1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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Schicksal eines Prägestempels 183<br />
an seine faktische Verwendung gehen sollte, gefiel Meister Eugen die alte<br />
Signatur nicht mehr so recht. So entschloß er sich auf der Basis einer ungehärteten<br />
Version des Prägestempels zum Nachtrag seines monogrammatischen<br />
‚Markenzeichens' im freien Raum unter dem München-Plan in der<br />
Linken des Herzogs und — da eine Doppelsignatur ein Unding gewesen<br />
wäre — zur Tilgung der beiden Namensbuchstaben zu Seiten des Salzfäßchens.<br />
Von den zwei realistischen Möglichkeiten für eine solche Tilgung,<br />
Überschneiden mit einer Rosette oder dgl. oder aber Abschleifen des<br />
Stempels, entschied er sich im Prinzip für letzteres: Nachdem die tiefsten<br />
Stellen der alten Signatur durch Heranarbeiten des Stahls aus der näheren<br />
Umgebung zu ‚stopfen' versucht wurde (was zur Entstehung unerwünschter<br />
,Kuhlen` im Stempel führen mußte), zog Meister Eugen das<br />
Prägeeisen ein wenig ab — was umso eher möglich war, als infolge der<br />
leichten Stempelwölbung von dem Eingriff nur die äußeren Stempelregionen<br />
tangiert wurden: Zwar wurde die Legende insgesamt um ein geringes<br />
flacher, die erwünschte Tilgung des feineren E-W verlief aber — im wesentlichen<br />
— erfolgreich (Abb. 3). In dieser neuen Version wurde der<br />
Stempel nun gehärtet, die Ausprägung wurde erfolgreich durchgeführt<br />
und Karl Gebhardt hat die Medaille so — ohne Beobachtung des Signaturwechsels<br />
— wiederholt besprochen (s. oben Anm. 4).<br />
Allerdings: Beim Abziehen des Stempels hatte Meister Eugen in dem<br />
Dilemma gestanden, vom Prägeeisen gerade so viel abschleifen zu müssen,<br />
wie zur Eliminierung der Altsignatur nötig, und gleichzeitig aber<br />
auch so wenig wie möglich, um von der Reliefhöhe der umliegenden Legende<br />
nicht allzu viel zu verlieren. Folglich legte er die neue Stempelfläche<br />
auf jene Ebene, die durch ‚Stopfen' der tiefsten Stellen der Signaturbuchstaben<br />
im alten Stempel erreicht worden war. Bei aller Sorgfalt der<br />
Arbeit: Ein hundertprozentiges Auffüllen aller Vertiefungen und Nahtstellen,<br />
das heißt eine völlig glatte Fläche wie bei den umgebenden, abgezogenen<br />
Partien, war beim Heranarbeiten des Stahls nicht zu erreichen<br />
gewesen. Der Effekt davon: Bei günstiger Beleuchtung oder Zuhilfenahme<br />
einer Lupe sind — wenn man einmal um diese Vorgeschichte weiß — geringe<br />
Reste der alten Signatur auf den ausgeprägten Medaillen erkennbar<br />
(Abb. 4)!<br />
Insofern hatte der hier verwendete Prägestempel nicht nur sein eigenes<br />
Schicksal, sondern die mit ihm geprägten Medaillen können diese originelle<br />
Vorgeschichte dem scharfen Auge auch nicht ganz verbergen.