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1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft

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Ein unbekanntes Bronzetetradrachmon von Vardanes I. 41<br />

354 = 42/43 n. Chr. ist m. E. unrichtig. Alle Münzen des Vardanes I, soweit<br />

sie nach der Eroberung Seleukeias dort geprägt worden sind, zeigen<br />

die Göttin Tyche mit Palme (Typ Sellwood 64). Die hier vorgestellte<br />

Rückseite der Münze entspricht jedoch dem Typ Sellwood 65 und wurde<br />

zu Zeiten Vardanes I. nach heutigem Wissensstand zum ersten Male im<br />

Januar 44 n. Chr. verwandt (Typ Sellwood 65.1) Die irrige Lesung ‚Delta'<br />

hat m. E. ihre Ursache in der korrisionsbedingten Verschmutzung. An der<br />

Stelle des dritten Buchstabens war vor Reinigung der Münze zunächst<br />

nur eine leichte Erhebung sichtbar, die wegen ihrer Rundung den Rückschluß<br />

auf ein Delta plausibel erscheinen ließ. Die Münze wurde jedoch<br />

später mit einem härteren Radiergummi bearbeitet, um die Oberfläche<br />

plastischer wirken zu lassen und vor allem, um die Schrift leserlich zu<br />

machen. Nach der Reinigung ergab der dritte Buchstabe ein ,Eta`.<br />

Das hier präsentierte Tetradrachmon wurde zerstörungsfrei mittels einer<br />

energiedispersiven Röntgenmikroanalyse (EDX) im Rasterelektronenmikroskop<br />

(REM) hinsichtlich seiner metallenen Zusammensetzung von<br />

der zentralen Analytik der Firma Henkel KGaA, Düsseldorf, untersucht.<br />

Die Reinigung der Münze erfolgte erst nach der metallurgischen Untersuchung.<br />

Nach dem Ergebnis der Röntgenmikroanalyse besteht das Tetradrachmon<br />

aus einer Kupfer/Zinn-Legierung bei einem Mischungsverhältnis von<br />

ca. 2 : 1 Gewichtsprozenten. Auf der Oberfläche ist eine Vielzahl von<br />

Si02-Partikeln (Sand) erkennbar. Die grünen Ablagerungen werden als<br />

Kupferchlorid identifiziert. In vereinzelten Bereichen wurde Kupfer neben<br />

geringen Mengen Schwefel festgestellt.<br />

Das Ergebnis der obigen metallurgischen Untersuchung ist außerordentlich<br />

ungewöhnlich. Mischungen von Kupfer und Zinn führen zu<br />

Bronze. Typische Münzbronzen aus dem hellenistischen Kleinasien haben<br />

kaum mehr als 10 % Zinn.4<br />

Im vorliegenden Fall beträgt der Zinnanteil fast ein Drittel. Der hohe<br />

Zinnanteil muß einen Grund gehabt haben, wie sich aus den weiteren<br />

Ausführungen ergeben wird. Der hohe Zinnanteil hat indessen auch einige<br />

technische Konsequenzen.<br />

Bronzen mit etwa 6,5 % Zinn erreichen die Härte eines guten kohlestoffarmen<br />

Eisens und werden damit zum Problem für die Prägestempel.<br />

Die Verarbeitung im kalten Zustand wird schwieriger, sobald der Zinnanteil<br />

6,5 % übersteigt, weil Prägestempel und Schrötlinge gleiche Härten<br />

erreichen können. Nur geschickte Handwerker können im kalten Zustand<br />

Schrötlinge bis etwa 12 % Zinnanteil noch mechanisch verarbeiten. Eine<br />

4 H. Moesta — P. R. Franke, Antike Metallurgie und Münzprägung, Basel 1995, 138 ff.

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