1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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106 Konstantin Olbrich<br />
Zusammenfassend spricht für eine westliche Provenienz um 474 das<br />
Folgende: Es scheint sich bei unserem Stück um das Produkt einer aus<br />
der kaiserlich-oströmischen I-Offizin gebildeten Prägewerkstatt zu handeln.<br />
Diese versuchte durch die Dislozierung des Offizinsbuchstabens in<br />
die Abschnittslegende einerseits ihre östliche Abkunft, andererseits auch<br />
ihren konkret aus dem Rahmen fallenden Einsatz zu kennzeichnen. Der<br />
Doppelpunkt, der im Westen ab Leo II./Nepos bis Odovaker auf den Solidi<br />
erscheint, könnte ebenfalls von einem ursprünglichen Einsatz der<br />
zehnten Konstantinopolitaner Offizin in Italien zeugen. Hierfür gibt es<br />
eine Parallele in den erwähnten Mailänder Solidi Theoderichs im Namen<br />
des Anastasius, etwa achtzehn Jahre später. Damit wäre eine Zuweisung<br />
unserer Leo-Münze als Vorläufer der Doppelpunkt-Solidi denkbar.<br />
Hier soll jedoch eine andere Zuschreibung versucht werden. Trotz<br />
brauchbarer Argumente für die westliche Alternative, die hoffentlich angemessen<br />
diskutiert wurden und die uns teilweise noch weiter beschäftigen<br />
werden, habe ich keinen Zweifel, daß der vorliegende Solidus in Antiochia<br />
hergestellt wurde.<br />
Aus Antiochia kennen wir bereits Goldprägungen aus den Regierungen<br />
des Kaisers Zeno und des Usurpators Leontius." Der Grund für diese<br />
beiden durch die Signaturen ANTIOB bzw. ANTOB hervorgehobenen<br />
Emissionen war die Tatsache, daß die beiden genannten Herrscher zur<br />
Zeit der Prägung keinen Zugang zur Hofmünzstätte in Konstantinopel<br />
hatten. Seit den letzten bekannten Solidi im Namen des Kaisers Valentinian<br />
IU' etwa aus der Zeit um 379 hatte die Ausmünzung edler Metalle<br />
in Antiochia für nahezu hundert Jahre geruht.<br />
Fragt man sich nach den Gründen, eine Antiochener Prägung von Solidi<br />
des Leo I. oder seines gleichnamigen Enkels mit der Sigle CONOBI<br />
überhaupt zu erwägen (und nach einem Datum innerhalb des Zeitraums<br />
457 bis 474, zu dem solches passiert sein könnte), so sei folgendes vorweg<br />
dargelegt:<br />
" Zeno hatte während seines Exils unter der Herrschaft des Basiliscus offenbar kurzfristig<br />
Zugang zur Münzstätte Antiochia, vgl. Kent 904 u. S. 111. Hahn, MIRB (o. Anm. 4),<br />
Zeno 1. Regierung, Nr. 5 und S. 46 liefert gute Gründe für eine Prägung Antiochias im<br />
Jahre 476, nachdem Illus und sein Bruder Trocundus die Seiten gewechselt hatten. Dies<br />
dürfte dann wahrscheinlich sein, wenn Konstantinopel damals bereits wieder in den<br />
Händen des Zeno gewesen wäre, weil in diesem Fall der syrische Raum wie üblich mit<br />
Gold aus der Hauptstadt hätte versorgt werden können. Jedoch ergriff Trocundus bereits<br />
Besitz von Antiochia noch bevor Zeno Konstantinopel erreicht hatte: A. Lippold,<br />
Zenon 17, RE X A, 1972, Sp. 149-213 (163 oben). Zu den Prägungen des Leontius im<br />
Jahre 484 vgl. Kent (o. Anm. 1) 1101, 1102 u. S. 121 f.; W. Hahn, MIRB Nr. 1 und S. 49.<br />
14 W. E. Pearce, RIC IX, Antiochia 39 a, b.