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Kurt Dittes - Bußruf

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Reformationsfest 2007 - 4. November 2007<br />

Predigt von Prädikant <strong>Kurt</strong> <strong>Dittes</strong> – Pforzheim / Birkenfeld<br />

Hesekiel 3, 16b–21<br />

16 Des HERRN Wort geschah zu mir: 17 Du Menschenkind, ich habe dich zum Wächter gesetzt über<br />

das Haus Israel. Du wirst aus meinem Munde das Wort hören und sollst sie in meinem Namen warnen.<br />

18 Wenn ich dem Gottlosen sage: Du musst des Todes sterben!, und du warnst ihn nicht und sagst es<br />

ihm nicht, um den Gottlosen vor seinem gottlosen Wege zu warnen, damit er am Leben bleibe, - so wird<br />

der Gottlose um seiner Sünde willen sterben, aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern. 19 Wenn<br />

du aber den Gottlosen warnst und er sich nicht bekehrt von seinem gottlosen Wesen und Wege, so wird<br />

er um seiner Sünde willen sterben, aber du hast dein Leben errettet. 20 Und wenn sich ein Gerechter<br />

von seiner Gerechtigkeit abwendet und Unrecht tut, so werde ich ihn zu Fall bringen und er muss<br />

sterben. Denn weil du ihn nicht gewarnt hast, wird er um seiner Sünde willen sterben müssen, und<br />

seine Gerechtigkeit, die er getan hat, wird nicht angesehen werden; aber sein Blut will ich von deiner<br />

Hand fordern. 21 Wenn du aber den Gerechten warnst, dass er nicht sündigen soll, und er sündigt auch<br />

nicht, so wird er am Leben bleiben; denn er hat sich warnen lassen, und du hast dein Leben errettet.<br />

Gliederung:<br />

Die Aufgabe des mittelalterlichen Turmwächters und seine Verantwortung<br />

1. Der Warnruf will Leben retten – damals bei Hesekiel<br />

2. Der Rettungsruf Jesu eröffnet den Himmel<br />

3. Luthers Mahnruf gegen die falsche Entwarnung<br />

Abschluss:<br />

Der dreifache Wächterruf:<br />

1. Wir sollen Gott fürchten, lieben und ihm vertrauen.<br />

2. Gottes Warnung vor dem Gericht muss um der Liebe willen ausgerichtet werden.<br />

3. Sein Weckruf zielt auf Erweckung.<br />

Liebe Gemeinde,<br />

in manchen mittelalterlichen Städten findet man im Kirchturm oben noch eine<br />

Türmerwohnung. Damals wohnte und wachte hier der Wächter der Stadt. Seine<br />

Aufgabe war es, sofort Alarm zu schlagen, wenn ein Feind heran rückte oder wenn ein<br />

Brand ausgebrochen war. Wächter zu sein, war eine verantwortungsvolle Aufgabe.<br />

Wehe, der Wächter schlief ein! Die Sicherheit der Stadt stand auf dem Spiel. Wehe,<br />

der Wächter wurde nachlässig! Das Leben der Bürger war aufs stärkste bedroht.<br />

Nun hätte ein rücksichtsvoller Wächter denken können: »Ich will meine Mitbürger<br />

nicht erschrecken und in Unruhe stürzen. Schon gar nicht bei Nacht, oder in einem<br />

unpassenden Augenblick. Ich schweige lieber im Notfall, es wird schon nichts<br />

passieren.«<br />

Wie töricht! Ein solcher Wächter handelte grob fahrlässig. Er müsste sofort entlassen<br />

werden. Denn sein Schweigen wäre verantwortungslos. Hesekiel, der Prophet,<br />

bekommt von Gott einen Wächterauftrag. Er muss im Namen Gottes rufen und<br />

mahnen, zur Zeit und zur Unzeit, und er darf nicht schweigen. Ein schweres Amt, aber<br />

ein lebenswichtiges Amt.


Gottes Warnung ist kein blinder Alarm.<br />

Der Prophet Hesekiel hätte vermutlich viel lieber eine andere Botschaft verkündigt.<br />

Kannte er doch die Vorstellungen seiner Zeitgenossen. Die einen beruhigten sich:<br />

»Gott wird es schon noch zu einem guten Ende führen!« Andere beschwichtigten: »So<br />

schlimm wird’s nicht werden!«<br />

Aber gerade weil Gott sein Volk bewahren will vor der heraufziehenden Katastrophe,<br />

muss er es aufwecken aus seiner trügerischen Sicherheit. Der Ansturm der<br />

gesammelten babylonischen Heeresmacht wälzte sich scheinbar unabänderlich auf<br />

Jerusalem zu. Und Gott ließ diese Bedrohung zu.<br />

Zu selbstsicher war Israel angesichts der alten Erwählung Gottes gewesen.<br />

Zu wenig einsichtig waren die Juden, dass sie sich endlich von ihren bösen Wegen<br />

abwendeten. Zu stolz lebten sie, als dass sie noch über ihre eigene Sünde<br />

erschrocken waren.<br />

Gott hatte Leben und Heil bereit, aber es lag eben alles daran, dass sich Israel auch<br />

auf dieses große Angebot seines Herrn einließ und sich neu an Gottes Gebot und<br />

Verheißung ausrichtete.<br />

Weil Gott Israel vor dem Ende bewahren wollte, legte er seinem Propheten Hesekiel<br />

die schwere Verantwortung auf: »An dir liegt es, dass die Menschen erfahren, wo die<br />

Rettung zu finden ist. Aus deinen Worten sollen sie hören, dass sie umkehren können,<br />

ja, dass sie umkehren müssen um ihr Leben zu retten und dem Gericht zu entgehen.«<br />

Doch Israel hörte nicht auf den Warnruf des Boten Gottes. Nur wenige Jahrzehnte<br />

später waren die, die Hesekiel verspottet hatten, eines Besseren belehrt. In den<br />

Trümmern Jerusalems hatten viele ihr Leben verloren. Und wer sich retten konnte, der<br />

wurde in die Verbannung geführt.<br />

Nur ein kleiner Rest hatte dem Wort Gottes Glauben geschenkt. Sie erkannten es:<br />

Gott hat Gericht geübt über uns, aber er hat uns unser Leben noch einmal geschenkt.<br />

Denn jeder Warnruf zielt darauf ab, Leben zu retten.<br />

Wenn Gott warnt, dann ist es nie ein blinder Alarm.<br />

Damals nicht und viel weniger rund 600 Jahre später. Da erscholl Jesu Ruf zur<br />

Umkehr. Da trat als letzter Wächter und Rufer der Gottessohn auf. Hatte Hesekiel den<br />

Voralarm gegeben, so war der Alarmruf Jesu jetzt das letzte entscheidende Wort<br />

Gottes an seine verlorene Welt »Tut Buße, kehrt um, ändert euer Leben, damit ihr<br />

Gottes Gericht nicht hilflos ausgeliefert seid.«<br />

Jesus hat nie verkündigt: »Keine Sorge, es wird schon irgendwie recht werden!«<br />

Im Gegenteil. Er wusste darum, wie furchtbar es ist, wenn Gott seine Hand von der<br />

Welt und von unserem Leben abzieht, wenn er die Menschen sich selbst überlässt und<br />

wenn die Liebe durch den Egoismus zertreten wird.<br />

Jesus sah aber die noch größere Not, wenn er mahnt: »Fürchtet euch nicht vor denen,<br />

die den Leib töten, aber die Seele nicht töten können. Ich will euch sagen, vor wem ihr<br />

euch fürchten sollt: Fürchtet euch vielmehr vor dem, der Leib und Seele verdammen<br />

kann in die Hölle« (1).


Dabei dachte Jesus nicht an den Teufel, sondern an Gott, der ein endgültiges »Nein«<br />

über uns sprechen kann, wenn wir auf seine unzähligen »Ja’s« in unserem Leben<br />

nicht geantwortet haben.<br />

Jesu Worte sind eine eindrückliche Warnung. Aber dabei bleibt er nicht stehen.<br />

Vielmehr zeigt er uns den Weg; der zum Leben führt.<br />

Es ist wie an einer Straßenkreuzung. Nach links sehen wir das Schild: Halt, Durchfahrt<br />

verboten. Aber nach rechts zeigt ein weißer Pfeil auf blauem Grund die erlaubte und<br />

vorgeschriebene Richtung an.<br />

Der Warnruf gegen ein Leben ohne Gott ist das erste, aber nicht das letzte Wort<br />

Jesu. Denn nun kommt der Ruf in eine neue Richtung: »Mir nach, denn ich bin der<br />

Weg.«<br />

Wenn wir so auf Jesus sehen, dann begegnet er uns mit seinen durchbohrten<br />

Händen. »Mein liebes Kind«, sagt er, »sieh, hier, ich habe für dich bezahlt. Du hast<br />

viel falsch gemacht. Aber trau es mir zu, dass ich vor Gottes Thron alles zurecht<br />

gebracht habe. Deine Entschuldigungen will ich nicht. Deine guten Taten helfen<br />

dir nicht. Meine Vergebung allein ist’s was du brauchst. Ich schenke sie dir, ganz<br />

und gar. Und weil ich es ganz ernst meine mit deiner Rettung, darum lass dich von mir<br />

führen, heute, morgen, jeden Tag.«<br />

Bei Jesus ist alles voller Leben. Er holt uns heraus aus der Verharmlosung unserer<br />

Schuld, aus den Bindungen an das Gottlose, aus dem fehlendem Gehorsam. Seine<br />

Rettung eröffnet uns den Himmel.<br />

Wir blicken weiter:<br />

Rund 2.000 Jahre nach Hesekiel hat Gott einen anderen Warner und Wächter<br />

berufen: Martin Luther. Heute, am Reformationssonntag, soll uns sein Gehorsam<br />

gegen Gottes Wort ein besonderes Vorbild sein.<br />

Am Anfang der Reformation stand das große Erschrecken des Mönchs Martin Luther.<br />

Er sah der Macht und Klarheit des Willens Gottes entgegen und er entdeckte, dass<br />

sein Leben trotz aller geistlichen Bemühung ein Spielball der Sünde war.<br />

Und angesichts der Verharmlosungen in seiner Zeit stand er auf und widersprach:<br />

»Bitte keine falsche Entwarnung; so, als ob Gott doch großzügig wäre und gegen ein<br />

paar Gulden gerne die Sünden ausstreichen würde.«<br />

Gegen die Entwarnung veröffentlichte der Reformator seine 95 Thesen. Gegen die<br />

tödlichen Augenwischer protestierte er lautstark. Nicht weil er eine neue Kirche<br />

gründen wollte, sondern weil er den Irrweg der alten Kirche nicht mehr mit ansehen<br />

konnte.<br />

Als ein Zeitgenosse einmal zu Luther kam und ihn bat in seine Bibel eine Widmung zu<br />

schreiben, entgegnete er ihm mahnend: »Christus spricht: Wandelt, solange ihr mich<br />

als Licht habt, nicht dass euch die Finsternis überfällt. Wer glaubt es wirklich, dass es<br />

Jesus so ernst ist? Wie oft denkt man gering über das Licht, das allein er ist! Man<br />

denkt, man könne Licht bekommen, wenn man will. Aber Christus sagt: Nein! Sondern<br />

wer mich als Licht verachtet, den ergreift die Finsternis!«


Weil gar zu viele damals das Wort Gottes nur zum eigenen Vorteil benutzten, ohne<br />

in aller Konsequenz zu gehorchen, darum konnte er sagen: »Ich will Deutschland<br />

wahrsagen, nicht aus den Sternen, sondern ich verkündige ihm den Zorn Gottes aus<br />

der Theologie; denn es ist unmöglich, dass unser Volk ohne schwere Schläge bleiben<br />

wird, da Gott ja jeden Tag gereizt wird, uns zu verderben.«<br />

Mit seinem klaren Warnruf hatte Luther heilsame Absichten. Die katholische<br />

Lehre vom Fegfeuer trieb in die Angst und Verzweiflung. Luthers Weckruf vom<br />

heiligen Gott aber wollte herausreißen aus Verzweiflung und hineintreiben in die Arme<br />

des barmherzigen Herrn Jesus Christus. In ihm macht der heilige Gott deutlich, dass<br />

er uns aus dem endgültigen Tod reißen und ins ewige Leben einpflanzen will.<br />

Darum sprach Luther angesichts des Wiederkommens Jesu vom »fröhlichen Zittern«<br />

mit dem wir dem »lieben jüngsten Tag« entgegen gehen sollen. Denn dort erwartet<br />

uns zwar Gottes heiliger Zorn, aber dieser wird für die Glaubenden dann überwunden<br />

von seiner abgrundtiefen Liebe.<br />

Hesekiels Warnruf, Luthers Weckruf – wo sind solche nüchternen und klaren<br />

Warner heute in unserer Kirche? Wächter, die auf Jesu Wort hören und sich allein<br />

von seinem Wort prägen und leiten lassen? Propheten, die mit der Zeit reden, die sich<br />

dem Strom der Mehrheit anpassen, die beschwichtigen und verharmlosen gibt es viel<br />

zu viele in unseren Tagen.<br />

Der Weckruf der Reformation hallt bis heute. Er hat einen dreifachen Ton, der nur<br />

gemeinsam rein klingt: »Wir sollen Gott über alle Dinge fürchten und lieben und ihm<br />

vertrauen« sagt Luther in der Erklärung zum ersten Gebot.<br />

Wir sollen Gott fürchten, ihn den heiligen und ewigen Gott, vor dem wir auf tausend<br />

nicht eins sagen können. Ihn unseren himmlischen Richter. Zugleich sollen wir ihn<br />

lieben mit ganzem Herzen, mit unserem ganzen Leben, ihn, unseren ewigen Retter.<br />

Und nicht weniger dürfen wir ihm vertrauen, ihm dem herrlichen Tröster. Wir sollen<br />

uns mit allem, was wir haben, in seine gnädigen Hände fallen lassen.<br />

Amen.

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