1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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Eine axumitische Typenkopie 89<br />
gekannt hat, denn sie sind räumlich und zeitlich zu entlegen. Allem Anschein<br />
nach verfügte der für den Entwurf zu dieser Münze Verantwortliche<br />
über die entsprechende Bildung aus der patristischen Literatur. Daß<br />
er aber gerade damals auf die Idee kam, diese Schlagzeile ins Geez zu<br />
übertragen und mit einem vergoldeten, d. h. Lichtkreuz zu kombinieren,<br />
bedarf einer Erklärung, denn das originale Siegeszeichen Constantins war<br />
ein Christogramm und primär erscheint dieses in der römischen Numismatik,<br />
sowohl auf der Kaiserstandarte (labarurn) als auch auf dem Schild<br />
der Victoria.13 Mit Hilfe der neuen Goldmünze des Mhdys (Abb. 1) erscheint<br />
es möglich, die Hintergründe zu erhellen und damit auch diesen<br />
König besser zu datieren.<br />
Das Sensationelle an diesem Stück ist seine bildliche Ausgestaltung, die<br />
gänzlich aus der Reihe der in sich kompakt-stereotypen Goldprägung<br />
Axums fällt. Sie ist bedingt durch eine einmalige, bewußte Typenkopie einer<br />
oströmischen Typenvorlage. Die Rückseite zeigt nämlich als einzige<br />
axumitische Münze mit einer figürlichen Darstellung nicht den König,<br />
sondern die geflügelte Victoria (Nike), mit einem Langkreuz nach links<br />
gewendet. Es ist dies ein wohlbekannter, erstmals unter Theodosius II.<br />
verwendeter Typ der römischen Solidi,14 dessen ikonographische Bedeutung<br />
in der römischen Numismatik schon oft kommentiert worden ist;15<br />
auf den Anlaß zu seiner Einführung wird auch im Zusammenhang mit<br />
unserer axumitischen Münze näher einzugehen sein. Diese weicht in<br />
zweierlei Hinsicht von der römischen Vorlage ab: die (für Axum belanglose)<br />
Umschrift bezieht sich mit vot 20 muh. 30 auf die Vicennalien des<br />
Theodosius II. und das doppellinig gezeichnete Langkreuz ist anders als<br />
das äthiopische Stabkreuz der axumitischen Nachmünze; dieses könnte<br />
jedoch vom Kreuzszepter der consularischen Sondermünzen inspiriert<br />
worden sein, auf denen dieses erstmals (anstelle des Adlerszepters) auftritt.16<br />
Es gilt als sicher, daß im Rv. der Constantinopolitaner Solidi das<br />
13 Obwohl in der Fachliteratur noch immer umstritten (Reallexikon zur byzantinischen<br />
Kunst V 39 ff.), läßt sich dies gerade durch die Münzen nachweisen; vgl. P. Bruun, The<br />
Christian signs an the coins of Constantine, Arctos 3, 1962, 5-35; der Christogrammschild<br />
erscheint erstmals auf dem Stockholmer Silbermultiplum des Constantius II. von<br />
353 aus Rom (RIC 232), auf regulären Münzen ab Flaccilla (383).<br />
14 RIC 218 ff.<br />
15 Vgl. zuletzt W. R. 0. Hahn & B. E. Woytek, Review of RIC X, NC 156 (<strong>1996</strong>) 382-392.<br />
16 RIC 221; gegen frühere vermeintliche Kreuzszepter-Darstellungen s. M. Radnoti-Alföldi,<br />
Historische Wirklichkeit — historische Wahrheit: Constantin und das Kreuzszepter,<br />
in: H.J. Drexhage & J. Sünskes (Hg.), Migratio et commutatio (Festschrift T. Pekary),<br />
St. Katharinen 1989, 318-325. Ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem Kreuzszepter<br />
der Vs. und dem Gemmenkreuz der Rs. scheint also zum Zeitpunkt ihrer Einführung<br />
bestanden zu haben.