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1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft

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90 Wolfgang Hahn<br />

juwelenbesetzte Goldkreuz gemeint war, welches Theodosius II. an der<br />

Kreuzigungsstelle auf dem ehemaligen Golgathahügel, also im Bereich der<br />

Grabeskirche aufstellen ließ.17 Das Datum und die Vorgeschichte lassen<br />

sich aus einigen literarischen Nachrichten dahingehend rekonstruieren,<br />

daß das Kreuz zum Dank für den während eines Perserkrieges im September<br />

421 gemeldeten Sieg gestiftet wurde. Dieser Perserkrieg war insofern<br />

religiös motiviert, als er durch Christenverfolgungen im sasanidischen<br />

Herrschaftsbereich ausgelöst, und allem Anschein nach vom Kaiser<br />

bzw. von seiner frommen Schwester Pulcheria, die die Regierung bestimmte,<br />

im Vertrauen auf eine Himmelserscheinung über Jerusalem begonnen<br />

worden war.18 Zum Jahre 419 wird berichtet,19 daß dort der auf<br />

den Wolken des Himmels wiederkehrende Christus von Pilgern gesichtet<br />

worden wäre, woraufhin ein leuchtendes Kreuz auf ihren Kleidern erschien.<br />

Diese Gewandkreuze spielen dann noch in einem späteren hagiographischen<br />

Text2° eine Rolle, der sie den römischen Soldaten vor der<br />

siegreichen Schlacht zuschreibt.21<br />

Die Erscheinung von 419 ist eine von mehreren, die in Jerusalem durch<br />

die Prophezeihung bei Mt. 24, 30 hervorgerufen wurden, wonach man das<br />

Zeichen des wiederkehrenden Menschensohnes auf den Wolken des Himmels<br />

über dem Ölberg erwartete und damit die Endzeit des beginnenden<br />

Gottesreiches. Wenn dafür eine natürliche Erklärung zu suchen ist, dann<br />

wird man am ehesten an Halophänomene denken.22 Daß Theodosius II.<br />

und Pulcheria darin ein Siegeszeichen über den, als satanisch empfundenen,23<br />

persischen Erbfeind sehen konnten, ist bedingt durch die frühere<br />

Erscheinung eines Lichtkreuzes, die um die Mitte des 4. Jahrhunderts der<br />

christlichen Welt verkündet wurde und die bei den Kirchenschriftstellern<br />

ein dementsprechendes Echo gefunden hat. Obwohl sie dann später mit<br />

dem Sieg des Constantius II. über den Usurpator Magnentius (351) in<br />

Verbindung gebracht wurde, scheint sie diesem Kaiser ursprünglich durch<br />

17 Vgl. K. G. Holum, Pulcheria's crusade A. D. 421-22 and the ideology of imperial victory,<br />

Greek, Roman and Byzantine Studies 18, 1977, 153-172 mit Diskussion der Quellen;<br />

s. dazu auch die Anm. 15.<br />

18 S. Anm. 17.<br />

19 Marcellinus comes, MGH Auct. ant. XI, Berlin 1894, p. 74; ein Widerhall davon findet<br />

sich auch bei Augustinus, Sermones 19, 6 (Patrologia Latina 38, 136 f.).<br />

20 Quodvultdeus, Liber promissionum et praedictorum Dei 3, 36 (Sources chretiennes 101/<br />

102, Paris 1964, II, 558-560).<br />

21 Bei den Soldaten liegt offenbar die Vorstellung der christlichen Soldatenweihe zugrunde,<br />

vgl. F.J. Dölger, Beiträge zur Geschichte des Kreuzzeichens VIII/28, Jahrb. für Antike<br />

und Christentum 8/9, 1965/66, 34-42.<br />

22 Es handelt sich um Phänomene der meteorologischen Optik, die durch die Brechung des<br />

Sonnenlichtes an Wasser- bzw. Eiskristallen der Atmosphäre hervorgerufen werden.<br />

23 Vgl. Cyrill von Jerusalem, cat. XIII, 40 und XV, 6 (Patrologia Graeca 33, 821 und 877).

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