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„Geht es Ihnen gut oder haben Sie noch Kinder in der Schule

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Krumm & Eckste<strong>in</strong>: Geht <strong>es</strong> <strong>Ihnen</strong> <strong>gut</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>haben</strong> <strong>Sie</strong> <strong>noch</strong> <strong>K<strong>in</strong><strong>der</strong></strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schule</strong>?<br />

können die Eltern beobachten, etwa wenn das K<strong>in</strong>d daheim we<strong>in</strong>end, schimpfend, empört,<br />

aggr<strong>es</strong>siv erzählt und/<strong>o<strong>der</strong></strong> wenn <strong>es</strong> jene Verhaltensweisen entwickelt, die oben g<strong>es</strong>chil<strong>der</strong>t<br />

werden.<br />

Die G<strong>es</strong>chichten, und wie die Eltern sie erzählten, lassen erkennen, dass die Eltern an <strong>der</strong><br />

Glaubwürdigkeit <strong>der</strong> Aussagen (und d<strong>es</strong> Verhaltens) ihr<strong>es</strong> K<strong>in</strong>d<strong>es</strong> im berichteten Fall fast nie<br />

gezweifelt <strong>haben</strong>. <strong>Sie</strong> glauben dem K<strong>in</strong>d, dass <strong>es</strong> sich von dem Lehrerverhalten verletzt fühlt,<br />

und sie beurteilen explizit <strong>o<strong>der</strong></strong> implizit das Lehrerverhalten ebenfalls als kränkend. Wenn<br />

nun aber die Echtheit <strong>der</strong> Reaktionen auf e<strong>in</strong> (berichtet<strong>es</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> manchmal von den Eltern nur<br />

vermutet<strong>es</strong>) Ereignis <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> nicht bezweifelt wird, wird nebensächlich, was dort<br />

„wirklich“ g<strong>es</strong>chehen ist, was <strong>der</strong> Lehrer tatsächlich beobachtbar getan hat, und auch, was <strong>der</strong><br />

Lehrer mit se<strong>in</strong>em Verhalten möglicherweise beabsichtigt hat: Von Bedeutung ist, was er mit<br />

se<strong>in</strong>em Verhalten bewirkt hat.<br />

Über di<strong>es</strong>e Überlegungen h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d wir <strong>der</strong> Gültigkeitsproblematik auch <strong>in</strong> unseren<br />

Zusatzerhebungen nachgegangen: In den Interviews 2000 <strong>haben</strong> wir den Eltern und Lehrern<br />

e<strong>in</strong>e Stichprobe von 20 Berichten <strong>der</strong> Studenten vorgelegt und sie gebeten, die Intensität <strong>der</strong><br />

Kränkung zu beurteilen. Das Ergebnis: Die betroffenen Studenten <strong>haben</strong> sie auf e<strong>in</strong>er<br />

siebenstufigen Skala im Durchschnitt mit 5,0 beurteilt, die Eltern mit 5,3 und die Lehrer mit<br />

5,4 - alle also als „schwer kränkend“ (Krumm & Weiß 2002).<br />

Entgegen unseren Erwartungen tendierten die Lehrer zu den härt<strong>es</strong>ten Urteilen. <strong>Sie</strong> <strong>haben</strong><br />

nicht – wie erwartet – primär aus e<strong>in</strong>er Abwehrhaltung heraus geurteilt, son<strong>der</strong>n „prof<strong>es</strong>sionell“<br />

im Blick auf die für sie gültigen pädagogischen Normen. Am zurückhaltendsten<br />

urteilten die unmittelbaren Opfer <strong>der</strong> Lehrerhandlungen: die Studenten. Aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong><br />

Beurteiler von außen <strong>haben</strong> sie also nicht übertrieben.<br />

Im Anschluss an die E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Intensität <strong>der</strong> Kränkungen, die die Studenten aus<br />

ihrer Schulzeit berichteten, ließen wir Lehrer und Eltern auch den Wahrheitsgehalt di<strong>es</strong>er<br />

Kränkungsberichte e<strong>in</strong>schätzen (vgl. Tab. 6).<br />

Tabelle 6: Die Fälle aus <strong>der</strong> Schulzeit, die <strong>Sie</strong> eben beurteilt <strong>haben</strong>, können mehr <strong>o<strong>der</strong></strong> weniger wahr se<strong>in</strong>.<br />

Welche <strong>der</strong> folgenden Aussagen trifft Ihrer Me<strong>in</strong>ung nach auf solche Fallschil<strong>der</strong>ungen zu?<br />

fast immer eher wahr als eher falsch als fast immer MD/AM<br />

wahr falsch wahr falsch<br />

Lehrer 39% 50% 10% 2% 2 /1,7<br />

Eltern 44% 47% 7% 1% 2 /1,7<br />

Im Mittelwert zeigt sich wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong>e unseren Erwartungen zuwi<strong>der</strong>laufende große<br />

Übere<strong>in</strong>stimmung von Eltern und Lehrern: Beide Gruppen beurteilen die Berichte <strong>der</strong><br />

Studenten überwiegend als „eher wahr“ und stützen damit unsere Annahme <strong>der</strong> Gültigkeit<br />

(Wahrhaftigkeit) <strong>der</strong> Fallschil<strong>der</strong>ungen.<br />

3.2.4. Ist das berichtete Lehrerverhalten „pädagogisch <strong>in</strong>akzeptabel“?<br />

Wir verstehen unter pädagogisch <strong>in</strong>akzeptablem Verhalten e<strong>in</strong> Lehrerverhalten, das pädagogisch<br />

ungerechtfertigt ist, also gegen e<strong>in</strong>e pädagogisch gültige, anerkannte und Anerkennung<br />

verdienende Norm verstößt.<br />

Nun ist im Proz<strong>es</strong>s <strong>der</strong> Erziehung gelegentlich e<strong>in</strong> gerechtfertigt<strong>es</strong> schmerzhaft<strong>es</strong> Lehrerhandeln<br />

nicht immer vermeidbar. Wenn Schüler gegen e<strong>in</strong> ihnen bekannt<strong>es</strong> Gebot verstoßen,<br />

muss im Pr<strong>in</strong>zip e<strong>in</strong>e „unangenehme“ Konsequenz folgen, soll erreicht werden, dass sich die<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit <strong>der</strong> Normverletzung verr<strong>in</strong>gert. D<strong>es</strong>halb stellt sich die Frage, ob <strong>K<strong>in</strong><strong>der</strong></strong><br />

und Jugendliche zwischen e<strong>in</strong>er pädagogisch gerechtfertigten Strafe und e<strong>in</strong>er ungerechtfertigten<br />

Verletzung <strong>o<strong>der</strong></strong> Kränkung unterscheiden können. Das ist <strong>der</strong> Fall: In den Berichten<br />

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