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1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft

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Das orientalische Heermeisteramt des Zeno 105<br />

die Einführung der neuen Darstellungen zuständig war, über vorgefertigte<br />

Stempel verfügte, auf denen die künftige Legende bereits markiert war.<br />

Die ausführenden westlichen Graveure dürften dann die Vorzeichnung<br />

für die Offizin — die in den dortigen Münzstätten keine Funktion erfüllen<br />

konnte — nicht verstanden und deshalb einfach als Doppelpunkt nachgeschnitten<br />

haben. Dieser aus einer falsch interpretierten Vorgabe entstandene<br />

Fehler ist dann in der Tradition der italischen Prägung immobilisiert<br />

worden. Wahrscheinlich ist eine solche Erklärung auch deswegen, weil<br />

der Doppelpunkt viel zu lange und unter verschiedenen Kaisern unverändert<br />

übernommen wurde, um eine emmissionstechnische Bedeutung haben<br />

zu können.9 Daß der so gewissermaßen „verschleierte" Offizinsbuchstabe<br />

ein 1 gewesen ist, ist wegen der Existenz der beiden Punkte in der<br />

passenden Ausrichtung am Ende der Legende zu vermuten, aber nicht<br />

zwingend, da mit einem Doppelpunkt auch ein anderer Buchstabe markiert<br />

werden kann, solange sein Ort nur grob vorgegeben werden sollte.<br />

Allerdings stammt der erwähnte Nepos-Solidus mit der Signatur<br />

CONOB aus der Offizin A.'° Dies muß aber auch nicht hinderlich sein,<br />

da das Stück aus der Zeit des kaiserlichen Exils von 475-477 stammen<br />

kann." Für eine Spätdatierung der fraglichen Münze spricht zudem, daß<br />

wir das A auf westlichen Solidi sonst erst seit Zeno kennen.12 Hier könnte<br />

ein getrennter Fall einer Offizinsverleihung aus Konstantinopel vorliegen,<br />

da das A später zum stereotyp kopierten Vorbild für zahllose ostgotische,<br />

westgotische, fränkische und sonstige „barbarische" Solidi bis in<br />

das sechste Jahrhundert hinein wird.<br />

Verlockend ist nun, daß gerade auf unserer Prägung des Leo, und zwar<br />

insbesondere auf dem Revers, sehr deutliche Überreste einer Punktvorzeichnung<br />

vorhanden sind (vgl. Vergrößerung), ein Merkmal, das normalerweise<br />

weder im Ost- noch im Westreich im Bereiche der „offiziellen"<br />

Prägungen auftaucht. Möglicherweise hat die spätantike Münzverwaltung<br />

von so einer Vorzeichnung überhaupt abgesehen, wenn man vom Vorhandensein<br />

routinierter und qualifizierter Schriftgraveure ausging. Dies war<br />

bei unseren Stempeln jedoch nicht der Fall, was sich daran zeigt, daß der<br />

durch die Vorpunktung gegebene Rahmen regelmäßig verfehlt wurde und<br />

deswegen die Punkte stehenblieben. Auch sind die einzelnen Lettern in<br />

ihrer jeweiligen Größe höchst unregelmäßig geraten.<br />

Der stereotype Doppelpunkt z. B. Kent (o. Anm. 1) 3203-3208 (Leo II. und Julius Nepos),<br />

3309 (Basiliscus), 3405-3407 (Romulus), 3625-3627 (Odovacer für Zeno).<br />

10 Kent (o. Anm. 1) 3249.<br />

11 Kent S. 207.<br />

12 Kent (o. Anm. 1) 3248.

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