1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft
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104 Konstantin Olbrich<br />
und künstlerischem Fachpersonal aus Konstantinopel gefördert worden<br />
zu sein.6<br />
Die Vermutung, es könne sich bei unserem Solidus um das Produkt einer<br />
solchen von Konstantinopel ausgerüsteten mobilen Prägestätte handeln,<br />
wird auch durch das Auftauchen des dislozierten Buchstabens I verstärkt,<br />
der normalerweise das Zeichen der zehnten östlichen Offizin ist.<br />
Hier wird eine interessante Parallele zu einer Entdeckung W. Hahns<br />
sichtbar: Hahn hat festgestellt, daß ein auf den Reversen Mailänder Solidi<br />
im Namen des Anastasius (diese übrigens wieder CONOB, also östlich<br />
signiert) auftauchendes I ebenfalls fast in den Abschnitt gerutscht ist.<br />
Diskutiert wird, ob es sich um das Zeichen der an Theoderich verliehenen<br />
zehnten Offizin des Kaisers oder um eine Indiktionsdatierung handelt,<br />
wobei die Frage letztlich offen gelassen wird.? Eine so frühe Indiktionsangabe<br />
auf Solidi erscheint allerdings problematisch, so daß ich mich<br />
für eine Offizinsangabe entscheiden möchte, eine Auffassung, die durch<br />
das I auf der hier in Frage stehenden Prägung im Sinne einer Wechselwirkung<br />
Unterstützung finden könnte. Wir besäßen damit gewissermaßen einen<br />
zweiten Beleg für die zeitweilige Verlegung der zehnten Offizin vom<br />
Bosporus in den Westen, wobei das CONOB durch eine sehr frühe Ausmünzung<br />
des Stückes vor Übernahme des okzidentalischen COMOB erklärbar<br />
wäre.<br />
Noch ein weiteres könnte sehr konkret für ein frühes Produkt der<br />
Herrschaft des Nepos im Namen des Leo II. sprechen: Mit der Einführung<br />
des östlichen Victoria-Typus im Jahre 474 erscheint auf den Reversen<br />
vorerst nur Roms und Ravennas, später auch in Mailand, am Schluß<br />
der Legende ein Doppelpunkt. Sein stereotypes Auftreten an der Stelle,<br />
an der in Konstantinopel die Offizinsletter angebracht ist, ist bisher noch<br />
nicht befriedigend erklärt worden. Gut denkbar erscheint jedoch folgendes:<br />
Der Ursprung dieses Doppelpunktes — der die Herrschaft des Nepos<br />
überlebt und der geradezu zu einem Charakteristikum weströmischer Solidi<br />
werden sollte — könnte eine durch östliche Praxis bedingte Punktvorzeichnung<br />
sein;8 es ist möglich, daß diejenige Verwaltungseinheit, die für<br />
6<br />
Zur schrittweisen Anpassung an oströmische Vorbilder knapp und gut: W. Hahn, Die<br />
Münzstätte Rom unter den Kaisern Julius Nepos, Zeno, Romulus und Basiliskus (474-<br />
491), RIN XC, 1988, S. 349-366 (351). Zur Frage der abgeordneten östlichen Münzarbeiter<br />
vgl. Anm. 5 a.E. und W. Hahn, Die letzten Jahre der Mediolanenser Münzprägung<br />
vor der Schließung der Münzstätte durch Theoderich, in: G. Gorini (Hrsg.), La zecca di<br />
Milano: Atti del Convegno Internazionale di Studio, Milano, 9-14 maggio 1983, Mailand<br />
1984, S. 229-240 (230).<br />
7<br />
Hahn, Mediolanenser Münzprägung (o. Anm. 6) S. 234.<br />
Zu diesem technischen Arbeitsschritt vgl. Göbl (o. Anm. 2).