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1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft

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96 Wolfgang Hahn<br />

Herkunft. Dies ist eine wichtige Erkenntnis für die Textkritik des Bibeltextes<br />

im Äthiopischen, speziell bei der Betrachtung und Bewertung der<br />

Namensformen des Alten Testaments, wo die Septuaginta als Vorlage gelten<br />

kann. Die derart mögliche ,Resemitiserung` der Namensformen (zumindest<br />

in orthographischer Hinsicht) wird zweifellos verstärkt durch eine<br />

dem Sprecher semitischer Sprachen eigenes Namens- bzw. Wurzelverständnis,<br />

das ihn in die Lage versetzte, einen ursprünglich semitischen<br />

Namen in griechischer Verkleidung mit einiger Treffsicherheit — und ohne<br />

hebräische Vorlage oder semitistische Ausbildung — richtig einzuordnen<br />

und zu rekonstruieren.45 Namensformen mit falsch eingesetzten Laryngalen<br />

wie 1110°C Mn zeigen allerdings, daß die gewählten Buchstaben<br />

nicht immer dem semitischen Original entsprachen. Eine systematische<br />

Durchmusterung des gesamten Materials, also der Transliterationsformen<br />

der Inschriften, Münzen und (Bibel-)texte, steht noch aus und würde<br />

zweifellos die Mechanismen solcher Übertragungen klarstellen. Dies wäre<br />

ein primäres Quellenmaterial zum Verständnis alttestamentlicher Namen<br />

im alten Äthiopien, dessen Ergebnisse dann wieder in interessanter Weise<br />

mit den alten, aber vorzüglich aus griechischen Vorlagen geschöpften und<br />

übersetzten „onomastica sacra aethiopica"46 zu vergleichen wären.<br />

c) Alttestamentliche Namen, beginnend mit Kaleb (Anfang 6. Jh.), ausgenommen<br />

Israel (u. U. nicht als Personenname, sondern als Bezeichnung<br />

für Dynastie oder Reich zu deuten). Es fällt auf, daß mit Kaleb, Joel und<br />

Gersem eher biblische Randfiguren, gerade nicht die in der späteren<br />

Reichslegende wichtigen Namen wie David, Salomon etc. gewählt sind.<br />

Freilich sind diese Figuren mit ihrer Charakterisierung in der Bibel recht<br />

gut zum Geschichts- und Selbstverständnis des Äthiopiers in Beziehung<br />

zu setzen: Kaleb nach Sir 46, 9 und 1 Macc 2, 56 (zusammen mit Joshua)<br />

der Kriegsheld, der dem Aufruhr des Volkes widersteht, ein Beispiel für<br />

Kraft und Heldentum; Joel, dessen kurze Prophetie freilich ein passendes<br />

hymnisches Programm für das neue Israel Aksum sein konnte; Gersem<br />

(Gersom) nach Ex 2, 22: etwa Anspielung auf „Gast in fremdem Land" =<br />

Israelit in Äthiopien, bzw. 1 Chr 6,1 ff. Sohn Levis und von daher in die<br />

äthiopische Staatslegende einzubauen. Ein Blick in Namensindices etwa<br />

äthiopischer Chroniken belehrt, daß sich diese Namen später wohl nicht<br />

45 Man vergleiche dazu etwa die aussagekräftige Namensliste bei R. Zuurmond, Novum<br />

Testamentum Aethiopice: The Synoptic Gospels. General Introduction. Edition of the<br />

Gospel of Mark, Stuttgart, 1989 (Athiopistische Forschungen. 27), S. 95-99; M. Kropp,<br />

Abraha's Names and Titles: CIH 541, 4-9 reconsidered, in: Proceedings of the Seminar<br />

for Arabian Studies 21, 1991, 135-145, besonders Anm. 27-29.<br />

46 Vgl. Wutz, Äthiopische Onomastica, in: Onomastica Sacra (Texte und Untersuchungen<br />

zur Geschichte der altchristlichen Literatur), Leipzig 1915, 1004-1035; 1184-1186).

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