1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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Buchbesprechungen, Jb. f. Num. u. Geldgesch. 46, <strong>1996</strong> 259<br />
Collegiums zu Lyon, brach jedoch alsbald zu ausgedehnten Studienreisen in diverse europäische<br />
Städte auf. Wie nicht wenige seiner Standeskollegen — man denke nur an die Zeitgenossen<br />
Charles Patin, Thomas Reinesius, Jean und Jean-Francois Foy-Vaillant — entwikkelte<br />
Spon, ausgestattet mit der Fähigkeit zu exakter und kritischer Beobachtung, ein tiefgehendes<br />
Interesse für die Monumente des Altertums. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung<br />
dürfte hierbei Spons enge Freundschaft mit dem Paduaner Arzt und Numismatiker<br />
Charles Patin (einem Sohn des berühmten Mediziners Guy Patin, mit welchem Jacobs<br />
Vater Charles Spon kollegial verbunden war) gewesen sein, der den Lyoneser bereits zu<br />
dessen Straßburger Studienzeiten in die Wissenschaft der Antiquitäten eingeführt hatte.<br />
So galt auch Spons bedeutendstes Unternehmen, eine von Oktober 1674 bis Juli 1676<br />
durchgeführte wissenschaftliche Forschungsreise, vor allem der Auffindung und Beschreibung<br />
von Stätten und Zeugnissen der antiken Welt. Streckenweise in Begleitung des Numismatikers<br />
und königlichen Antiquars Jean Foy-Vaillant und des englischen Edelmannes<br />
und Altertumsfreundes George Wheler, führte Spons Route über Italien nach Dalmatien,<br />
Griechenland und die ägäischen Inseln bis in den Nordwesten Kleinasiens und nach Konstantinopel.<br />
Als reicher Ertrag dieser archäologischen Entdeckungsfahrt, einer der ersten<br />
ihrer Art, ist nicht nur eine vielgerühmte literarische Reisebeschreibung, sondern auch die<br />
Sammlung von etwa 50 Manuskripten, über 600 Münzen und mehr als 2000 Abschriften<br />
antiker (meist unedierter) Inschriften zu verzeichnen.<br />
Nach Lyon zurückgekehrt, konnte sich Spon seinen antiquarischen Studien indes nur<br />
wenige Jahre widmen; als Folge der Aufhebung des Edikts von Nantes durch Ludwig XIV.<br />
im Oktober 1685 flüchtete der Reformierte ins Schweizer Exil, wo er noch im selben Jahr<br />
in Vevey am Genfer See verstarb.<br />
Das vielseitige Schaffen Spons reflektiert das hier angezeigte Buch auf zweifache Weise:<br />
ein Katalogteil präsentiert neben Druckwerken und Stichen eine Reihe archäologischer<br />
Objekte, die Spon gesammelt und in seinen Publikationen beschrieben hatte, darunter auch<br />
eine Auswahl von römischen und mittelalterlichen Münzen, die sich heute im Musee des<br />
Beaux-Arts zu Lyon befinden. Ein ausführlicher, sorgsam recherchierter Aufsatzteil beleuchtet<br />
verschiedene Details aus dem Leben des Gelehrten, seinem Umfeld, seiner Heimatstadt,<br />
und gewährt Einblick in die Verfassung der Altertumskunde im Frankreich des<br />
Grand Siecle:<br />
F. Bayard skizziert den Lebenslauf, C. Santschi und J.-P. Gutton den familiären, protestantischen<br />
Hintergrund Spons; G. Bruyere berichtet über Zeugnisse aus der römischen<br />
Vergangenheit Lyons, dessen religiöses und politisches Leben im 17. Jh. von F. Bayard umrissen<br />
wird, während M.-F. Perez anhand von Spons eigenen Aufzeichnungen über zeitgenössische<br />
Lyoneser Antikensammler referiert. Die Orientreise Spons und insbesondere seinen<br />
Aufenthalt in Athen und auf Delos zeichnen J.-C. Mossiere bzw. G. Labarre nach.<br />
Verschiedene Beiträge führen in den Freundes- und Kollegenkreis des Forschers ein, zu<br />
welchem außer den Numismatikern Patin und Vaillant auch der Apotheker, Autor und<br />
Münzsammler Philippe Sylvestre Dufour, der Jesuitenpater Jacques-Paul Babin sowie der<br />
angesehene Orientalist Antoine Galland, Übersetzer der Geschichten aus 1001 Nacht und<br />
selbst ein großer Freund der Münzen und Antiken (ab 1685 Antiquar des Königs), zu rechnen<br />
sind; über Spons Korrespondenz mit den beiden letztgenannten informieren M. Couvreur<br />
und D. Viviers, die aus unveröffentlichtem Material in der Bibliothek von Brüssel<br />
schöpfen. Ein eigenes Kapitel ist dem Geistlichen George Wheler gewidmet, Spons Begleiter<br />
in Griechenland und Kleinasien, dessen Kollektion antiker Inschriften und Reliefs der<br />
Universität Oxford, ein Teil seiner Münzsammlung jedoch dem Domkapitel von Durham<br />
übereignet wurde.<br />
Mit der Situation der Numismatik im Lyon des 17. Jhs., ihrer Blüte und ihrem Niedergang,<br />
beschäftigt sich J. Guillemain, der Münzfreunde wie Compain, La Chaize, Dufour<br />
und Marc Mayer mit ihren Sammlungen Revue passieren läßt. Den Stellenwert von Spons<br />
numismatischen Abhandlungen untersucht F. Planet: er erinnert an Strada und Rouille mit