1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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Homonoia von Ephesos und Alexandreia 69<br />
wurde ihre Funktion als Schutzherrin und Helferin der Seeleute erst in<br />
römischer Zeit besonders herausgestellt.61 Alljährlich im März fand zur<br />
Eröffnung der Schiffahrtsaison in vielen Hafenstädten des mittelmeerischen<br />
Raumes ein Fest (7tkoiougata) zu Ehren der Isis statt, von dem<br />
Apuleius in seinen Metamorphosen eine Beschreibung liefert.62 Auch Sarapis<br />
gewann wie Isis in der römischen Kaiserzeit die Funktion eines<br />
Schützers der Seefahrt.63 Um die Mitte des 2. Jhs. war seine Verehrung<br />
unter diesem Aspekt so verbreitet, daß Aelius Aristides schreiben konnte:<br />
„Im Meere ist der Gott mächtig und Lastschiffe und Trieren werden unter<br />
seinem Schutz gelenkt."64 Wie Isis wurde Sarapis damit zum Gott der<br />
Anonna, d. h. der Getreideversorgung, schlechthin.65 Er war nämlich<br />
nicht nur der Gott, der das Getreide aus der Erde sprießen ließ (auf diese<br />
Funktion weist auch der Modius auf seinem Kopf hin), er wachte auch<br />
über den Getreidetransport, dessen reibungsloser Ablauf die Voraussetzung<br />
für eine gute Versorgung war. Sarapis stellt sich damit nicht nur als<br />
Repräsentant Alexandreias dar, sondern er ist zugleich auch zu dem Gott<br />
geworden, der die Homonoia-Verbindung zwischen Alexandreia und<br />
Ephesos schützt.<br />
Einen Bezug zur Seefahrt haben auch die Rückseiten-Bilder, die Sarapis<br />
und Artemis Ephesia zusammen auf einem Schiff fahrend zeigen (Kat. 10<br />
und 19). Besonders ausführlich ist eine solche gemeinsame Fahrt im<br />
Stadthafen von Ephesos66 auf dem Medaillon in Paris (Kat. 19) abgebildet:<br />
Auf dem nach links fahrenden Schiff sehen wir am Bug Artemis<br />
Ephesia, am Heck Sarapis stehen. Da das großflächige Rahsegel mit<br />
rechteckigem Querschnitt weithin sichtbar bis zur Mastspitze hochgezogen<br />
ist und die Köpfe der Ruderer über dem Schanzkleid herausragen,<br />
wird es sich hier nicht um ein Kriegs-, sondern um ein Versorgungsschiff<br />
handeln. Mit solchen Schiffen wurde der Getreideaustausch zwischen den<br />
beiden Homonoia-Partnern vermutlich bewerkstelligt. Am oberen Rand<br />
der Münze sind die Hafengebäude im Halbrund angeordnet, in der Mitte<br />
erkennt man einen stilisierten Tempel. Der nach rechts auf einen Peltenschild<br />
zulaufende Eber zeigt, daß es sich um den Hafen der Stadt Ephesos<br />
handelt: Der Eber weist auf die Gründung der Stadt durch den Heros<br />
61 Alföldi, a.O. (Anm. 59), 76ff.<br />
62 Apuleius, Met. XI 15ff. bes. XI 16-17.<br />
63 L. Vidmann, Isis und Sarapis bei den Griechen und Römern, Berlin 1970, 122.<br />
64 So Aelius Aristides in seinem Hymnus auf Sarapis (45, 23 K.): elJaa xai, ev OcOtarrn<br />
!üyag oirtog ö Oeög — xcd, 6XxithEg xcd, tQtrimeig 17/7t6 tOirrip X'UßEQVCOVTUL.<br />
65 Alföldi, a.O. (Anm. 59), 53ff.; Hornbostel, a.O. (Anm. 55), 153ff.<br />
66 Zur Anlage des Stadthafens von Ephesos im 2. Jh. siehe K. Lehmann-Hartleben, Die antiken<br />
Hafenanlagen des Mittelmeeres, Klio Beih. 14, 1963, 202ff.