1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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Kitanaura 21<br />
aber nicht erlaubt sein; im Falle der Übertretung soll er der Göttin Artemis<br />
1000 Drachmen zahlen. Der Eigentümer des Sarkophags versprach<br />
sich offensichtlich einen wirksamen Schutz für sein Grab, wenn er die<br />
Strafsumme der Artemis widmete. Das mag aus religiösen Gründen der<br />
Fall gewesen sein, aber vermutlich auch deswegen, weil das Heiligtum der<br />
Artemis eine bedeutende Einrichtung der Stadt war, das eine wirksame<br />
Strafverfolgung, vor allem wenn die Geldbuße zu seinen Gunsten ausgesetzt<br />
war, gewährleisten konnte. Die Bedeutung der Artemis in der Gemeinde<br />
von Saraycik wird auch durch die Namen der in den Inschriften<br />
genannten Bewohner der Siedlung deutlich: Viele von ihnen tragen theophore<br />
Namen, die auf Artemis zurückgehen oder zumindest mit ihr<br />
volksetymologisch in Verbindung gebracht wurden. Louis Robert hat<br />
mehrfach gezeigt, daß die Bürger griechischer Städte sehr oft die führenden<br />
Götter ihrer Heimat durch eine entsprechende Namengebung als<br />
Schutzpatrone ihrer Kinder auswählten.26 So begegnen wir in einer in Saraycik<br />
gefundenen Weihinschrift einem Mann, dessen Großvater Artemes<br />
hieß,27 ein Sarkophag wird durch die Inschrift einer Artemis, Tochter des<br />
Arteimes reserviert;28 in einem anderen Grabtext ist eine weitere Frau namens<br />
Artemis genannt.29 Angesichts der geringen Anzahl von Inschriften<br />
der Stadt ist das Vorkommen so vieler Namen, die aus dem Theonym der<br />
Artemis gebildet sind, auffällig. Die auf den Münzen von Kitanaura dargestellte<br />
Artemis war also in der antiken Siedlung von Saraycik eine führende<br />
Gottheit. Bei der großen Verehrung, die Artemis in der gesamten<br />
griechischen Welt, besonders aber in Kleinasien und Lykien,3° genoß, will<br />
das nicht allzu viel besagen, trägt aber zusammen mit den anderen Indizien<br />
zu einer weiteren Absicherung der Identifikation von Kitanaura mit<br />
Saraycik bei.<br />
Eine weitere Gottheit, der in einer Inschrift von Saraycik eine Strafsumme<br />
zugesprochen wird, ist Sozon; bei ihm handelt es sich um einen<br />
lokalen südkleinasiatischen Reitergott.31 Deshalb ist eine Identifikation<br />
26 Z. B. L. Robert, Villes d'Asie Mineure. Etudes de geographie ancienne, Paris 21962, 365;<br />
ders., Sur des inscriptions de Delos, BCH Suppl. 1, 1973, 435-489, bes. 435-466.<br />
27 TAM II 3, 1223: irrig Moi.eoug Toi) Ap[c]Eithoug. Zu dem Zusammenfallen von griechischem<br />
Namen und einem einheimischen Namensstamm vgl. L. Zgusta, Kleinasiatische<br />
Personennamen, Prag 1964, 102 5 108-11.<br />
28 TAM II 3, 1225: 'Act4,ei 'ActElttoug.<br />
29 TAM II 3, 1227: ÄQT£1.1EL '02tpattom.<br />
3° Zur Verehrung der Artemis in Lykien vgl. P. Frei, Die Götterkulte Lykiens in der Kaiserzeit,<br />
in: ANRW II 18, 3, Berlin / New York 1990, 1767-1775.<br />
31 Vgl. dazu etwa L. Robert, Hellenica 3, Paris 1946, 38 ff.; H. Metzger, Catalogue des monuments<br />
votifs du Musee d'Adalia, Paris 1952, 28-34: Le dieu Sozon; Frei, a. 0. (Anm.<br />
30), 1826 f.