1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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Homonoia von Ephesos und Alexandreia 65<br />
Auch für die Stadt Tarsos in Kilikien konnte R. Ziegler numismatische<br />
Zeugnisse beibringen, die belegen, daß die Stadt auf Befehl Caracallas,<br />
der dort das ,Bügermeisterame (die Demiurgie) übernommen hatte, stark<br />
verbilligtes oder kostenloses Getreide aus Ägypten erhielt.42 Ziegler vermutet,<br />
daß es zu einer Versorgungskrise gekommen war, weil Caracalla in<br />
Tarsos für seinen Feldzug gegen die Parther 215/16 Getreide requirieren<br />
mußte.43 Im Jahre 231 oder kurz danach ergab sich die gleiche Situation<br />
unter dem Kaiser Severus Alexander, als dieser mit seinem Heer in den<br />
Osten zog. Auch er gab die Erlaubnis zu Getreidelieferungen aus Ägypten<br />
nach Tarsos."<br />
Der umgekehrte Weg war, natürlich seltener, ebenfalls möglich: Die<br />
Stadt Pogla in Pisidien führte, anscheinend über den pamphylischen Hafen<br />
Side, Weizen nach Alexandreia aus." In Ägypten lag der Beginn der<br />
Weizenernte um die Mitte des Monats April und war gegen Mitte Mai abgeschlossen."<br />
In dieser Zeit wurde das Getreide von den Anbaugebieten<br />
nilabwärts nach Alexandreia (Neapolis) gebracht. In Kleinasien konnte<br />
mit der Ernte frühenstens im Juni begonnen werden, so daß mindestens<br />
ein Monat zwischen den beiden Ernteterminen lag, in dem Versorgungsmängel<br />
ausgeglichen werden konnten, zumal es gleichfalls denkbar ist,<br />
daß auch Alexandreia zur Verpflegung der Truppen in Syrien herangezogen<br />
wurde. Auch in unserem Fall liegt es nahe, daß Ephesos und Alexandreia<br />
zusammenarbeiteten, um Engpässe bei der Getreideversorgung zu<br />
vermeiden.<br />
Auf dem sogenannten Parthermonument aus Ephesos, das die siegreiche<br />
Beendigung des Partherkrieges von 162/163 unter Lucius Verus verherrlicht,<br />
konnten in der dritten Reliefszene unter den Städtepersonifikationen<br />
auch Alexandreia und Ephesos identifiziert werden.47 Ihr Auftreten<br />
an einem römischen Siegesmonument dokumentiert die Bedeutung, die<br />
ihnen während dieses Krieges zukam: Ephesos als Etappenstation und<br />
zeitweiliges Hauptquartier des Kaisers und Alexandreia als Getreideliefe-<br />
42 J. Ziegler, Münzen Kilikiens als Zeugnis kaiserlicher Getreidespenden, JNG 27, 1977,<br />
29 ff.<br />
43 Ebenda 38f.<br />
44 Ebenda 40.<br />
45 H.J. Drexhage, Die Kontakte zwischen Side, Alexandreia und Ägypten in der römischen<br />
Kaiserzeit (1. -3. Jh. n.Chr.), in: Studien zum antiken Kleinasien, Asia Minor Studien 3,<br />
Bonn 1991, 80; P. Weiß, Pisidien: eine historische Landschaft im Lichte ihrer Münzprägung,<br />
in: Forschungen in Pisidien, Asia Minor Studien 6, Bonn 1992, 160.<br />
46 G. Rickman, a.0. (Anm. 37), 303f.<br />
47 Kunsthistorisches Museum Wien, Katalog der Antikensammlung II: Funde aus Ephesos<br />
und Samothrake, Wien 1978, 72f. mit Abb. 52, Katalog Nr. 69 (Alexandreia) und Nr. 71<br />
(Ephesos).