1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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232 Buchbesprechungen, Jb. f. Num. u. Geldgesch. 46, <strong>1996</strong><br />
Dem Bereich der Seidenstraße in West- und Ostturkestan wendet sich E. Zeymal zu. Er<br />
behandelt die verschiedenen kulturellen, wirtschaftlichen, politischen, ethnischen und das<br />
Kunstschaffen betreffenden Aspekte dieser Gebiete. Gerade hier trafen und vermischten<br />
sich die verschiedenartigsten Einflüße. Die Malereien und Skulpturen aus buddhistischen<br />
Tempeln entlang der nördlichen Seidenstraße, die Marianne Yaldiz vorstellt, sind Zeugnisse<br />
einer einzigartigen Kultur.<br />
Trotz des intensiven Handels entwickelte sich in Ost- und Westturkestan keine gemeinsame<br />
Münzwirtschaft. Es wurden keine für die gesamte Seidenstraße gültigen Münzen geprägt,<br />
zumal der Handel auch nicht durchgehend, sondern etappenweise verlief. Die Gebiete<br />
entlang der Seidenstraße prägten nur für den regionalen Bedarf, und entsprechend wenig<br />
gelangten diese Münzen auch über ihren engeren lokalen Rahmen hinaus. Die Münzen<br />
Westturkestans (Transoxaniens) orientierten sich an seleukidischen, gräko-baktrischen und<br />
sasanidischen Vorbildern. Die Blütezeit Sogdiens im Z und 8. Jh. wird auch durch eine reiche<br />
Münzprägung dokumentiert, Nachahmungen sasanidischer Silberdrachmen und zumeist<br />
auf die chinesische Tradition zurückgreifende Kupfermünzen. Nach Ostturkestan gelangten<br />
als älteste Münzen chinesische Kupfermünzen. Später kamen dann in großen Mengen auch<br />
sasanidische Silberdrachmen hinzu. Eigene Prägungen spielten nur eine geringe Rolle.<br />
Die Münzen, die in der Ausstellung selbst gezeigt wurden (S. 358-380, Kat.-Nr. M 1-<br />
M 78) stammen ausschließlich aus dem Bereich von Turkestan (ehem. Sowjetunion und<br />
China) und sind ausschließlich Leihgaben der Eremitage. Wegen der meist geringen Prägezahlen<br />
und der beschränkten regionalen Verbreitung gelangten solche Stücke nur in kleiner<br />
Zahl in ausländische Sammlungen. Die Abbildungen und die Beschreibungen von E. Zeymal<br />
bieten einen guten deutschsprachigen Überblick über dieses für uns doch recht abgelegene<br />
Gebiet der Numismatik, der m.W. an anderer Stelle und mit derart brauchbaren Fotos<br />
(die Schwachstelle aller sowjetischen bzw. russischen Publikationen) nicht existiert.<br />
Man mag sich fragen, warum nicht auch Münzen der anderen in dieser Ausstellung gezeigten<br />
Gebiete und Kulturen aufgenommen wurden. Der Benutzer des Kataloges wird sie an<br />
dieser Stelle freilich dank der zahlreichen Illustrationen in den historischen Kapiteln ohnehin<br />
nicht vermissen.<br />
Ausstellung und Katalog zeigen neben den Münzen charakteristische Kunstwerke der<br />
vorgestellten Gebiete: Grabreliefs aus Palmyra, sabäische Inschriften, Reliefs, Plastiken,<br />
Kultgeräte und Bronzen aus Südarabien. Aus dem Iran der Achaimeniden, der Arsakiden<br />
und der Sasaniden sehen wir insbesondere Werke der Metallkunst und Siegel, aber auch<br />
Reliefs, Gefäße, Kleinkunst aus Ton und Elfenbein. Die prächtigen reliefierten Silberschalen<br />
und -gefäße der sasanidischen Epoche waren sicher einer der Glanzpunkte dieser Ausstellung.<br />
Auch aus Baktrien überwiegen prächtige Metallarbeiten, darunter eine Phalera mit<br />
Darstellung eines Kriegselefanten aus der Eremitage. Aus dem Bereich südlich des Hindukusch<br />
und Nordwest-Indien werden u. a. westliche Importwaren aus dem Schatz von Begram,<br />
ein Relieffragment mit Darstellung eines Reliquientransports auf einem Elefanten,<br />
ein goldener Amulettbehälter mit kushanischen Goldmünzen und kushanische Stuckplastiken<br />
gezeigt.<br />
Die frühmittelalterliche Blütezeit Sogdiens ist u. a. mit Textilien, einem bemalten Holzschild<br />
und einem Pachtvertrag auf Pergament vertreten. Neben Objekten aus Choresmien,<br />
Tschatsch und Fergana lieh die Eremitage auch die bedeutenden Textilienfunde aus dem<br />
Gräberfeld von Noin Ola in der nördlichen Mongolei aus. Aus Ostturkestan stammen Terrakottaplastiken,<br />
Dokumente in indischer Schrift, bedeutende Wandmalereien und bunt bemalte<br />
Statuetten aus Lehm, Ton und Holz. Den chinesischen Bereich dokumentieren Votivbanner<br />
aus Dunhuang, dem Endpunkt der Seidenstraße, Terrakottafiguren und ein Spiegel<br />
mit Jagdszenen. Die Objekte werden in ausgezeichneten Farbaufnahmen abgebildet und<br />
sind ausführlich beschrieben. Ein Großteil stammt aus der Eremitage und ist bislang sicherlich<br />
weder mit einem derartig guten Foto noch in einer auch dem des Russischen nicht<br />
Mächtigen zugänglichen Beschreibung veröffentlicht worden.