20.11.2013 Aufrufe

1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft

1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft

1996 Band XLVI - Bayerische Numismatische Gesellschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

102 Konstantin Olbrich<br />

Die erste Alternative möchte ich ausschließen. Zwar weist die Münze<br />

stilistische Besonderheiten vor allem bei der Zeichnung der Kaiserbüste<br />

und der Legende auf, jedoch ist der Stempelschnitt viel zu routiniert, um<br />

als Beischlag gelten zu können. Beispielsweise soll auf die Darstellung der<br />

Victoria hingewiesen werden: Hier vermag der Graveur die Struktur des<br />

menschlichen Körpers — erkennbar besonders am Spielbein der Figur —<br />

auch durch die Bekleidung hindurch darzustellen. Dieses Qualitätskriterium<br />

guter plastischer Kunst taucht zu dieser Zeit allenfalls in Konstantinopel<br />

auf, aber nicht auf imitativen Münzen bzw. im Westen, wo der<br />

Kontrapost weit weniger ausgeprägt ist.'<br />

Die Legende ist fehlerfrei, wenn auch gewisse Unsicherheiten bei der<br />

Raumausnutzung sichtbar werden. Besonders stark gegen eine Imitation<br />

sprechen das seltsame Ende der Reverslegende sowie die Abschnittslegende:<br />

Der Offizinsbuchstabe scheint hier untypisch in den Abschnitt gerutscht<br />

zu sein, während sein angestammter Platz nach dem Legendenbestandteil<br />

AVGGG von einem Kringel eingenommen wird. Dieser Kringel<br />

erweist sich bei genauer Betrachtung als ein zu klein geratenes 0, da bei<br />

diesem Stück alle sich in den Legenden befindlichen O's ebenso klein und<br />

meines Erachtens genau gleichförmig sind.2 Nähme man nun an, bei dem<br />

Stück handelte es sich um eine zeitgenössische Imitation, dann muß man<br />

sagen, daß es technisch und epigraphisch perfekt ausgeführt ist. Wenn<br />

aber beim Hersteller eines imitativen Gepräges die entsprechenden technischen<br />

und bildungsmäßigen Voraussetzungen in dieser Weise vorhanden<br />

sind, ist immer wieder zu beobachten, daß sich die wirklich reine Imitation<br />

streng, bisweilen sogar sklavisch, an das kopierte Vorbild hält.3 Et-<br />

Für Hilfe und Rat bei der Fertigstellung dieses Artikels danke ich an erster Stelle meiner<br />

Frau Ulrike Olbrich, insbesonders aber auch Ingrid Franke, Hans Roland Baldus, Florian<br />

Eggers, Bernhard Overbeck, Gerd Stumpf sowie Fa. Numismatik Lanz für die Lieferung<br />

der Abbildungen.<br />

Für westliche Stile der fraglichen Periode vgl. z.B. J. P. C. Kent, RIC X, London 1994,<br />

3201-3208.<br />

2 Möglicherweise liegt tatsächlich bei dem Buchstaben 0, und nur bei diesem, eine Punzierung<br />

vor - ein Phänomen, das ich bisher bei spätantiken Geprägen noch nicht mit Überzeugung<br />

feststellen konnte. Ohne an dieser Stelle auf den Meinungsstand eingehen zu<br />

können, sei verwiesen auf R. Göbl, Antike Numismatik, München 1978, S. 52 mit weiteren<br />

Nachweisen.<br />

3 Vergleiche zum Beispiel die oft sehr guten Imitationen Mailänder Siliquen im Namen von<br />

Arcadius und Honorius des Typus VIRTVS RO-MANORVM/MDPS, die in britannischen<br />

Funden zahlreich vertreten sind (zum Vorbild Kent [o. Anm. 1] 1227 u. 1228), oder<br />

auch die westgotischen Solidi der Zeit von 414-425 n.Chr. (Kent 3704 und 3710, zum<br />

Vorbild 1287, 1801, 1803). Siehe auch die frühen fränkischen Nachahmungen in Ph.<br />

Grierson - M. Blackburn, Medieval European Coinage I, Cambridge 1986, Nrn. 343 und<br />

344).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!