1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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224 Buchbesprechungen, Jb. f. Num. u. Geldgesch. 46, <strong>1996</strong><br />
Das gilt auch für die Münzporträts. Nach der Periode des „stillen" Stils wurde in der<br />
Zeit des ersten pergamenischen Stils, ca. 225-180 v. Chr., die Modellierung wieder reicher,<br />
die Struktur stärker artikuliert und detailliert. Plastizität und Reliefhöhe nehmen zu. Die<br />
Augen haben oft nur noch ihre natürliche Größe. Als Beispiele wählt Brown Münzbilder<br />
des Antiochos III.; ihr Stil entspricht demjenigen der Münzporträts der meisten Zeitgenossen.<br />
Die Porträts zeigen z.T. stärker als sonst individuelle Züge bis zu den unterschiedlichen<br />
Lebensaltern der Dargestellten. Die Zuweisung eines solchen „realistischen" Kopfs<br />
(Büste in Rom, Villa Albani) an Euthydemos I. von Baktrien ist daher zu Unrecht in<br />
Zweifel gezogen worden.<br />
In der Zeit des zweiten pergamenischen Stils (ca. 180-150) können sich die Betonung des<br />
Emotionalen und die Hell-Dunkel-Kontraste noch verstärken, wie als Beispiel eine Münze<br />
des Eumenes II. zeigt. Dennoch bleiben die Münzporträts dieser Zeit deutlich anders als<br />
diejenigen der Diadochen: ... „nowhere do the coin images repeat the kind of extroverted<br />
energy, flyaway hair included, that is particular to the early third century coins." Auch<br />
wenn die Augen wieder übergroß wiedergegeben werden, blicken sie nun starr nach oben,<br />
ihnen fehlt „the intense liveliness of carving and effect" von früher.<br />
Somit wird man auch hier mit dem Kopenhagener Pyrrhos-Kopf auf den „dramatischen"<br />
Stil des frühen 3. Jhs. verwiesen. Parallel zu diesem für jene Zeit typischsten Stil finden<br />
sich in den Münzbildern der Diadochen aber auch noch andere Stilvorstellungen wie der<br />
klassizistische Stil der Alexanderköpfe auf den Münzen des Ptolemaios von ca. 317 bis 304,<br />
mit einer davon abweichenden Emission in einem „delikaten" Stil in der Art des Praxiteles,<br />
wohl die Besonderheit eines Stempelschneiders.<br />
Der erst für die Zeit nach 280 typische „schlichte" Stil des Demosthenes-Kopfes findet<br />
sich bereits vorher auf einigen Stempeln der Münzen des Lysimachos mit Alexanderporträt<br />
aus Magnesia am Mäander, auch dies wohl die Arbeit eines nur kurzfristig beschäftigten<br />
Stempelschneiders. Auch Münzen des Demetrios Poliorketes aus Pella (aus nur einem<br />
Stempel) zeigen den „schlichten" Stil, der König ist hier individualisierter als sonst üblich<br />
und mit alternden Zügen wiedergegeben. Der „schlichte" Stil läßt sich also bis um 300<br />
v. Chr. zurückverfolgen, wurde aber in dieser Zeit für das Münzbild noch als unpassend<br />
empfunden.<br />
Ein weiterer Stil, der bei den Münzbildern der Diadochen gelegentlich anzutreffen ist,<br />
ist der von Brown so genannte „plastische" Stil. Mit dem „dramatischen" Stil gemein hat er<br />
die reiche Modellierung, doch sind die Hell-Dunkel-Kontraste geringer, die Plastizität ist<br />
höher. Die Formen sind nicht gerundet, sondern fest, der Gesamteindruck eher gesetzt als<br />
dramatisch. Beispiele für diesen Stil sind ein Goldstater des Lysimachos aus Pella mit einem<br />
Alexanderporträt, das sehr stark an die Azara-Herme erinnert (deren Vorbild nach<br />
manchen eine Arbeit des Lysipp sein soll), und eine Drachme aus Ephesos. Hierher gehören<br />
auch die Prägungen des Seleukos von 301/300 aus Susa, die eine Büste wohl Alexanders<br />
des Großen mit Pantherfell um die Schulter und einem mit Pantherfell bedeckten Helm<br />
zeigen, auch wenn die Formen bereits stärker vereinfacht sind, so daß Cahn diese Münzen<br />
dem „schlichten" Stil zugewiesen hatte. Bei den Münzporträts des Demetrios Poliorketes<br />
war der „plastische" Stil sogar die Regel, er findet sich in allen Münzstätten bis auf Amphipolis,<br />
das den „dramatischen" Stil pflegte.<br />
In einem letzten Kapitel widmet sich Brown noch großplastischen Porträts im „dramatischen"<br />
Stil. Während nach dem allgemeinen Konsens der Forschung dieser Stil im 4. Jh. in<br />
der Großplastik gebräuchlich war (der sog. „Alexanderbarock" und auch ein sog. Maussollos<br />
aus der Mitte des 4. Jhs., ferner athenische Grabstelen des 4. Jhs. im „dramatischen"<br />
Stil als dem „appropriate vehicle for portrait presentations of the inspired personality"),<br />
war die Fortsetzung dieses Stils im 3. Jh. weniger eindeutig. Brown zeigt und erörtert einige<br />
Werke der Großplastik, die sie dem „dramatischen Stil" in der Zeit der Diadochen zuweist.<br />
Kein Zweifel an einer Datierung in die Zeit der Diadochen bestand auch schon früher<br />
bei zwei der gezeigten Beispiele.