licht aus, damit ich besser malen kann.“ Oder: „Das Papier will ich<br />
nicht haben, das ist <strong>zu</strong> hell“ (ein glattes, etwas glänzendes Papier). Einmal beklagte er sich über<br />
Spiegelungen im Stallfenster und wollte deswegen nicht in diesen Teil des Stalles. Zur gleichen<br />
Zeit faszinierten ihn Spiegelungen in der Scheibe des Fernsehers und in <strong>den</strong> Fenstern. Er wollte