1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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110 Konstantin Olbrich<br />
praefectus praetorio per Orientem — der insgesamt fünf Diözesen zugeordnet<br />
waren — die Stadt Antiochia mit ihrer moneta publica der Sitz des<br />
Vikars der Diözese Oriens. 24 Verbunden mit der für Antiochia typischen<br />
Positionen der Offizinsletter bietet sich also der Schluß an, daß das 0 im<br />
Sinne eines Kontrollzeichens als Namenskürzel der für die Emission mitverantwortlichen<br />
Diözesanverwaltung O(riens) eingesetzt worden ist.<br />
Hier stellen sich zwei Fragen: nämlich einmal, warum Antiochia seine<br />
Urheberschaft gegenüber den wenige Jahre später auftauchenden Münzzeichen<br />
ANTIOB/ANTOB so vorsichtig angedeutet haben sollte, zum<br />
anderen, warum auf jenen Vergleichsemissionen im Gegensatz zum vorliegenden<br />
Stück keine Offizinszahl auftaucht. Die Antworten dürften sich<br />
aus den jeweils unterschiedlichen politischen Konstellationen ergeben, die<br />
der Prägung im Namen Leos I. auf der einen und den späteren für Zeno<br />
und Leontius auf der anderen Seite zugrunde lagen: Während Zeno im<br />
Jahre 476 und Leontius im Jahr 484 antiochenische Solidi prägten, war<br />
Konstantinopel in der Hand gegnerischer Kaiser. Zeno hatte es dort noch<br />
mit Basiliscus zu tun, Leontius mit Zeno. In keinem der beiden Fälle<br />
dürfte der die Metropole der Diözese Oriens beherrschende Prägeherr die<br />
Möglichkeit gehabt haben, eine Offizin des hauptstädtischen Münzamtes<br />
oder wenigstens Teile davon mitzuführen und einzusetzen. Dadurch wurde<br />
eine Offizinsangabe auf den lokalen Solidi obsolet. Auch bestand kein<br />
Hindernis, mit der Signatur ANTIOB/ANTOB auf Goldmünzen die offene<br />
Opposition zum jeweiligen Regime in Konstantinopel zu erklären.<br />
Da sich beide Herrscher verstärkt auf lokale Kräfte in Syrien und Palästina<br />
stützen mußten, konnte diese klare Devise angesichts der anti-orthodoxen<br />
Dauerstimmung in der monophysitischen Provinz sogar von besonderer<br />
Brisanz sein.25<br />
Ganz anders war die Lage im Jahr 468. Denn der frisch ernannte magister<br />
militum per Orientem befand sich mit seinem Kaiser in Konstantinopel<br />
im besten Einverständnis. Der Grund für eine Goldprägung in Antiochia<br />
zum damaligen Zeitpunkt ergibt sich aus dem oben dargestellten historischen<br />
Hintergrund: Nachdem Leo I. seinen Schwiegersohn in die relative<br />
Sicherheit des Ostens versetzt hatte, um ein Gegengewicht gegen<br />
die Germanen zu bewahren, dürfte zeitweilig auch die Notwendigkeit bestanden<br />
haben, dem Isaurier die finanzielle Unabhängigkeit von Konstan-<br />
24 Antiochia als Verwaltungssitz des Vicars der Diözese Oriens: Demandt (o. Anm. 16)<br />
S. 249.<br />
25 Für die Bedeutung dieser religiösen Fragen im Ringen um die Herrschaft spricht auch,<br />
daß Zeno während seines Exils als magister militum per Orientem im Jahre 469 massiv<br />
um die Gunst der monophysitischen Syrischen Kirche warb: Jones (o. Anm. 15) S. 227.<br />
Zur Opposition Syriens und Ägyptens gegen Konstantinopel nach dem Konzil von<br />
Chalkedon, vgl. Bury (o. Anm. 15) S. 358; Demandt (o. Anm. 15) S. 466 und 469. Auch<br />
Basiliscus erklärte sich am Ende seiner Regierung für orthodox.