1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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108 Konstantin Olbrich<br />
er weiter an der Demontage der Familie Aspars und war schließlich zur<br />
Stelle, als letztere im Konstantinopel des Jahres 471 einer Palastverschwörung<br />
zum Opfer fiel, die auch vom Kaiser und Basiliscus ausging.<br />
Unser Solidus kann aus mehreren Gründen der Episode des Antiochener<br />
Exils Zenos zwischen 468 und 471 zugeordnet werden. Dafür gibt es<br />
zunächst folgende, sich rein aus der hier beschriebenen Prägung ergebende<br />
Argumente: Bereits oben wurde ausführlich darauf eingegangen, daß<br />
wir es offenbar mit dem Produkt eines aus der zehnten Offizin Konstantinopels<br />
hervorgegangenen Ateliers zu tun haben, das sich von der<br />
Hauptstadt durch die Stellung des Offizinzeichens geringfügig absetzen<br />
wollte. Jedoch weist der Stil der Victoriendarstellung nicht in den Westen,<br />
sondern auf eine griechisch-östliche Provenienz. Dazu ist an dieser<br />
Stelle auf einige Gesichtspunkte hinsichtlich der Legende einzugehen: Einerseits<br />
sind die einzelnen Lettern — insbesondere auf dem Avers — von<br />
sehr unterschiedlicher Größe. Das ist auf östlichen Prägungen Leos I.<br />
häufig zu beobachten, nie jedoch auf den vergleichbaren italischen Stükken<br />
für Leo II. und Nepos, auf denen die Legende im Gegenteil besonders<br />
regelmäßig ist.17 Zum anderen fällt als epigraphisches Detail der Reverslegende<br />
die Form des V in ... AVCCC ... auf. Sein linker Balken ist<br />
deutlich geknickt, entsprechend dem griechischen Y, was wiederum im<br />
Westen nicht vorkommt und eher östlich von Konstantinopel zu erwarten<br />
wäre.<br />
Die Büstenzeichnung ist kunstlos und weist nicht zuletzt in der Behandlung<br />
von Mund- und Kinnpartie Besonderheiten auf, entspricht aber<br />
wohl östlicher Machart. Eine Ähnlichkeit mit den klar Antiochener Solidi<br />
des Zeno bzw. des Leontius ist insoweit nicht zu erkennen, obwohl diese<br />
nur acht respektive sechzehn Jahre vor unserer Prägung entstanden sein<br />
dürften.18 Das muß aber vor dem Hintergrund der Beobachtungen Kents,<br />
der bereits richtig auf den fehlenden stilistischen Zusammenhang zwischen<br />
letzteren untereinander hingewiesen hat, nicht überraschen.19 Immerhin<br />
besteht in einem Detail möglicherweise eine Verbindung zu diesen<br />
beiden Ausgaben: Gerade das Kinn der Büste Leos ist etwas ungeschickt<br />
durch die Gravur eines markanten Punktes dargestellt worden (vgl. Vergrößerung).<br />
In dieser sehr ungewöhnlichen Art der Modellierung ist es<br />
jedenfalls mir bisher weder in Italien noch in Konstantinopel begegnet,<br />
wo das Kinn der Frontalbüsten eher halbmondförmig unter dem Mund<br />
angebracht wird. Dagegen taucht das eher punktartig betonte Kinn sehr<br />
17 Für den Osten vgl. Kent (o. Anm. 1) 605; für den Westen daselbst 3201, 3203-3208.<br />
18 Kent (o. Anm. 1).<br />
19 Die fehlende Stilverwandtschaft zwischen den Antiochia-Solidi von Zeno und Leontius:<br />
Kent (o. Anm. 1) S. 111.