1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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Eine axumitische Typenkopie 91<br />
den Heiligen Bischof Cyrill von Jerusalem (347-87) als Verheißung eines<br />
(dann im Sommer 348 bei Singara erzielten) Persersieges nahegebracht<br />
worden zu sein.24 Für den Kirchenlehrer Cyrill, dessen Herzensanliegen<br />
die Propagierung des Kreuzkultes war, muß das Lichtkreuz aber auch eine<br />
willkommene Bestätigung für seine eschatologische Theologie gewesen<br />
sein.25 Dem Kaiser gegenüber deutete er die Erscheinung als Uberbietung<br />
der Vision seines Vaters Constantin; in der Tat tritt erst von da an das<br />
Kreuz neben das constantinische Christogramm als kaiserliches Siegeszeichen.<br />
Regulär, d. h. nicht bloß als Beizeichen einzelner Münzstätten, ist<br />
das Kreuz erstmals auf der kaiserlichen Leibstandarte, dem Labarum, von<br />
den Ostmünzstätten für eine Maiorinenemission verwendet worden, die<br />
in die Jahre 348/50 fällt.26 Aber erst nach der Erscheinung von 419 sollte<br />
das Kreuz dann in seiner Langform das Labarum auf den Münzen überhaupt<br />
ersetzen. 422/23 war es noch auf die Vota-Solidi des anläßlich der<br />
Vicennalien fälligen Augustaticum-Donativs beschränkt, als aber Pulcheria<br />
im Jahre 450 neuerlich an die Macht kam, hat der von ihr zum Kaiser<br />
gemachte Marcianus die Victoria mit dem Kreuz als Standardtyp der Solidi<br />
wieder aufgenommen und mit einer Umschrift versehen, die den Sieg<br />
aller christlicher Kaiser apostrophiert.27<br />
Die Frage, ob der neuen Goldmünze des Mhdys ein Solidus von 422/23<br />
oder der ab 450 geprägte als Vorlage gedient hat, läßt sich unschwer zugunsten<br />
des älteren beantworten,28 weil sowohl die Umschrift als auch<br />
der zentralvergoldete Kreuztyp der Kupfermünzen des Mhdys auf eine<br />
Himmelserscheinung Bezug nehmen: die Übersetzung der constantinischen<br />
Siegesdevise mußte alle Christen an das himmlische Zeichen für<br />
den ersten christlichen Kaiser erinnern29 und der Kreuzschild ist eine<br />
24<br />
Cyrill von Jerusalem, ep. ad Constantium, Patrologia Graeca 33, 1165-1176; daselbst<br />
auch die davon abgeleiteten späteren Nachrichten. Zur umstrittenen Datierung des Cyrillbriefes<br />
vgl. zuletzt W. Hahn (o. Anm. 8).<br />
25<br />
Vgl. G. Kretschmar, Festkalender und Memorialstätten Jerusalems in altchristlicher<br />
Zeit, Ztschr. des deutschen Palästina-Vereins 87, 1971, 167-205 (insbes. S. 189 ff.).<br />
26<br />
RIC VIII, p.434 (Heraclea), p. 487 (Cyzicus), p. 506 (Antiochia), p. 536 (Alexandria).<br />
27 RIC 505 ff. Vgl. Holum (o. Anm. 17).<br />
28<br />
Dennoch sollen zwei allenfalls mögliche Interpretationshypothesen für eine Marcianzeitliche<br />
Rezeption nicht unerwähnt bleiben: die gelegentlich angenommene Präsenz eines<br />
Bischofs von Adulis beim Konzil von Chalzedon 451, die jedoch auf der Fehllesung<br />
einer Bischofsliste beruht, vgl. E. Honigmann, Un eveque d'Adulis au concile de Chalcedoine,<br />
Byzantion 20, 1950, 295-301; oder die militärischen (und damit wohl auch anzunehmenden<br />
diplomatischen) Aktivitäten des Kaisers Marcianus in Nubien, vgl. B.<br />
Croke, The context and date of Priscus fragment 6, Classical Philology 78, 1983, 297-<br />
308.<br />
29<br />
Konstantin ist übrigens auch von den Äthiopiern als Heiliger aus der griechischen Kirche<br />
übernommen worden, vgl. E. A. Budge, The Book of the Ethiopian Church, the<br />
Ethiopian Synaxarium, Cambridge 1928, III, 747.