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Volksschule Getelomoor - Die Grafschaft Bentheim im Unterricht

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<strong>Grafschaft</strong>er Schulgeschichte<br />

Schulchronik<br />

der<br />

Schulgemeinde Geteloer-Moor<br />

Chr-G13: VS <strong>Getelomoor</strong><br />

Gliederung des Originals<br />

Bd. 1: 1894 - 1923<br />

Aufbewahrung der Originalfassung:<br />

unbekannt<br />

Transkription:<br />

Franz Felschen<br />

Auswertung:<br />

Internetprojekt <strong>Grafschaft</strong>er Schulgeschichte


2<br />

I.<br />

<strong>Die</strong> Schulgemeinde bis zur Gegenwart.<br />

<strong>Die</strong> Schulgemeinde Geteloer-Moor, welche zur politischen Gemeinde<br />

Getelo gehört, liegt in der äußersten Südwestecke der Provinz Hannover.<br />

Geteloer-Moor gehört zum Kreis <strong>Grafschaft</strong> <strong>Benthe<strong>im</strong></strong> und bildet einen Teil<br />

des Kirchspiels Uelsen.<br />

<strong>Die</strong> Schulgemeinde Geteloer-Moor ist noch eine junge Gemeinde; denn<br />

vor reichlich 20 Jahren 1 war hier noch kein Haus zu sehen. Das erste<br />

Wohnhaus wurde vor etwa 18 Jahren 2 gebaut.<br />

<strong>Die</strong> Schulgemeinde Geteloer-Moor hat ihren Namen jedenfalls davon<br />

erhalten, weil sie zur politischen Gemeinde Getelo gehört, und weil der<br />

Boden nur Moorboden ist. Vom Jahre 1874 an, wo das erste Wohnhaus<br />

hier gebaut wurde, hat sich die Schulgemeinde derartig vergrößert, daß<br />

man eine augenblickliche Seelenzahl von 109 Personen 3 aufzuweisen hat.<br />

<strong>Die</strong> hier vorherrschende Sprache ist die Plattdeutsche. <strong>Die</strong> Bewohner von<br />

Geteloer-Moor bekennen sich größtenteils zur reformierten Kirche, nur 2<br />

Haushaltungen sind katholisch. <strong>Die</strong> Einwohner hiesigen Ortes beschäftigen<br />

sich sämtlich mit Ackerbau und Viehzucht.<br />

– neue Seite –<br />

Wo jetzt der Ort Geteloer-Moor liegt, da muß früher Wald gewesen sein.<br />

Darauf deuten die vielen Baumstämme hin, die teilweise noch fußhoch aus<br />

der Erde hervorragen, teils auch noch unter der Erdoberfläche vergraben<br />

liegen. An der Rinde noch sieht man es solchen ans Tageslicht geförderten<br />

Baumstämmen an, welcher Art sie gewesen sind. (Eichen, Tannen,<br />

Pflaumen) Solche Baumstämme, die so be<strong>im</strong> Torfgraben oder be<strong>im</strong><br />

1 Randbemerkung: 1872<br />

2 Randbemerkung: 1874<br />

3 Randbemerkung: 1894


3<br />

Umhacken des Bodens ans Tageslicht gefördert werden, nennt man<br />

Kienholz oder auch wohl Erdholz. Auch Sträucher müssen hier in früheren<br />

Jahren gestanden haben, z. B. der Haselnußstrauch, man muß es<br />

wenigstens daraus schließen, daß man an mehreren Stellen tief <strong>im</strong> Moor<br />

noch ziemlich gut erhaltene Haselnüsse findet.<br />

Geteloer-Moor wächst noch mit jedem Jahre, namentlich sind es viele<br />

Holländer, die hier einwandern. Auch diese beschäftigen sich mit Ackerbau<br />

und Viehzucht, daneben <strong>im</strong> Sommer mit Torfgräberei, das sog. Baggern.<br />

<strong>Die</strong> augenblickliche Seelenzahl der hiesigen Schulgemeinde beträgt 112.<br />

Gewerbetreibende Einwohner sind hier sehr spärlich vertreten, nur 1<br />

Schankwirt giebt es hier, kein Laden, kein Bäcker, weder Schneider noch<br />

Schuster findet man hier.<br />

<strong>Die</strong> Schulgemeinde Geteloer-Moor bildet mit der Bauerschaft Getelo eine<br />

politische Gemeinde, die den Namen Getelo führt. Nur diese beiden<br />

genannten Ortschaften gehören zu derselben. Beide Schulgemeinden<br />

gehören zu der Kirchengemeinde Uelsen. Das Kirchspiel Uelsen umfaßt<br />

reichlich 20 Ortschaften. Fast alle, mit wenigen Ausnahmen, bekennen<br />

sich zur ref. Kirche. Hier und da findet man in den einzelnen Ortschaften<br />

einzelnen Katholiken und unter den Grenzbeamten solche, die sich zu der<br />

lutherischen Kirche bekennen.<br />

– neue Seite –<br />

II.<br />

<strong>Die</strong> Schule bis zur Gegenwart.<br />

Seit noch nicht langer Zeit hat Geteloer-Moor eine eigene Schule. Sie ist<br />

<strong>im</strong> vorigen Jahre (1893) aus Staatsmitteln erbaut worden, weil die<br />

Gemeinde leistungsunfähig war. Vorher mußten die Kinder nach dem etwa<br />

1 Stunde entfernt gelegenen Egge oder nach dem ebenfalls 1 Stunde<br />

entfernten Getelo zur Schule. Da die Wege dahin verhältnismäßig weit und


4<br />

<strong>im</strong> Winter des tiefen Schnees wegen fast unpassierbar waren, wurde an<br />

einen Schulbesuch fast nicht gedacht; hauptsächlich <strong>im</strong> Sommer war<br />

daran nicht zu denken. <strong>Die</strong> kleineren Kinder konnten den weiten Weg zur<br />

nächsten Schule nicht machen, die größeren wurden von den Eltern zur<br />

Arbeit angehalten. <strong>Die</strong> Folgen davon waren, daß die Kinder in ihrer<br />

Ausbildung sehr zurück blieben. Im Jahre 1883 richtete man hier eine sog.<br />

Winterschule ein. Ein einfacher Bauersmann, der <strong>im</strong> Lesen und Rechnen<br />

einige Fertigkeiten erlangt hatte, erteilte den Kindern darin <strong>im</strong><br />

Winterhalbjahre, etwa 4 Monate lang in einer dürftig eingerichteten<br />

Bauernstube <strong>Unterricht</strong>. <strong>Die</strong> kleine Vergütung die er dafür erhielt wurde<br />

von den Einwohnern hiesigen Ortes zusammengebracht. Seine<br />

Mittagsmahlzeiten erhielt er ebenfalls von den Neubauern, und zwar in der<br />

Weise, daß er bald bei diesem bald bei jenem zu Mittag war. Im<br />

Sommerhalbjahr hingegen dachten nur wenige Eltern daran, ihre Kinder<br />

zur Schule zu schicken.<br />

<strong>Die</strong> Winterschule hielten Grotmann u. später [Tomhake?] bei Leemhuis<br />

ab.<br />

– neue Seite –<br />

Da endlich, nach langen Verhandlungen, bewilligte die Kgl. Regierung die<br />

Mittel zum Bau einer Schule und zum Ankauf von 10 Morgen Ländereien.<br />

<strong>Die</strong> Gemeinde mußte be<strong>im</strong> Bau Handlanger stellen. Der Bau wurde<br />

ausgeführt vom Bauunternehmer C. Mecklenburg zu Neuenhaus für die<br />

Summe von 12200 Mark.<br />

Ein Schulvermögen hat die Schulgemeinde Geteloer-Moor nicht. Das<br />

Einkommen der Schulstelle beläuft sich auf 750 M nebst freier Wohnung<br />

und 10 Morgen <strong>Die</strong>nstländereien. Auch diese 750 M erhält die Gemeinde<br />

vom Staat, weil sie leistungsunfähig ist. Schulgeld wird ebenfalls nicht<br />

gehoben; nur in jedem Quartal des laufenden Rechnungsjahres werden


5<br />

vom Schulrechnungsführer [Schulabgaben?] 4 gehoben; diese werden<br />

genau nach der [St…?] gesetzt und dienen zur Bestreitung […] für etwaige<br />

Reparaturen und […] Lehrmittel. Geteloer-Moor besitzt […] <strong>Volksschule</strong>.<br />

<strong>Die</strong> anfängliche Schülerzahl betrug 40 und zwar 25 Knaben und 15<br />

Mädchen. <strong>Die</strong>se erhalten <strong>Unterricht</strong> in folgenden <strong>Unterricht</strong>sfächern:<br />

I. Religion (Bibl. Gesch. Bibellesen, Katechismus, [Kirchenlied?]<br />

II. Deutsch<br />

III. Rechnen ([R…lehre?])<br />

IV. Geschichte<br />

[…] 5<br />

[…schichte, Physik)]<br />

[…]<br />

[…] Handarbeit.<br />

[…] Sommerhalbjahr<br />

[…jahr] dagegen nur<br />

[…] Kgl. Regierung<br />

[…] die hiesigen<br />

[…] Gemeinde noch<br />

[…] sagen. <strong>Die</strong> [Lokalschulinspektion ist?] dem Herrn<br />

– neue Seite –<br />

Pastor Schulte zu Uelsen, die Kreisschulinspektion dagegen dem Herrn<br />

Pastoren Nyhuis 6 zu Arkel übertragen.<br />

4 <strong>Die</strong> Kopie ist hier und in den folgenden Zeilen teilweise verdeckt durch die unbeschriebene Rückseite eines<br />

eingeklebten Zettels. <strong>Die</strong> folgende Kopie zeigt die letzten beiden Zeilen von der Vorderseite dieses Zettels:<br />

Schulgartens: 1800 qm<br />

Schullandes: 2 ha<br />

5 <strong>Die</strong> Kopie erfasst nicht den unteren Teil dieser Seite. <strong>Die</strong> Bruchstücke der folgenden Zeilen waren auf der<br />

Kopie der benachbarten Seite erkennbar.<br />

6 Johannes Hendrikus Nyhuis (1849-1917) wurde 1866 nach seinem Theologiestudium Pastor in Hoogstede, wo<br />

schon sein Vater amtiert hatte. Er war einer der einflussreichsten Pastoren des Landkreises mit vielen Ämtern, so<br />

ab 1886 Schulinspektor der Niedergrafschaft. 1908 wurde er zum Konsistorialrat ernannt. Er betätigte sich<br />

politisch stark als Unterstützer von Regierungskandidaten und war der Herausgeber einer <strong>Grafschaft</strong>er<br />

reformierten Kirchenzeitung.


6<br />

Gegenwärtiger Zustand der Schule<br />

a. Beschreibung des Schulgebäudes.<br />

Das Schulgebäude liegt etwa in der Mitte des Moores, grade in dem<br />

Winkel, wo der 2. Querweg den zweiten Längsweg der von Getelo kommt,<br />

der Länge nach durch das Moor führt und nach Holland führt,<br />

durchschneidet, und zwar von Süden aus gerechnet. Schule und<br />

Lehrerwohnung sind miteinander verbunden. <strong>Die</strong> Schule liegt nach der<br />

Ost-, die Lehrerwohnung nach der Westseite.<br />

Nähere Beschreibung der Schule.<br />

<strong>Die</strong> Schule hat einen Flächenraum von 39 Quadratmetern. Von der<br />

Außenthür, die nach der Südseite liegt, gelangt man zunächst in den<br />

Vorplatz. <strong>Die</strong>ser enthält einen Flächenraum von 10 ½ Quadratmetern. Der<br />

Fußboden ist von gewöhnlichen Backsteinen gemacht. An der Quermauer<br />

welche die Schule von dem Vorplatze trennt sind Riegel für Mützen und<br />

Mäntel angebracht. In dem Vorplatz befindet sich 1 Fenster und zwar in<br />

der Mauer nach der Ostseite. Zum Schutze gegen die Sonne ist dasselbe<br />

mit einem Fenstervorhang versehen. <strong>Die</strong>sem Fenster gegenüber in der<br />

Wand welche die Schule von der Lehrerwohnung trennt ist eine Thür<br />

gemacht, durch welche der Lehrer, ohne nach draußen zu kommen, in<br />

seine Wohnung gelangen kann. Eine zweite Thür befindet sich in der<br />

Quermauer, welche Schule und Vorplatz von einander trennt, durch<br />

welche man in die Schule gelangt.<br />

– neue Seite –<br />

<strong>Die</strong> eigentliche Schulstube enthält, wie bereits erwähnt, einen<br />

Flächeninhalt von 39 Quadratmetern. Der Fußboden ist gedielt. Nach der<br />

Ostseite befinden sich 4 Flügelfenster, sämmtlich zum Schutze gegen die


7<br />

Sonne mit Fenstervorhängen versehen. In der Mauer welche Schule und<br />

Lehrerwohnung von einander trennen sind zwei Luftventile angebracht. In<br />

der Schulstube finden auf 16 Bänken 64 Schüler Platz. Für den <strong>Unterricht</strong><br />

befinden sich in einem Schulschranke folgende Lehrmittel: Von sämmtlich<br />

eingeführten Schulbüchern je 1 Exemplar, 4 Wandkarten (Palästina,<br />

Hannover, Deutschland, Europa), 1 Globus, eine Rechenmaschine, 216<br />

Holztäfelchen mit gedruckten Buchstaben für den ersten Leseunterricht.<br />

Außerdem befindet sich noch in der Schulstube eine Hängewandtafel, eine<br />

Lesemaschine, eine Wandtafel mit Gestell, ein Kartengestell und ein Ofen.<br />

<strong>Die</strong> Lehrerwohnung, welche mit der Schule verbunden ist, ist geräumig<br />

eingerichtet. Es befinden sich in derselben 2 Wohnstuben, 1 Schlafstube, 1<br />

Vorratskammer, 1 Kochküche, 1 Waschküche, 1 Keller, <strong>Die</strong>le mit Kuh- u.<br />

Schweinestall. Sämmtliche Außenmauern, von der Lehrerwohnung sowohl<br />

wie von der Schule, sind Doppelmauern, die Innenmauern hingegen sind<br />

einfach. Vor und neben der Schule und zwar nach der östlichen Seite<br />

befindet sich der Spielplatz. Er umfaßt einen Flächenraum von<br />

Quadratmetern. Im Winter oder in einer nassen Jahreszeit ist derselbe<br />

wegen der schwarzen Moorerde recht schmutzig und schlüpfrig. Im<br />

Sommer hingegen trocknet er recht hart auf. Vor dem Spielplatze an dem<br />

Graben entlang der den Längsweg von dem Spielplatze trennt stehen 4<br />

Reihen hintereinander Sträucher und zwar Erlen, Tannen und Birken. Vor<br />

dem ganzen Hause entlang nach der Südseite sind 5 Lindenbäume<br />

gepflanzt. <strong>Die</strong>se Anpflanzungen<br />

7<br />

– neue Seite –<br />

verleihen dem Schulgebäude nicht allein ein schönes Ansehen, sondern sie<br />

sind nach einigen Jahren für das Haus von großem Nutzen gegen die<br />

Witterung. Auf dem Spielplatze, östlich von der Schule befindet sich<br />

ebenfalls der Platz, wo <strong>im</strong> Sommerhalbjahre geturnt wird. Zu dem Zwecke<br />

sind auf demselben zwei Barren hergestellt nebst Reck und Sprunggestell.<br />

7 <strong>Die</strong> Anzahl der Quadratmeter fehlt.


8<br />

Hinter der Lehrerwohnung und der Schule und zwar nach der Nordseite<br />

befindet sich der Schulgarten. Er umfaßt einen Flächenraum von etwa<br />

8<br />

Quadratmetern. Rings um denselben geht ein etwa 1 m tiefer Graben. Der<br />

Auswurf dieses Grabens ist als Wall aufgeworfen, auf welchen Pfähle mit<br />

Latten eingerammt sind. An diesen Latten entlang ist in diesem Frühjahr<br />

(1894) eine Weißdornhecke gepflanzt. Der Garten dient teils als<br />

Obstgarten, teils als Gemüsegarten. Der Eingang befindet sich etwa in der<br />

Mitte der südlichen Hecke. Von dem Eingang aus geht ein etwa 1 ½ m<br />

breiter Pfad der Länge nach durch den Garten. An diesem Wege entlang<br />

stehen zu beiden Seiten desselben die Obstbäume, teils Apfelbäume, teils<br />

Birnenbäume; 12 an der Zahl. Fast alle Sorten Gemüse können in diesem<br />

Garten angebaut werden, u. a. Salat, Erbsen, Bohnen, Gurken, Radiesen,<br />

Carotten etc etc.<br />

Geteloer-Moor bildet eine Schulgemeinde für sich. <strong>Die</strong> Kinder[,] die den<br />

weitsten Weg zur Schule machen müssen, gebrauchen dazu etwa 15 – 20<br />

Minuten. <strong>Die</strong> augenblickliche Seelenzahl der Schulgemeinde beträgt 117;<br />

die der schulpflichtigen Kinder 40. Wie bereits erwähnt hat Geteloer-Moor<br />

eine einklassige <strong>Volksschule</strong>. Der erste Lehrer[,] der hier von der Kgl.<br />

Regierung zu Osnabrück angestellt wurde und der bis jetzt noch Inhaber<br />

dieser Schulstelle ist, heißt Kösters. <strong>Die</strong> hier vorherrschende Sprache ist<br />

die Plattdeutsche. Mit wenigen Ausnahmen bekennen sich alle zur ref.<br />

Kirche. Der Schulbesuch ist verhältnismäßig gut zu nennen.<br />

– neue Seite –<br />

Eine Sommerschule, oder in hiesiger Gegend auch wohl „Halbtagschule“<br />

genannt, besteht hier zur Zeit noch nicht; allein aus dem Grunde, weil die<br />

Kinder früher zu weit zurück geblieben sind, und es darum wohl nötig<br />

haben, daß sie den ganzen Tag zur Schule kommen. Von dem laufenden<br />

8 <strong>Die</strong> Anzahl der Quadratmeter fehlt auch hier. Auf dem erwähnten eingeklebten Zettel ist die Größe mit 1800<br />

qm angegeben.


9<br />

Schuljahre gehen 63 Tage ab für die Ferien. <strong>Die</strong> Ferienordnung ist<br />

folgende:<br />

Osterferien 5 Tage<br />

Pfingstferien 2 Tage<br />

Sommerferien 15 Tage<br />

Herbstferien 21 Tage<br />

Weihnachtsferien 11 Tage<br />

Fastenfreitage 6 “ und 2 Buß- und Bettag.<br />

Außerdem wird an einzelnen besonderen Schultagen der <strong>Unterricht</strong><br />

ausgesetzt, z. B. Kaisersgeburtstag od. der 2. Sept. 9 <strong>Die</strong>se genannten<br />

Tage werden durch eine Schulfeier festlich begangen und zwar auf<br />

folgende Art und Weise: Eröffnet wird die Feier durch Gebet und Gesang<br />

eines passenden Chorals. Es folgt sodann eine längere Ansprache des<br />

Lehrers worin er auf die Bedeutung des betr. Tages hinweist. Dazwischen<br />

fallen einzelne passende Deklamationen der Kinder und verschiedene<br />

patriotische Gesangvorträge. Gesang und Gebet beschließen die Feier.<br />

Gewöhnlich fällt diese Feier in die Vormittagsstunden. Ist die Witterung<br />

am Nachmittage gut, so wird wohl nach einem nahen Gehölz ein<br />

Spaziergang gemacht um dort den Nachmittag mit Gesang und Spiel<br />

(Sacklaufen, Ballschlagen, Jakob wo bist du etc) zu vollbringen. Außer<br />

diesen genannten Festen wird das Weihnachtsfest hier auch gefeiert und<br />

zwar be<strong>im</strong> brennenden Christbaum. Am Geburts- und Todestage unserer<br />

verstorbenen Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III. wird vor dem Beginn des<br />

<strong>Unterricht</strong>s gleich nach der Morgenandacht in kurzen Worten auf die<br />

Bedeutung des betr. Tages hingewiesen. Mit dem Gesange der Kinder war<br />

es in der ersten Zeit schlecht bestellt, nicht allein wegen der schlechten<br />

Aussprache,<br />

9 Der Sedantag war ein Gedenktag, der <strong>im</strong> Deutschen Kaiserreich jährlich um den 2. September gefeiert wurde.<br />

Er erinnerte an die Kapitulation der französischen Armee am 2. September 1870 nach der Schlacht von Sedan, in<br />

der preußische, bayerische, württembergische und sächsische Truppen nahe der französischen Stadt Sedan den<br />

entscheidenden Sieg <strong>im</strong> Deutsch-Französischen Krieg errungen und den französischen Kaiser Napoleon III.<br />

gefangengenommen hatten. (de.wikipedia.org)


10<br />

– neue Seite –<br />

sondern hauptsächlich wegen des vielen Drehens während des Singens.<br />

Deutsche Volkslieder kannten die Kinder in der ersten Zeit fast gar nicht;<br />

dagegen konnten sie einige holländische Lieder herleiern. Der<br />

Turnunterricht wird nur <strong>im</strong> Sommerhalbjahr erteilt und zwar jede Woche 2<br />

Stunden. In der ersten Hälfte der Stunde werden gewöhnlich Freiübungen<br />

gemacht (Arme beugen u. strecken, Hüften fest, Füße schließt, Rumpf u.<br />

Kopf drehen etc etc) darauf folgen Gerätübungen am Sprunggestell und<br />

am Barren und zum Schuß der Stunde ein Spiel (Fuchs aus dem Loche,<br />

Jakob wo bist du, den dritten abschlagen, der Plumpsack geht herum etc).<br />

Während für die Knaben jede Woche zwei Turnstunden vorgeschrieben<br />

stehen, sind für die Mädchen 2 Stunden Handarbeit angesetzt. <strong>Die</strong>ser<br />

<strong>Unterricht</strong> findet jeden Sonnabend statt. Sobald das Mädchen das 8.<br />

Lebensjahr erreicht hat, hat es daran teilzunehmen. <strong>Die</strong> Leitung dieses<br />

<strong>Unterricht</strong>s ist zur Zeit Fr. Arends aus Egge übertragen worden. Sie erhält<br />

dafür jährlich aus der Schulkasse die Summe von 35 M. Laut Beschluß des<br />

Schulvorstandes wurde diese Summe vom 1. April 1895 ab um 5 M.<br />

erhöht.<br />

Ansteckende Krankheiten, welche eine Schließung der Schule würden<br />

herbeigeführt haben, sind seit Eröffnung der Schule nicht vorgekommen.<br />

Eine kleine Unterbrechung von 10 Tagen wurde durch ein Halsleiden des<br />

Lehrers verursacht. Am Schluße des Jahres 1895 und Anfang 1896<br />

mußten verschiedene Kinder wegen Keuchhusten vom <strong>Unterricht</strong>e<br />

fernbleiben.<br />

Das Schuljahr 1896/97 begann mit einer Schülerzahl von 34 Schülern und<br />

zwar 20 Knaben und 14 Mädchen. Im Sommer 1896 war, da der<br />

Schulvorstand das Amt bereits über 6 Jahre verwaltet hatte, eine Neuwahl<br />

erforderlich. <strong>Die</strong>selbe fand unter dem Vorsitz des Ortsschulinspektors<br />

Herrn Pastor Schulte auf dem Rathause in


11<br />

– neue Seite –<br />

Uelsen statt. Es wurden gewählt<br />

1. Der Neubauer J. Kerkdijk<br />

2. “ “ A. Berink<br />

3. “ Heuermann G. Snippe<br />

4. “ “ W. Warsen<br />

<strong>Die</strong>se genannten Personen wurden <strong>im</strong> August nach vorhergegangener<br />

Vereidigung durch Herrn Pastor Schulte in ihr Amt eingeführt.<br />

Auf Antrag des Schulvorstandes wurden in diesem Sommerhalbjahre die<br />

<strong>Unterricht</strong>sstunden auf den Vormittag verlegt und zwar von 7 – 12. Der<br />

Antrag des Schulvorstandes hatte seinen Grund darin, daß die Kinder am<br />

Nachmittage zum Viehhüten verwendet werden mußten. <strong>Die</strong><br />

Genehmigung dazu erteilte der Herr Ortsschulinspektor Pastor Schulte.<br />

Eine recht erfreuliche Mitteilung konnte <strong>im</strong> Laufe des Sommerhalbjahres<br />

den Gemeindegliedern dadurch bereitet werden, daß die Kgl. Regierung zu<br />

Osnabrück auf ein Gesuch des Schulvorstandes zu Getelo-Moor der<br />

Gemeinde eine jährliche Beihilfe zu den Kosten der Heizung und Reinigung<br />

der Schule, sowie zu den Beiträgen zur Elementar-Lehrer Witwen und<br />

Waisenkasse, von 120 Mark bewilligte. <strong>Die</strong>s war um so erfreulicher, zumal<br />

die Schulabgaben in diesem Jahre ziemlich enorm waren.<br />

Eine recht große Freude wurde den Schülern dadurch bereitet, daß ihnen<br />

Gelegenheit geboten wurde, einmal eine Eisenbahn zu sehen und auf<br />

derselben eine Strecke zu fahren. Im Verein mit den Schülern von Getelo<br />

wurde die Reise von hier nach Neuenhaus auf 5 reich bekränzten Wagen<br />

angetreten. <strong>Die</strong> Fahrt mit unserer Kreisbahn von Neuenhaus nach<br />

Frenswegen<br />

– neue Seite –


12<br />

machte den Kindern große Freude. Nach einer Besichtigung der<br />

Klosterruine, sowie der Anlagen wurde bei dem Gastwirt Deiling eine<br />

kleine Erfrischung genommen. Sodann ging es <strong>im</strong> geschlossenen Zuge<br />

zum Haltepunkt Frenswegen und von da mit dem Zuge zurück nach<br />

Neuenhaus und weiter nach Getelo resp. Getelo-Moor. <strong>Die</strong> durch diese<br />

Vergnügungstour entstandenen Kosten wurden durch freiwillige Beiträge<br />

der Gemeindeglieder bestritten.<br />

Was die bauliche Unterhaltung der Schule und der Lehrerwohnung betrifft,<br />

so ist in diesem Jahre das Folgende daran geschehen:<br />

1. Wegen der damit verbundenen Gefahr be<strong>im</strong> Schließen der Thür bei dem<br />

vorwiegend herrschenden Westwinde mußte ein Windfang vor der<br />

Schulthür angebracht werden.<br />

2. <strong>Die</strong> be<strong>im</strong> Neubau der Schule eingesetzten gläsernen Dachpfannen<br />

waren fast alle infolge der Bewegung des Daches zerborsten. <strong>Die</strong> Folge<br />

davon war, daß das Regenwasser durch diese Glaspfannen durchsickerte.<br />

Um diesem Übelstande abzuhelfen[,] sind 3 Dachfenster eingesetzt und<br />

zwar 2 nach der Süd- und 1 nach der Nordseite.<br />

Der Schulbesuch war am Schlusse des Jahres 1896 verhältnismäßig gut.<br />

Obschon in mehreren Schulgemeinden der Nachbarschaft die Masern<br />

ziemlich stark auftraten, blieb doch unsere Schulgemeinde ziemlich von<br />

dieser Krankheit verschont; nur 2 Fälle kamen vor.<br />

Das Weihnachtsfest des Jahres 1896 wurde wiederum wie in den<br />

Vorjahren be<strong>im</strong><br />

– neue Seite –<br />

brennenden Christbaum mit Gesang und Deklamationen sowie Vortrag des<br />

Lehrers gefeiert.


13<br />

In eben derselben Weise wurde <strong>im</strong> Jahre 1897 am 27. Januar das<br />

Geburtstagsfest unseres Kaisers gefeiert. Der <strong>Unterricht</strong> fiel an diesem<br />

Tage aus.<br />

Der März des Jahres 1897 gab uns wiederum Veranlassung ein Fest zu<br />

feiern, das mit Recht verdient ein Nationalfest genannt zu werden. Galt es<br />

doch den hundertjährigen Geburtstag Sr. Majestät Kaiser Wilhelm des<br />

Großen festlich zu begehen, der nach dreien siegreichen Kämpfen das<br />

Wort König Wilhelms IV. wahrmachte: „<strong>Die</strong> Kaiserkrone kann nur auf dem<br />

Schlachtfelde errungen werden.“ An der kirchlichen Feier am 21. März<br />

konnten die Kinder der hiesigen Schulgemeinde wegen des schlechten und<br />

des 2 Stunden weiten Weges nach dem Kirchdorfe Uelsen nicht<br />

teilnehmen. Am 2. Feiertage am Montag[,] den 22. März[,] fand am<br />

Vormittage von 10 bis 11 ½ Uhr <strong>im</strong> festlich bekränzten Schullokale eine<br />

Schulfeier zur Erinnerung an den hundertjährigen Geburtstag des<br />

holdseligen Heldenkaisers statt. <strong>Die</strong> Feier wurde eröffnet mit dem<br />

Gesange des Chorals: Lobe den Herren (Str. 1. 4.). Sodann legte der<br />

Lehrer in einer längeren Rede den Kindern die hohe Bedeutung dieses<br />

Tages ans Herz; er schilderte in mehreren Abschnitten das Leben des<br />

Heldenkaisers von seiner Wiege bis zum Mausoleum in Charlottenburg,<br />

erwähnte dann in einigen Worten die kurze Regierungszeit seines<br />

– neue Seite –<br />

leidenden Sohnes. <strong>Die</strong> Ansprache des Lehrers gipfelte in einem Hoch auf<br />

Kaiser Wilhelm II. Zur Feier der Tage wehte vom Dache der Schule aus<br />

eine Fahne in deutscher Farbe. Am Abend hatte der Lehrer die Frontseite<br />

seines Hauses durch 100 Kerzenlichte beleuchtet, gerne hätte er sich auch<br />

der Mühe unterzogen die Schule, welche doch die Gemeinde lediglich der<br />

Kgl. Regierung zu verdanken hat, beleuchtet, wenn ihm die Mittel dazu<br />

vom Schulvorstande gewährt worden wären.


14<br />

Am 3. April 1897 wurde endlich das Lehrerbesoldungsgesetz, nachdem es<br />

schon vorher <strong>im</strong> Herrenhause gescheitert war, wiederum <strong>im</strong><br />

Abgeordnetenhause beraten und vom Herrenhause genehmigt. Nach<br />

diesen neuen Best<strong>im</strong>mungen wird auch das Grundgehalt des Lehrers zu<br />

Getelo-Moor von 750 M auf mindestens 900 M erhöht.<br />

Vom 1. Jan. 1898 an bekam die Schule zu Getelo-Moor an Schülerzahl<br />

einen bedeutenden Zuwachs. Da das Klassenz<strong>im</strong>mer der Schule zu Egge<br />

für die dortige Schülerzahl sich als zu klein erwies, und die Kinder aus<br />

Itterbecker-Moor und der sog. Dose nach der dortigen Schule einen<br />

weiteren Weg als nach hier zu machen hatten, so beschloß die Kgl.<br />

Regierung mit Zust<strong>im</strong>mung der Schulvorstände beider Schulen eine<br />

Umschulung dieser genannten Gemeinden. Vom 1. Jan. 1898 ab gehören<br />

nun Itterbecker-Moor und Dose zum Schulverbande Getelo-Moor und<br />

haben an denselben Rechten u. Pflichten wie Getelo-Moor teilzunehmen.<br />

<strong>Die</strong> Zahl der neu hinzugekommenen Schüler betrug 17.<br />

– neue Seite –<br />

Nachdem der Lehrer Kösters nach Holt und Haar versetzt worden war, trat<br />

an seine Stelle der Lehrer Schürmann am 1. Oktober 1898; von einer<br />

Weihnachtsfeier wurde in diesem Jahre abgesehen; doch wurde am 27.<br />

Januar 1899 die Geburtstagsfeier seiner Majestät festlich begangen. Im<br />

Herbste 1899 wurde der jetzige Lehrer zum Militär abberufen, um bei dem<br />

74. Infanterie-Reg<strong>im</strong>ent zu Hannover seiner zehnwöchigen <strong>Die</strong>nstzeit<br />

Genüge zu leisten. Da die Königl. Regierung zu Osnabrück keinen<br />

Vertreter stellte, so fiel der <strong>Unterricht</strong> bis zum 13. Dezember aus.<br />

Das Weihnachtsfest wurde be<strong>im</strong> brennenden Christbaum durch Gesang<br />

und Deklamationen, sowie einem Vortrag des Lehrers gefeiert; an dieser<br />

Feier nahm die Schulgemeinde regen Anteil. Ebenso wurde die<br />

Geburtstagsfeier seiner Majestät <strong>im</strong> festlich geschmückten Schullokale<br />

veranstaltet. Am 4. Oktober 1900 wurde der Lehrer auf die Dauer von


15<br />

sechs Wochen zum Militär eingezogen, sodaß der <strong>Unterricht</strong> bis zum 15.<br />

November ausfallen mußte.


16<br />

Zum 1. April 1901 wurde der Lehrer Schürmann nach Neuenkirchen, Kreis<br />

Melle, versetzt. Zu seinem Nachfolger wurde von der Königlichen<br />

Regierung zu Osnabrück der Lehrer Stagge ernannt, welcher am 15. April<br />

durch den Ortsschulinspektor, Herrn Pastor Schulte zu Uelsen, in sein Amt<br />

eingeführt wurde.<br />

Das Schuljahr 1901/02 begann mit 41 Schülern und zwar 26 Knaben und<br />

15 Mädchen.<br />

Am Donnerstag, den 11. Juli, beehrten die Herren Oberregierungsrath<br />

Herr und Regierungs- und Schulrath Flebbe die hiesige Schule mit ihrem<br />

Besuch.<br />

Am Mittwoch, den 17. Juli, machte die hiesige Schule gemeinschaftlich mit<br />

der Schule in Getelo einen Ausflug nach dem Kloster Frenswegen. Auf<br />

drei, mit Birken besteckten Wagen fuhren die hiesigen Schüler zunächst<br />

bis Getelo, woselbst sich die dortige Schule mit zwei Wagen anschloß.<br />

Gegen 11 Uhr waren wir am Bahnhof Neuenhaus angelangt; es fand nun<br />

das wichtigste Ereignis für die Kinder statt, nämlich die Eisenbahnfahrt.<br />

– neue Seite –<br />

In Frenswegen angekommen, schritt die Kinderschaar unter dem<br />

gemeinschaftlichen Gesange „Durch Feld und Buchenhallen“ dem Kloster<br />

zu. Nachdem das Kloster besichtigt und die Franzosengräber in<br />

Augenschein genommen waren, wurde be<strong>im</strong> Gastwirt Abel eine kleine<br />

Erfrischung eingenommen, und nachdem sich alle gestärkt hatten, wurden<br />

Spiele veranstaltet und gesungen. <strong>Die</strong> drückende Hitze wirkte erschlaffend<br />

auf die Kinder ein. Als sich soeben alle <strong>im</strong> schönen Eichenwalde gelagert<br />

hatten, kam schon das Dampfroß von Nordhorn angefahren, um die<br />

Ausflügler nach Neuenhaus zurückzubringen. Um 4 Uhr war die ganze


17<br />

Schar wieder in Neuenhaus angelangt; der drückenden Hitze wegen wurde<br />

erst 1 Stunde später abgefahren. Gegen 8 Uhr gelangten alle gesund und<br />

munter wieder an. Für die hiesigen Kinder war dieser Tag gewiß ein<br />

Festtag, weil er sie in eine andere, ihnen noch unbekannte Welt geführt<br />

hatte.<br />

Am 2. September wurde die Sedanfeier <strong>im</strong> geschmückten Schullokal<br />

veranstaltet.<br />

Am Sonnabend vor Weihnachten fand eine Weihnachtsfeier statt, an<br />

welcher auch die Gemeinde regen Anteil nahm.<br />

Da die Schulvorsteher ihr Amt bereits 6 Jahre verwaltet hatten, so fand <strong>im</strong><br />

Mai 1902 eine Neuwahl statt. Es wurden gewählt:<br />

Neubauer Gert Plescher als Rechnungsführer,<br />

“ Hindrik Jan Züwerink<br />

“ Harm Braakmann und<br />

Kötter Gerrit Jan Leemhuis.


18<br />

Zum 1. April 1903 wurde der Lehrer Stagge nach Kalkriese, Kreis<br />

Bersenbrück versetzt. Zu seinem Nachfolger wurde von der Königlichen<br />

Regierung zu Osnabrück der Lehrer Körner ernannt, welcher am 4. April<br />

durch den Ortsschulinspektor, Herrn Pastor Schulte zu Uelsen, in sein Amt<br />

eingeführt wurde.<br />

Das Schuljahr 1903/04 begann mit 48 Schülern, 30 Knaben und 18<br />

Mädchen. Also war die Schülerzahl um 7 gegen das Vorjahr gestiegen.<br />

Am Sonnabend, 18. Juli 1903 besichtigte der Kreisarzt Herr Dr. med.<br />

Quentin aus <strong>Benthe<strong>im</strong></strong> die Schule.<br />

– neue Seite –<br />

Da die Kinder bei schlechtem Wetter sehr viel Schmutz in die Schule<br />

bringen, so wurde, um diesem Übelstande abzuhelfen, vom<br />

Schulvorstande beschlossen, an Stelle des sich als unzureichend<br />

erwiesenen Fußabkratzers eine große „Roste“ vor den Eingang einmauern<br />

zu lassen, die sich als sehr zweckmäßig erwiesen hat. Für den bisherigen<br />

schlechten Kartenständer wurde ein neuer „Königs Kartenschoner“ zum<br />

Preise von 15 M angeschafft. Desgleichen wurde vom Schulvorstande die<br />

Beschaffung der 4 anatomischen Wandtafeln mit einer Erläuterung von<br />

Max Eschner bewilligt. –<br />

Auch in diesem Jahre war ein Schulausflug geplant. Da aber die<br />

benachbarten Schulen Egge, Itterbeck, Ratzel und Wielen die holländische<br />

Stadt Zwolle als Reiseziel gewählt hatten, konnte unsere Schule der zu<br />

großen Entfernung wegen nicht an dem Ausfluge teilnehmen.<br />

Der Sedantag am 2. September wurde festlich begangen. Am<br />

Weihnachtsabend, der hier würdig gefeiert wurde, nahm die Gemeinde


19<br />

außerordentlich regen Anteil. Sogar waren noch Leute aus dem<br />

benachbarten Holland herübergekommen, die an der Schulfeier<br />

teilzunehmen baten. <strong>Die</strong> Beteiligung war wohl deshalb eine so sehr rege,<br />

weil viele Leute an diesem Abend zum erstenmale in ihrem Leben ein<br />

Klavier zu sehen Gelegenheit hatten, welches der Lehrer zur<br />

Verschönerung der Feier in das Schullokal schaffen ließ. Dank der<br />

reichlichen Spenden der Eltern konnten die Kinder reichlich mit allem,<br />

„was das Herz sich wünscht und der Sinn begehrt“, beschenkt werden.<br />

Jedenfalls wird diese Feier der Gemeinde in angenehmer<br />

– neue Seite –<br />

Erinnerung bleiben. – Auch des Kaisers Geburtstagsfest <strong>im</strong> folgenden<br />

Monat wurde festlich begangen.<br />

Zum 1. April 1904 wurde der Lehrer J. Körner nach Schüttorf, Kreis<br />

<strong>Benthe<strong>im</strong></strong> versetzt. –<br />

Zu seinem Nachfolger wurde von der Königlichen Regierung zu Osnabrück<br />

der Lehrer Hubke best<strong>im</strong>mt. Doch bevor derselbe die Stelle antrat, wurde<br />

auf Wunsch der Gemeinde und besonders des Lehrers J. Körner die<br />

Neubesetzung der Stelle dahin abgeändert, daß letzterem die Stelle<br />

übertragen wurde.<br />

Das Schuljahr 1904/05 begann mit 58 Schülern (36 Knaben, 22<br />

Mädchen).<br />

Am 2. September wurde der Sedantag in der üblichen Weise gefeiert. Am<br />

Nachmittage desselben Tages macht der Lehrer mit den größeren<br />

Schulkindern einen Spaziergang durch die Heide nach den Fürstlichen<br />

Tannenforsten in der Nähe von Uelsen. Durch mehrere Regenschauer<br />

wurde die anfangs so frohe St<strong>im</strong>mung der munteren Schar etwas getrübt.<br />

Aber auf Regen folgte auch jetzt Sonnenschein. Bevor der Rückweg


20<br />

angetreten wurde, nahmen alle bei dem Gastwirt Temme eine Erfrischung<br />

ein, und dann gings mit frischem Mute he<strong>im</strong>. –<br />

Wie <strong>im</strong> vorigen Jahre, so wurde diesmal Weihnachten ein Christbaum in<br />

der Schule gebrannt. <strong>Die</strong> Eltern und Geschwister fast aller Schulkinder<br />

nahmen Anteil an dieser Feier.<br />

– neue Seite –<br />

Das Schuljahr 1905/06 begann mit 56 Schülern (37 Knaben u. 19<br />

Mädchen). Am 9. Mai wurde die 100j. Wiederkehr des Todestages Schillers<br />

festlich begangen. Das Klassenz<strong>im</strong>mer war von den Kindern mit frischem<br />

Grün geschmückt. Ebenso wurde am 2ten September <strong>im</strong> festlich<br />

geschmückten Raum das Sedanfest gefeiert.<br />

Am 3. Nov. 05 beehrte der Herr Bezirksschulinspektor Oppen 10 die hiesige<br />

Schule mit seinem Besuch.<br />

<strong>Die</strong> Weihnachtsfeier am Abend des 23. Dez. verlief zur Zufriedenheit Aller.<br />

<strong>Die</strong> Kinder wurden reichlich beschenkt und eilten glückstrahlend nach<br />

Hause. Der Geburtstag unsers Kaisers wurde in üblicher Weise begangen.<br />

Auch wurde am 27. Febr. 06 durch eine Festrede des Lehrers auf die<br />

Bedeutung dieses Tages hingewiesen. Anläßlich dieser Feier wurden 5<br />

Exemplare der Festschrift zur Silberhochzeit unseres Kaiserpaares an die<br />

besten Schüler verteilt. –<br />

Am 1. April 1906 wurde der Lehrer Körner nach Frensdorfer-Haar bei<br />

Nordhorn versetzt.<br />

10 Hermann Oppen (1857-1935) war reformierter Pastor in Gildehaus und wurde 1893 Kreisschulinspektor. Der<br />

Pastor betätigte sich politisch als entschiedener Konservativer und Katholikengegner. Er wechselte dann aber als<br />

Schulrat nach Bochum und von dort 1905 nach Osnabrück, von wo er die Arbeit als <strong>Grafschaft</strong>er Schulrat<br />

wahrnahm. Er trat am 1. April 1922 in den Ruhestand und starb <strong>im</strong> April 1935 in Osnabrück.


21<br />

Sein Nachfolger wurde L. Sager 11 , Schüttorf, der am 24. April d. Jahres<br />

sein Amt antrat. Bis dahin war er vertretungsweise in Renslage u.<br />

Menslage angestellt, aus welchem Grunde der <strong>Unterricht</strong> vom 1. April –<br />

11. Apr. ausfiel.<br />

Das Schuljahr 1906/07 begann mit 62 Schülern, (38 Knab., 24 Mädch.)<br />

mithin ist die Schülerzahl gegen das Vorjahr um 6 gestiegen. Sollte in den<br />

folgenden Jahren eine Steigerung in gleichem Maße stattfinden, so wird<br />

das Schulz<strong>im</strong>mer für die Anzahl der Schüler nicht ausreichen. Es müßte<br />

mithin die Einführung einer wirklichen<br />

– neue Seite –<br />

Halbtagsschule ins Auge gefaßt werden.<br />

Nach wie vor liegt die <strong>Unterricht</strong>szeit zwischen 7 – 12 vormittags.<br />

Das bis dahin das Klassenz<strong>im</strong>mer jedes Bilderschmuckes entbehrte, auch<br />

für die Unterstufe zweckmäßige Anschauungsbilder nicht vorhanden<br />

waren, so genehmigte der Schulvorstand, dem Wunsche des Lehrers<br />

folgend, ihre Anschaffung. Außer 9 Bildern zu den Hey-Specterschen 12<br />

Fabeln (von Peter-Pfeiffer-Rull), 5 Meinholdschen Bildern (Jahreszeiten u.<br />

1 Verkehrsbild), sowie den Bildnissen Bismarcks, Luthers u. Calvins<br />

11 Der Pädagoge Ludwig Sager (1886-1970) aus Schüttorf unterrichtete 1906 bis 1949 in <strong>Getelomoor</strong>, Uelsen,<br />

Lage und seit 1930 als Hauptlehrer in Neuenhaus. Bereits vor dem Krieg wurde er politisch als Gegner des<br />

konservativen Landrats Kriege aktiv. 1919 wurde Sager zum 1. Vorsitzenden der „Deutschen Demokratischen<br />

Partei“ (DDP) Neuenhaus und Umgebung gewählt. Er kandidierte bei verschiedenen Wahlen auf hinteren<br />

Plätzen und rief auch zum Beitritt in die 1930 geschaffene „Deutsche Staatspartei“ auf. Sager trat häufig als<br />

Redner für die DDP in Erscheinung. Er kam 1919 als Vertreter Uelsens in den Vorstand des Niedergrafschafter<br />

Bauernrats. 1928/29 erregte ein Prozess Sagers gegen ein Mitglied des Jungdeutschen Ordens Aufsehen, der bei<br />

einem Schulausflug die mitgeführte schwarz-rot-goldene Fahne geschmäht hatte. Zunächst wurde Sager selbst<br />

verurteilt, da der Sagerschen Strafantrag, der in erster Instanz abgewiesen wurde, vom Richter als Beleidigung<br />

angesehen wurde. Letztlich wurde Sager aber freigesprochen. Weithin bekannt wurde der Pädagoge durch sein<br />

Engagement für den <strong>Grafschaft</strong>er He<strong>im</strong>atverein und durch unzählige lokalgeschichtliche Veröffentlichungen,<br />

he<strong>im</strong>atkundliche Erzählungen, Gedichte und Theaterstücke.<br />

12 Johann Wilhelm Hey (1789 - 1854), deutscher Pfarrer, Lied- und Fabeldichter, Otto Speckter (1807-1871),<br />

deutscher Zeichner und Radierer, illustrierte u. a. Wilhelm Heys „50 Fabeln für Kinder“.


22<br />

wurden 10 Bilder zur deutschen Geschichte (v. Lehmann) angeschafft. Für<br />

die Kinder war es eine große Freude, an den sonst so öden Wänden eines<br />

Morgens plötzlich künstlerischen Wandschmuck zu finden.<br />

Auf Vorschlag der Königl. Regierung wurde am 14. Juni 06 das<br />

Grundgehalt um 100 M erhöht. Zu diesem Zwecke hatte sich der<br />

Schulvorstand auf dem Rathause zu Uelsen versammelt u. zw. unter<br />

Vorsitz des Herrn Ortsschulinspektors Schulte. Auch unsere<br />

Nachbargemeinden Getelo, Ratzel, Egge ec. waren zu gleichem Zwecke<br />

anwesend. Wie bei der Anschaffung der oben genannten Lehrmittel zeigte<br />

sich auch hier der Schulvorstand wohlwollend u. bewilligte die Erhöhung.<br />

Der größte Teil der erhöhten Auslagen wird natürlich der Staat tragen.<br />

Der 28. Juni 06 war für unsere Schule ein großer Festtag, sollte doch nun<br />

endlich der langersehnte Ausflug nach <strong>Benthe<strong>im</strong></strong> stattfinden.<br />

Schon bald nach 6 Uhr versammelte sich die Ober- u. Mittelstufe, diesmal<br />

festlich gekleidet, auf dem Schulplatz. Wie froh glänzten die Augen der<br />

munteren Schar! Welche Spannung lag in den Zügen aller! War es doch<br />

für fast alle das erstemal, daß sie einen Blick über die he<strong>im</strong>atliche Schule,<br />

– neue Seite –<br />

über die einengende Heide hinaustun sollten, um – den Jüngeren – zu<br />

zeigen, daß auch jenseits derselben die Welt noch nicht ganz aufhöre. –<br />

Zunächst blieb’s noch (ganz) be<strong>im</strong> Natürlichen, 4 mit frischem Grün<br />

geschmückte Bauernwagen nahmen die erwartungsvollen Kinder auf. Wir<br />

kamen zur Straße – einem Verkehrswege, den, wie mein Befragen ergab,<br />

noch nicht alle aus eigener Anschauung kannten. Dann erst die langen<br />

Häuserreihen der großen Stadt Neuenhaus! Und nun das pustende<br />

Dampfroß! Also ist’s doch keine Sage die Erzählung von den vielen<br />

Wagen, vor die kein Pferd oder Ochse gespannt zu werden braucht, die<br />

uns in wenigen Stunden nach „Deutschland“ bringen können! Von den 34<br />

Teilnehmern (außer den Vätern, die ziemlich zahlreich vertreten waren)


23<br />

hatten 23 ein solches Kunstwerk noch nicht gesehen. Nun sollte gleich<br />

eine so weite Reise damit gemacht werden. Erinnern wir uns der 1.<br />

Eisenbahnfahrt in unserem Leben, wie wir die Fenster belagerten, damit ja<br />

nichts dem Blick entginge. So auch hier ein Zeigen u. ein Fragen, daß es<br />

dem Lehrer schwer wurde, all die neugierigen Frager zu befriedigen. In<br />

Bad <strong>Benthe<strong>im</strong></strong> stiegen wir aus, ½ 12 Uhr. Wir waren <strong>im</strong> Hochwalde, auf<br />

dem Teich schwammen richtige Schwäne, welche herrlichen Anlagen,<br />

welche Häuser, welche Blumen! Den älteren Kindern wurden noch die<br />

Badeinrichtungen gezeigt, worauf wir nach <strong>Benthe<strong>im</strong></strong> gingen. Schon von<br />

weitem winkte das Schloß, das Ziel des verwunderten Auges. <strong>Die</strong><br />

bemoosten Felsen wurden besehen, die bekannte Inschrift aufgesucht,<br />

Geschichte u. Sage (Teufelskissen) waren Inhalt der Unterhaltung. Nun<br />

hinauf! Was man noch aus der Geschichtsstunde von der Ritterburg<br />

wußte, wurde reproduziert, das gewaltige Tor, der „äußere“ u. „innere“<br />

Schloßhof. Alte Vorstellungen mußten berichtigt werden, neue wurden<br />

aufgenommen. Da lagen eiserne u. steinerne Feldkugeln, man sah den<br />

„Herrgott<br />

– neue Seite –<br />

von <strong>Benthe<strong>im</strong></strong>“ 13 u. selbst eine wirkliche Kanone, die sich wegen zu<br />

geringer Aufmerksamkeit nicht beklagen konnte. Kein Kind wollte zurück<br />

bleiben, als es den Aussichtsturm hinaufging, wenn auch mit vieler Mühe.<br />

Jedoch belohnte der prächtige Ausblick weit nach Westfalen hinein, bis<br />

Gronau, Rheine, Nordhorn, auf den langgestreckten Wald, die Steinbrüche<br />

u. auf <strong>Benthe<strong>im</strong></strong> am Abhange des Berges alle reichlich. Jedoch<br />

durchschauerte in der dunklen Folterkammer die Oberstufe auch die<br />

Schattenseiten der „guten, alten Zeit“.<br />

Nachdem in der „Bismarckhalle“ (Bismarckdenkmal!) eine entstehende<br />

Revolution <strong>im</strong> Magen unterdrückt war, gings in die Steinbrüche, auch<br />

etwas Neues. Heiß brannte die Sonne herab, doch ermüdete die<br />

13 Mittelalterliche Christusdarstellung aus Sandstein, eines der ältesten Kunstwerke der Region.


24<br />

jugendliche Schar nicht, kein Berg war ihr zu hoch, keine Mühe zu<br />

anstrengend, nur <strong>im</strong>mer weiter, mehr des Schönen! Lockten aber die<br />

Heidelbeeren allzu verführerisch od. galt es eine Ringelnatter zu<br />

beobachten, so stockte das Ganze. Auch der letzte Berg, der Spionskoop,<br />

nach Schüttorf zu, sollte nicht unbestiegen bleiben – die Kraft der Alten<br />

reichte nicht mehr so weit. Nahe von uns, an den Ufern der sich durch das<br />

weite, grüne Tal hinschlängenden Vechte lag Schüttorf mit den vielen<br />

qualmenden Schloten, den großen Fabriken, der bunten Häusermenge, in<br />

der Mitte der schlanke, hohe Turm, weiter hinaus Salzbergen u.<br />

Emsbüren. Wir lagerten uns, den Blick in die Ferne sendend. Vielleicht<br />

empfanden die älteren Kd. doch Stolz u. Freude darüber, daß die<br />

vielgeschmähte <strong>Grafschaft</strong> doch auch ein so recht schönes Fleckchen Erde<br />

ihr eigen nennt. Von oben herab erschallte dann gemeinschaftlich das<br />

Lied: „Deutschland, Deutschland über alles!“ Auf d. kürzesten Wegen<br />

gelangten wir, an Ziegeleien vorbei,<br />

– neue Seite –<br />

nach dem Waldschlößchen 14 , unser nächstes Ziel, wo sich alles stärkte u.<br />

ausruhte. Bald waren die Kleinen zu frohen Spielen aufgelegt, es waren ja<br />

Schaukeln u. s. w. vorhanden, auf der großen Wiese wurden Wettspiele<br />

veranstaltet, die manchem ein Andenken als Siegespreis eintrugen. Nach<br />

1 ½ stdg. Rast mußten wir wieder aufbrechen, ein Lied folgte dem andern,<br />

als wir so durch den grünen Wald schritten. Wie die Wald- u. Wanderlieder<br />

da erst aus „voller Kehl u. frischer Brust“ drangen! –<br />

Auf dem Bad erwarteten wir den Zug, der uns um 8 Uhr wieder nach<br />

Neuenhaus bringen sollte; noch einmal erschallte, als der Zug nahte: „So<br />

scheiden wir mit Sang u. Klang, leb wohl, du schöner Wald!“ Der He<strong>im</strong>at<br />

ging’s wieder zu, war’s doch auch eine Freude, der Mutter zu erzählen,<br />

was man alles gesehen hatte. <strong>Die</strong> Bauernwagen nahmen uns wieder auf,<br />

doch überraschte uns in Uelsen leider ein Gewitter, so daß wir hier 1 ½<br />

14 Bekanntes Ausflugslokal <strong>im</strong> <strong>Benthe<strong>im</strong></strong>er Wald nahe Schüttorf.


25<br />

Std. halten mußten. Da saßen sie nun auf den Stühlen u. nickten ein. <strong>Die</strong><br />

Natur verlangte ihr Recht. Als wir aber um Mitternacht wieder aufbrachen,<br />

war auch der Liedermund nicht verstummt, <strong>im</strong>mer wieder erklangen noch<br />

heitre Volksweisen, <strong>im</strong>mer wieder erscholl frohes Lachen u. Scherzen. Im<br />

He<strong>im</strong>atsdorf angekommen, erwarteten die beängstigten Eltern die<br />

jubelnde Schar u. nahmen sie von nun an in ihre Obhut, freuten sie sich<br />

doch nicht wenig, daß alle so munter he<strong>im</strong>kamen. Mit dem Gedanken,<br />

einen schönen Tag erlebt zu haben, legte sich gewiß ein jeglicher zu Bett.<br />

Daß es ein nützlicher Tag war, werden alle <strong>im</strong> Laufe des <strong>Unterricht</strong>s<br />

erkennen.<br />

Vor den Augen des Lehrers stand aber heute das Wort des Comenius 15<br />

(Didactica magna 16 , Kap. 18. Grds. 5.), das er als Motto über den<br />

heutigen Tag setzen möchte:<br />

– neue Seite –<br />

„<strong>Die</strong> Menschen müssen aus H<strong>im</strong>mel u. Erde, aus Eichen u. Buchen gelehrt<br />

werden, d. h. sie müssen die Dinge selbst kennen lernen u. untersuchen!“<br />

Am 15. Nov. 1906 wurde der Lehrer Sager nach Uelsen versetzt. Sein<br />

Nachfolger wurde der Lehrer Dreß, welcher am 17. Nov. durch den<br />

Ortsschulinspektor eingeführt wurde. <strong>Die</strong> Schülerzahl betrug 58 (38 K. –<br />

20 M.). Im Laufe des Schuljahres waren 3 Schüler nach Holland<br />

umgezogen und ein Knabe gestorben; daher gegen die Schülerzahl zu<br />

Beginn des Schuljahres ein Abgang von 4 Schülern. <strong>Die</strong> Schüler sind, mit<br />

Ausnahme von 5 Knaben, welche der kath. Kirche angehören, reformiert.<br />

Nachdem auf Vorschlag der Königl. Reg. die Gemeinde eine Erhöhung des<br />

Grundgehalts um 100 M bewilligt hat, beträgt dasselbe jetzt 1100 M.<br />

15 Johann Amos Comenius (1592 - 1670), Philosoph, Theologe und Pädagoge.<br />

16 <strong>Die</strong> Didactica magna oder große Didaktik wurde von Johann Amos Comenius zwischen 1627 und 1638<br />

verfasst und <strong>im</strong> Jahre 1657 erstmals veröffentlicht.


26<br />

Der Geburtstag unseres Kaisers wurde in angemessener Weise gefeiert.<br />

Das Schuljahr 1907/1908 begann am 8. April. Es wurden sechs Schüler, 4<br />

Knaben und 2 Mädchen, aufgenommen. <strong>Die</strong> Zahl der Schüler betrug 60<br />

(39 K. und 21 M.). Am Schlusse des Schuljahres betrug die Schülerzahl 65<br />

(38 K. 27 M.). 2 Knaben und 2 Mädchen wurden konfirmiert.<br />

Am 23. April begann das neue Schuljahr 1908/1909. 5 Knaben und 5<br />

Mädchen wurden aufgenommen. <strong>Die</strong> Schülerzahl beträgt 71 (41 K. – 30<br />

M).<br />

Es mußte eine neue Bank angefertigt werden.<br />

– neue Seite –<br />

Zum 1. Januar 1909 wurde der Lehrer Dreß nach Hilten bei Neuenhaus<br />

versetzt. Sein Nachfolger wurde der Lehrer Hake. Er wurde am 6. Januar<br />

durch Herr[n] Pastor Schulte eingeführt.<br />

Am Ende des Schuljahres besuchten 69 Kinder die Schule. Es wurden 7<br />

Kinder (6 Knaben + 1 Mädchen) aus der Schule entlassen. Aufgenommen<br />

wurden 9 Kinder (4 Knaben 5 Mädchen). Damit war die Schülerzahl auf 71<br />

gestiegen. Im Mai wurden 3 Kinder nach Getelo und Itterbeck entlassen.<br />

Es blieben also 68 Kinder.


27<br />

Am 1. Mai 1910 wurde der Lehrer Hake von hier nach Buer bei Melle<br />

versetzt. Sein Nachfolger wurde Lehrer Willi Lieke; der bis dahin an der<br />

<strong>Volksschule</strong> in Dissen gearbeitet hatte. <strong>Die</strong> Schülerzahl ist inzwischen auf<br />

72 angewachsen.<br />

Im Jahre 1910 wurde am 16. Juli eine Gedenkfeier des Todestages der<br />

Königin Luise abgehalten. Am 2. September wurde der Sedanstag in der<br />

üblichen Weise gefeiert. Zu einem Festtag allererster Ordnung wurde für<br />

unsere Schule der 5. Septemb. An diesem Tage machte der Lehrer mit der<br />

Ober- und Mittelstufe seiner Schule einen Ausflug per Wagen nach der<br />

holl. Stadt Almelo. Um möglichst allen Kindern Gelegenheit zur Teilnahme<br />

zu geben, war der Tag in eine nicht so arbeitsreiche Zeit der ländlichen<br />

Bevölkerung gelegt. Aber wir hatten nicht mit der Launenhaftigkeit des<br />

Wettergottes gerechnet. Schon am frühen Morgen fiel ein feiner<br />

Sprühregen; aber trotzdem, lange vor der festgesetzten Zeit, waren die<br />

Kinder zur Stelle, ebenso auch 3 Wagen, je mit 2 Pferden, alles festlich<br />

geschmückt. Alle Vernunftgründe waren nichtig, die Fahrt mußte<br />

angetreten werden. Von Stunde zu Stunde erhofften wir eine Besserung<br />

des Wetters, leider vergebens; es wurde vielmehr schl<strong>im</strong>mer, sodaß das<br />

Wasser zuletzt selbst durch eine 4fach gelegte Pferdedecke hindurch kam.<br />

Trotzdem kamen wir nach Almelo in verhältnismäßig vorzüglicher<br />

St<strong>im</strong>mung, die schönen, wenn auch nicht <strong>im</strong>mer schön gesungenen Lieder<br />

waren genügsam Beweis dafür. Es war eine Freude, die neugierigen<br />

Kinderaugen alle die Wunder betrachten zu sehen. <strong>Die</strong> Torfschiffe auf dem<br />

Kanal, eine Eisengießerei, die Häuserpaläste, die Eisenbahn mit „den<br />

vielen<br />

– neue Seite –<br />

Zügen“, der Wasserturm, der Marktplatz mit den bunten<br />

Jahrmarktsbuden, eine Torfstreufabrik, das elektr. Licht, die


28<br />

wunderschönen Schaufenster, besonders diejenigen mit den großen<br />

Puppen, alles das waren ganz neue, so ziemlich unbegreifliche Dinge;<br />

dieses Staunen und Sehen und Neiden! Wir kehrten Abends um 8 Uhr<br />

wieder he<strong>im</strong>. Eine St<strong>im</strong>mung beherrschte alle: Eine schöne Tour, schade,<br />

daß es so furchtbar regnete.<br />

Lieke.<br />

In den Herbstferien wurde die Schule neu gestrichen.<br />

Das Verkehrswesen unseres Ortes erfuhr insofern eine Verbesserung, als<br />

auf Veranlassung des Lehrers an der Schule ein Briefkasten aufgehängt<br />

wurde.<br />

Am 27. Januar 1911 wurde der Geburtstag Sr. Majestät in der üblichen<br />

Weise gefeiert.<br />

Am Schluß des Schuljahres wurde die Schule von 74 Kindern besucht. Von<br />

diesen kamen<br />

17 zur Entlassung. Es wurden 5 Knaben und 5 Mädchen<br />

(also 10 Kinder) neu aufgenommen.<br />

Das neue Schuljahr wurde den Kindern dadurch interessanter gemacht,<br />

daß die neue Zeichenmethode eingeführt wurde. Außerdem wurden vom<br />

Schulvorstande auf Veranlassung des Lehrers ein Fußball und zwei<br />

Schlagbälle angeschafft, zur großen Freude der Kinder.<br />

Kurz vor den großen Ferien machte die Ober- und Mittelstufe der hiesigen<br />

Schule und der Schule zu Hilten einen Ausflug nach <strong>Benthe<strong>im</strong></strong>. Das<br />

wunderschöne Wetter trug wesentlich zur allgemeinen Begeisterung bei.<br />

In den Herbstferien wurden auf Vorschlag des Lehrers die Bänke der Ober-<br />

und Mittelstufe mit Löchern für Tintenfässer versehen. <strong>Die</strong> Kinder<br />

17 <strong>Die</strong> Anzahl fehlt.


29<br />

brauchen nun also nicht mehr jeden Tag ihr Tintenglas von Hause nach<br />

der Schule und umgekehrt zu tragen, mancher Tintenklecks in Zeug und<br />

Büchern wird vermieden werden können. Eine Quelle des Ärgers für<br />

Kinder und Lehrer ist damit verstopft.<br />

– neue Seite –<br />

Als einen Fortschritt auf pädagogischem Gebiet muß man die hier<br />

gegründete landwirtschaftliche Fortbildungsschule begrüßen. Sie besteht<br />

jetzt drei Jahre, ein Beweis für das günstige Urteil in der Gemeinde. Es<br />

wäre recht wünschenswert, daß der Besuch derselben obligatorisch würde.<br />

Daß und wie auch sonst in unserm entlegenen Grenzdorfe Jugendpflege<br />

getrieben wird, lassen nachstehende, dem „Kreisblatt für den Kreis<br />

<strong>Grafschaft</strong> <strong>Benthe<strong>im</strong></strong>“ 18 entnommene Berichte erkennen.<br />

Vom <strong>Die</strong>nstag, 9. Juli 1912<br />

* Uelsen, 6. Juli. Am Freitag vergangener Woche war die Gegend des<br />

„Weißen Berges“ – zwischen Uelsen und Itterbeck – der Schauplatz<br />

interessanter Schülerkämpfe. Während die gesamte Uelser Jugend das<br />

buschreiche Gelände zwischen Geteloer- und Itterbecker Straße besetzt<br />

hielt, versuchten die Schüler aus Geteloermoor, Egge, Balderhaar, Ratzel<br />

und Wilsum den Feind aus seinen befestigten Stellungen heraus auf<br />

Uelsen zurückzuwerfen. In den weiten fürstlichen Tannen und zwischen<br />

den Hügeln konnten sich die „Verbündeten“ vortrefflich entwickeln, doch<br />

brachten Radfahrer und Stafetten dem Feinde stets neue Meldungen, der<br />

dann seine Truppen zur Abwehr des Hauptstoßes zusammenziehen<br />

konnte. Schleichend, windend, kriechend, jede Deckung benutzend,<br />

kamen die zähen Stürmer in aller Stille näher. Dann plötzlich gab die<br />

Trompete das Signal zum Angriff „Sprung auf! Marsch, marsch!“ Aber die<br />

Uelser waren auf dem Posten und empfingen den Feind mit verheerendem<br />

18 Gemeint ist die in Neuenhaus erstellte „Zeitung und Anzeigeblatt“ aus dem Verlag Kip.


30<br />

Schnellfeuer. Ein Anblick war’s, der Herz und Auge erfrischte. Jeder dieser<br />

jugendlichen, frischen Streiter wußte sich dem Ganzen zu fügen, wußte<br />

jedem Winke und auch dem leisestem Kommando seiner Lehrer zu<br />

gehorchen, wußte auszuharren in stundenlangem Marschieren in der<br />

heißen Heide, schweißtriefend, den Stab in der Hand und das Ränzel auf<br />

dem Rücken. Gemeinschaftlich sang danach Freund und Feind in bester<br />

Harmonie, am neuen Uelser Kriegerdenkmal: „Heil Dir <strong>im</strong> Siegeskranz.“<br />

Herr Lehrer Lieke aus Geteloermoor ermahnte die Jungens in kernigen<br />

Worten, auch späterhin in „Kaisers Rock“ so brav und treu ihre Pflicht zu<br />

tun wie heute. Aus dem Spiel könnte Ernst werden, und dann hieße es<br />

sich als deutsche Männer zu schlagen und zu wehren. Dann lobte Herr<br />

Lieke die Ausdauer und Zähigkeit der jungen Krieger, die zum größtenteil<br />

aus weiter Ferne hergekommen waren und nun noch einen tüchtigen<br />

Marsch vor sich hatten. Auch der wurde gut überstanden. Keiner wollte ein<br />

Weichling sein. Wer sich diese jungen, verwegenen Burschen ansah, der<br />

bemerkte, wie auch in unserer entlegenen Heidegegend der Wellenschlag<br />

der neuen Zeit zu bemerken ist, der mag getrost sprechen: „Lieb<br />

Vaterland magst ruhig sein, fest steht und treu die Wacht am Rhein.“<br />

Vom Sonnabend: 14. Sept. 1912<br />

** (Sedan-Kriegsspiel in Itterbeck.)<br />

In eigenartiger, interessanter Weise begingen die Schulen der westlichen<br />

Niedergrafschaft den diesjährigen Sedantag. <strong>Die</strong> Bauerschaft Itterbeck mit<br />

der vorliegenden Heide war der Schauplatz eines ausgedehnten<br />

Kriegsspieles. <strong>Die</strong> Schüler aus Uelsen, Höcklenkamp, Gölenkamp,<br />

Haftenkamp und Hardingen hatten den Auftrag, sich mit einem westlich<br />

von Itterbeck gedacht stehenden Korps zu verbinden. <strong>Die</strong> Wege nach dort,<br />

besonders die Hauptstraße, waren jedoch durch feindliche Truppen<br />

gesperrt. Dargestellt wurden diese von den Schulen aus <strong>Getelomoor</strong>,<br />

Egge-Balderhaarmoor, Itterbeck und Wilsum. Schon um 7 Uhr morgens<br />

rückte unter Führung des Herrn Klinge eine stattliche Mannschaft in<br />

kleidsamer Uniform auf Itterbeck los, um hier ohne Wissen des Feindes


31<br />

einen kleinen Busch vor der feindlichen Verteidigungslinie zu besetzen.<br />

Nach mehrfachem Geplänkel mit den obachtgebenden Wilsumern und<br />

Itterbeckern gelang es auch den Hardingern und Höcklenkampern, durch<br />

das nasse Heidekraut langsam vorrückend, sich mit den gedeckt liegenden<br />

Freunden zu vereinigen. Der vordringende Haupttrupp, bestehend aus<br />

Haftenkampern, Gölenkampern und Uelsern, hatte es anscheinend ganz<br />

auf den rechten feindlichen Flügel abgesehen und rückte langsam durch<br />

die fürstlichen Tannen von der Geteloer Seite heran. Hinter jedem Hügel,<br />

hinter jedem Wall sah man durch das Fernglas den Kopf eines feindlichen<br />

Postens. Keine Bewegung blieb unbemerkt. Auf beiden Seiten wurde die<br />

Straße scharf <strong>im</strong> Auge behalten, von wo aus die zahlreich herbeigeeilten<br />

Zuschauer den sich allmählich zuspitzenden Kampf ansahen. Links und<br />

rechts schien die tote Heide lebendig zu werden: hier tauchte plötzlich ein<br />

Papphelm auf, dort bahnte sich ein Radfahrer mühsam den Weg auf dem<br />

schlechten Pfad, um sich schnell seines Auftrags zu entledigen.<br />

Immermehr Truppen versammelte inzwischen der Feind auf seinem<br />

rechten Flügel, den die <strong>Getelomoor</strong>er und Egger unter Herrn Lieke scharf<br />

verteidigen. Das war der gegebene Augenblick für die Stürmer. In dem<br />

buschigen Gelände machte plötzlich die ganze Nachhut kehrt, eilte in<br />

wenigen Minuten zur Straße, wo dir Räder bereit standen, und <strong>im</strong> Fluge<br />

ging’s auf Itterbeck zu. Hier eine schneidige Schwenkung nach rechts,<br />

noch eine hundert Meter auf holprigem Boden, und man war be<strong>im</strong> eigenen<br />

rechten Flügel, der nun durch die plötzliche „Kavallerie“-Verstärkung in<br />

großer Übermacht war und in 3 Kolonnen vorging. Da schmetterte die<br />

Trompete, vom „Weißen Berge“ her krachten die Böller, und unaufhaltsam<br />

geht’s auf der ganzen Linie vorwärts. Aus tadelloser Deckung feuerte der<br />

Feind, hinter den Bergen und tiefen Erdwällen liegt er wohl verschanzt –<br />

ja, wer will entscheiden, wie <strong>im</strong> Ernstfalle die Würfel gefallen wären?<br />

Jedenfalls hätte es recht blutig ausgesehen, und Freund und Feind hätten<br />

sich nicht<br />

– neue Seite –


32<br />

wie hier nach beendigtem, heißen Kampfe die Friedenshand gereicht. Es<br />

wurde zum Sammeln geblasen und gemeinschaftlich gings zur<br />

Schenkwirtschaft Wolters, wo die Mädchen inzwischen für die jungen<br />

Kämpfer Bouillon gekocht hatten, die ihren Zweck nicht verfehlte, und in<br />

den folgenden regnerischen Stunden die seit dem frühen Morgen<br />

marschierenden Knaben warm hielt. Ein rauchendes Torffeuer, über dem<br />

ein Topf schwebte, ringsumher das junge Völkchen, welche seine von<br />

Schweiß und Tau durchnäßten „Brocken“ trocknete, – wirklich ein<br />

liebliches Manöverbild! Nachdem Herr Langer aus Uelsen noch einige<br />

interessante Gruppen photographiert hatte, nahm Herr Sager das Wort,<br />

um die Versammelten auf die Bedeutung des Sedantages hinzuweisen. Auf<br />

Roßbach und Leuthen, so führte der Redner aus, sei Jena und Auerstädt<br />

gefolgt, auf den Sedansieg dürfe keine Jena-Niederlage folgen, falls<br />

Deutschland den Platz an der Spitze der Nationen behalten wolle. Nicht<br />

„Jena oder Sedan“ dürfe man fragen, es müsse die Losung „Sedan“ sein –<br />

wolle Deutschland Deutschland bleiben. In dieser Erkenntnis wurzle der<br />

frische, fröhliche Zug, der durch die deutsche Jugend gehe, die der<br />

General-Feldmarschall von der Goltz <strong>im</strong> „Jung-Deutschlandbunde“<br />

sammle. Es sei die Absicht, den Körper gesund, stark und wehrhaft zu<br />

machen, um auf des Königs Ruf die Güter verteidigen zu können, welche<br />

die Väter 1870/71 auf den Schlachtfeldern errangen. Daß man auch hier<br />

in der fernen Heide sich dieser nationalen Pflicht bewußt sei, daß auch hier<br />

die Jugend sich begeistern könne – das zeige der heutige Sedantag.<br />

Worte warmer Anerkennung fanden die Disziplin und die Ausdauer der<br />

Knaben, die zum Teil von weit her, (der Hardinger und Haftenkamper sei<br />

hier rühmlichst gedacht) gekommen waren. Wenn man mit diesem Eifer<br />

und dieser Hingabe später dem Kaiser <strong>im</strong> bunten Rock diene, könne das<br />

Vaterland der treusten Grenzmacht sicher sein. Mit dem Liede:<br />

„Deutschland, Deutschland über alles“ gingen darauf die Schulen unter<br />

Leitung ihrer Lehrer auseinander, um auf dem He<strong>im</strong>wege leider von<br />

heftigen Regenschauern überfallen zu werden. Doch was trübte das den<br />

frohen Mut der Jugend nach so herrlichen Stunden!


33<br />

- - - - - -<br />

10. II. 13.<br />

Zu erwähnen sind die neuen Spielgeräte, Faustball, Jagdbälle, Kaiserbälle,<br />

Korbball etc., die vom Schulvorstande angeschafft wurden.<br />

Zu begrüßen ist, daß die Pumpe, welche bis dahin in jedem Winter durch<br />

den Frost beschädigt wurde und dann lange Zeit gebrauchsunfähig war,<br />

jetzt in die Schulküche gesetzt worden ist.<br />

<strong>Die</strong> Schülerzahl ist jetzt auf 79 gestiegen (42 Knaben und 37 Mädchen).<br />

Unter diesen sind 16 Gastkinder aus Itterbecker-Moor. Schluß des<br />

Schuljahres 1912/13 am 19. März 1913.<br />

- - - - - -


34<br />

Am 1. April 1913 wurde der Lehrer Lieke nach Vechtel versetzt. Sein<br />

Nachfolger wurde der Lehrer Georg Dröge, der bis dahin mit der<br />

Verwaltung einer Schulstelle in Venne beauftragt war. <strong>Die</strong> Schülerzahl<br />

betrug zu Anfang des Jahres 80.<br />

Im Jahre 1913 wurde am 16. Juni das 25jährige <strong>Die</strong>nstjubiläum S. M. des<br />

deutschen Kaisers gefeiert. Durch Gesang und Deklamation wurde dieser<br />

Tag in hiesiger Schule verherrlicht.<br />

Der 2. September sollte in ganz besonders schöner Weise gefeiert werden.<br />

Es war geplant, mit den Nachbarschulen<br />

– neue Seite –<br />

(Ülsen, Halle, Hardingen, Höcklenkamp) ein Kriegsspiel zu veranstalten.<br />

Um ½ 6 Uhr morgens rückten wir mit klingendem Spiele aus nach den<br />

Fürstlichen Tannen. Leider setzte bald ein solches Regenwetter ein, daß an<br />

ein Kriegführen nicht mehr zu denken war. Das Wetter zwang uns, am<br />

Ziele angekommen, sofort wieder umzukehren; denn wir waren<br />

vollständig durchnäßt und vom Feinde war nichts zu sehen.<br />

Im Herbst dieses Jahres wurde ein Schweinestall gebaut, weil dann die<br />

Schulstelle (Land, Wohnung, Stallung) leichter und besser zu vermieten<br />

ist, da es vorher an Räumlichkeiten zur Viehzucht fehlte.<br />

<strong>Die</strong> landwirtschaftliche Fortbildungsschule konnte nicht wieder eingerichtet<br />

werden, da sich keine Schüler zur Teilnahme gemeldet hatten.<br />

Da an der Schule zu Geteloermoor der Raum des Schulz<strong>im</strong>mers für die<br />

schulpflichtigen Kinder nicht genügte, so wurde <strong>im</strong> November 1913 eine<br />

Halbtagsschule eingerichtet.


35<br />

Auf Bitte hiesiger Bewohner wurde auch eine Weihnachtsfeier in der<br />

Schule gehalten. <strong>Die</strong> Eltern und Geschwister fast aller Kinder nahmen<br />

Anteil an dieser Feier.<br />

Am 27. Januar wurde der Geburtstag S. M. des deutschen Kaisers in<br />

üblicher Weise gefeiert.<br />

Der Ofen der Schule wurde auf Antrag des Lehrers in die Mitte der Klasse<br />

versetzt; denn<br />

– neue Seite –<br />

während der kalten Tage <strong>im</strong> Januar stieg die Temperatur des<br />

Klassenz<strong>im</strong>mers nie über 8 ° Celsius, so daß die Kinder ständig über Kälte<br />

klagten und manchmal nicht <strong>im</strong>stande waren, schriftliche Arbeiten<br />

anzufertigen.<br />

11/6. 14 Oppen<br />

In den Sommerferien (18. Juli – 10. August) (am 31. Juli) wurde<br />

Deutschland in Kriegszustand versetzt. Am 1. August erfolgte die<br />

Mobilmachung des Heeres und der Flotte. In unserer Gemeinde wurde die<br />

Mobilmachung bekannt am Abend und in der Nacht des 1. August. <strong>Die</strong><br />

St<strong>im</strong>mung der Bevölkerung war sehr beeinflußt durch die Nähe der<br />

Grenze.<br />

Am 30. Oktober 1914 wurde der Lehrer Dröge zum Heeresdienste<br />

einberufen. Während seiner Militärzeit (30. Okt. 1914 – 10. Mai 1916)<br />

waren verschiedene Lehrer (Rötterink, Riesenbeck, Benninger, Blötenberg<br />

und Dannebaum) stellvertretend hier tätig. Zeitweise fiel der <strong>Unterricht</strong><br />

gänzlich aus, weil keine Lehrkraft zu haben war. Der letzte stellv. Lehrer


36<br />

unterrichtete 3 Tage in Getelo und 3 Tage in der Woche an der hiesigen<br />

Schule.<br />

Am 11. September 1915 wurde der Lehrer Dröge in der Schlacht bei<br />

Wilna 19 schwer verwundet. (Rechter Oberarm und rechter Oberschenkel.)<br />

Am 10. Mai 1916 wurde er aus dem Heeresdienste als Kriegsbeschädigter<br />

entlassen und nahm am 15. Mai seine Tätigkeit an der hiesigen Schule<br />

wieder auf. Gleichzeitig verwaltete er auch die Schulstelle in Getelo.<br />

Das Schuljahr 1916/17 begann für die hiesige Schule am 15. Mai. Neu<br />

aufgenommen wurden 10 Kinder. <strong>Die</strong> Schülerzahl betrug zu Anfang des<br />

Jahres 76.<br />

– neue Seite –<br />

Während des Sommerhalbjahres ließ der Schulbesuch sehr zu wünschen<br />

übrig. <strong>Die</strong> Kinder wurden durch die Eltern viel zu häuslichen und<br />

landwirtschaftlichen Arbeiten herangezogen. Der <strong>Unterricht</strong> hatte darunter<br />

zu leiden, zumal die Kinder während der beiden ersten Kriegsjahre schon<br />

sehr zurückgekommen waren.<br />

Da das Wasser des Schulbrunnens fast nicht mehr genießbar war, wurde<br />

auf Antrag des Lehrers ein neuer Brunnen gegraben, dessen Wasser leider<br />

auch nicht gut zu nennen ist.<br />

Weil der Schulhof an Regentagen zu naß und schmutzig wurde, hat man<br />

das Regenwasser des Schuldaches durch Rohre in den vorbeifließenden<br />

Bach geleitet und einige Fuder Sand aufgefahren.<br />

Schluß des Schuljahres 1916/17 am 31. März 1917. Aus der Schule<br />

wurden 1 Knabe und 4 Mädchen entlassen.<br />

19 Vilnius, Hauptstadt von Litauen,


37<br />

Das neue Schuljahr 1917/18 begann am 17. April. Neu aufgenommen<br />

wurden 2 Knaben und 4 Mädchen. <strong>Die</strong> Schülerzahl beträgt 76.<br />

<strong>Die</strong> patriotischen Feste (Sedanfeier u. Kaisers Geburtstag) wurden in<br />

üblicher Weise gefeiert.<br />

Das Schuljahr schloß am 27. März 1918. Aus der Schule wurden 4 Knaben<br />

und 4 Mädchen entlassen.<br />

Das neue Schuljahr 1918/19 begann am 5. April. Neu aufgenommen<br />

wurden 2 Knaben u. 6 Mädchen. Schülerzahl = 75.<br />

– neue Seite –


38<br />

<strong>Die</strong> Schulgemeinde und der Weltkrieg<br />

<strong>Die</strong> Mobilmachung wurde hier in der Nacht vom 31. Juli auf den 1. August<br />

bekannt gegeben durch Anschlag und durch den Bürgerdiener. <strong>Die</strong><br />

St<strong>im</strong>mung der Bewohner war durch die Nähe der Grenze stark beeinflußt.<br />

Mit Begeisterung und aus reiner Vaterlandliebe zogen aus hiesiger<br />

Gemeinde wohl nur wenige in den Kampf.<br />

Es wurden eingezogen:<br />

1. Gert Beckmann, +<br />

2. Bernhard Warsen, ++<br />

3. Jan Warsen, +<br />

4. Gerrit Jan Warsen,<br />

5. Friedrich Boerigter, ++<br />

6. Berend Hindrik Boerigter,<br />

7. Hindrik Jan Wolf, ++<br />

8. Hindrik Jan Masselink,<br />

9. Harm Snippe, ++<br />

10. Jan Snippe, ++<br />

11. Jan Hindrik Snippe,<br />

12. Harm Hindrik Plescher, ++<br />

13. Hindrik Snippe, +<br />

14. Gert Hindrik Bosch, +<br />

15. Jan Hindrik Bosch,<br />

16. Johann Bosch, +<br />

17. Gerhard Bosch, ++<br />

18. Bernd Schütte, gen. Leemhuis, ++<br />

19. Jan Hindrik Giesbers, ++<br />

20. Derk Hindrik Avink, ++<br />

21. Berend Jan Avink, ++<br />

22. Johannes Hansmann, +


39<br />

23. Albert Hansmann, ++<br />

24. Willm Hansmann, +<br />

25. Gerrit Hansmann, ++<br />

26. Derk Hansmann, ++<br />

27. Gerrit Jan Hansmann, +<br />

28. Jan Hindrik Hansmann, +<br />

29. Jan Wolf, +<br />

30. Hindrik Wolf, +<br />

31. Ewert Schomaker, +<br />

32. Albert Meyer II, +<br />

33. Gerrit Hindrik Leemhuis, ++<br />

34. Jan Beckmann, +<br />

35. Hindrik Wolf, ++<br />

36. Gerrit Jan Mikke, ++<br />

37. Gert Hindrik Berink, +<br />

38. Jan Hindrik Lambers,<br />

39. Harm Hindrik Giesbers, +<br />

40. Gert Lambers,<br />

41. Hindrik Jan Züwerink,<br />

42. Berend Züwerink, +<br />

43. Jan Hindrik Wolf, ++<br />

44. Ewert Jan Berink, +<br />

45. Johann Moeken, ++<br />

46. Fritz Ekkel, ++<br />

47. Ewert Jan Krabben, ++<br />

48. Harm Hindrik Meyer, +<br />

49. Hindrik Sondermann, ++<br />

50. Jan Hindrik Brakmann, ++<br />

– neue Seite –<br />

51. Albert Vorrink, ++<br />

52. Lukas Vorrink, ++


40<br />

53. Jan Hindrik Wolf, ++<br />

54. Hindrik Heckhuis, ++<br />

55. Jan Harm Heckhuis, +<br />

56. Harm Menken, +<br />

Von Vorstehenden standen vor dem Feinde, die mit + gekennzeichneten,<br />

und wurden verwundet, die mit ++ versehenen.<br />

Es erhielten das „Eiserne Kreuz“:<br />

1. Harm Menken, I. u. II. Kl.,<br />

2. Bernhard Warsen, II. Kl.,<br />

3. Friedrich Boerigter, II. Kl.,<br />

4. Harm Snippe, II. Kl., + I. Kl. Vormerk.<br />

5. Jan Snippe, II. Kl.,<br />

6. Harm Hindrik Plescher, II. Kl.,<br />

7. Hindrik Snippe, II. Kl.,<br />

8. Johann Bosch, II. KL.,<br />

9. Albert Meyer II., II. Kl.,<br />

10. Hindrik Wolf, II. Kl.,<br />

11. Berend Züwerink, II. Kl.,<br />

12. Johann Moeken, II. Kl.,<br />

13. Hindrik Sondermann, II. Kl.,<br />

14. Jan Hindrik Brakmann, II. Kl.,<br />

15. Albert Vorrink, II. Kl.,<br />

16. Lukas Vorrink, II. Kl.<br />

Es fielen auf dem Felde der Ehre:<br />

1. Albert Hansmann,<br />

2. Derk Hansmann,<br />

3. Berend Schütte, gen. Leemhuis,


41<br />

4. Gerhard Bosch,<br />

5. Fritz Ekkel,<br />

6. Berend Jan Avink,<br />

7. Gerrit Hindrik Leemhuis,<br />

8. Ewert Jan Krabben,<br />

9. Hindrik Sondermann,<br />

10. Gerrit Jan Mikke, \<br />

11. Gert Lambers, | Krankheit<br />

12. Jan Hindrik Hansmann /<br />

Es gingen über die Grenze:<br />

1. Zwier Engbers,<br />

2. Fritz Beckmann,<br />

3. Gerhard Werger,<br />

4. Johannes Werger<br />

– neue Seite –<br />

Im Frühjahr 1915 wurde hier auch der Grenzschutz eingerichtet. Ausgeübt<br />

wurde derselbe durch das Landst.-Inf.-Batl. X./18. Oldenburg. <strong>Die</strong><br />

Wachmannschaften waren bei den hiesigen Bewohnern einquartiert. Im<br />

Laufe der Zeit lernten diese sich recht gut kennen und lieben, zumal die<br />

Landstürmer bei der Haus- und Feldarbeit tüchtig halfen und mancher<br />

Familie den Ernährer, der <strong>im</strong> Felde stand, zum Teil ersetzten. Welch gutes<br />

Verhältnis zwischen den Bewohnern und der Einquartierung herrschte,<br />

zeigte sich besonders, als die Landsturmleute in ihre He<strong>im</strong>at entlassen<br />

wurden, wo sich so manches Auge feuchtete.<br />

Be<strong>im</strong> Gehöft von Leemhuis wurde von dem Posten ein entflohener<br />

russischer Kriegsgefangener aufgegriffen und auf der Wache abgeliefert.<br />

Als Wachtlokal diente die unbenutzte <strong>Die</strong>nstwohnung des Lehrers.


42<br />

Für die Schmuggler waren die Kriegsjahre eine glückliche Zeit. Ihr<br />

Geschäft blühte wie nie zuvor. Mancher der Grenzbewohner hat sich bei<br />

diesem Handwerk ein hübsches Sümmchen erübrigt. <strong>Die</strong>se sonst so ruhige<br />

Gegend, wohin in Friedenszeiten selten ein Fremder seine Schritte lenkte,<br />

wurde nun von Auswärtigen, die hier hamsterten, überflutet, so daß<br />

schließlich die Behörde eingreifen mußte und den Ausweiszwang für das<br />

Grenzgebiet einführte.<br />

Im Herbst 1918 trat die Grippe in hiesiger Gemeinde derartig heftig auf,<br />

daß die Schule 14 Tage geschlossen werden mußte.<br />

– neue Seite –<br />

Schluß des Schuljahres 1918/19 am 5. April 1919. Es wurden 7 Knaben<br />

und 4 Mädchen aus der Schule entlassen.<br />

Das neue Schuljahr begann am 23. April 1919. Neu aufgenommen wurden<br />

1 Knabe und 5 Mädchen. <strong>Die</strong> Anzahl der Schüler beträgt 68.<br />

In den Osterferien wurde in der Schule ein Einbruch verübt. Den <strong>Die</strong>ben<br />

fielen 4 Gänse in die Hände. Als Täter wurden 2 Soldaten des hiesigen<br />

Grenzschutzes ermittelt.


43<br />

Am 1. Oktober wurde der Lehrer Dröge nach Bippen / Kr. Bersenbrück<br />

versetzt und die Lehrerstelle an hiesiger Schule dem Schulamtsbewerber<br />

Heinrich Wippermann auftragsweise übertragen.<br />

Im Oktober 1919 wurden drei Z<strong>im</strong>mer der Lehrerwohnung von Malern und<br />

Tischlern instand gesetzt, da diese Räume durch die langjährige<br />

Einquartierung unbewohnbar geworden waren. Mein Vorgänger hat die<br />

gesamte Wohnung und alle Stallungen, sowie das zur Schule gehörige<br />

Land vom 1.10.19 ab an den Heuerling Fritz Schröder zum Preise von 120<br />

M fürs Jahr vermietet.<br />

Am 8. Nov. 1919 wurde der Schulamtsbewerber H. Wippermann nach<br />

Wielen versetzt. Sein Nachfolger war der Schulamtsbewerber Carl Boek<br />

aus Neuenhaus, der von dem Herrn Kreisschulinspektor Busse eingeführt<br />

wurde.<br />

Am 7. März fand die Wahl des Elternbeirats statt. Es wurden gewählt: J.<br />

H. Lambers, J. Hoeken, H. H. Plescher, J. H. Boerigter und G. J. Züwerink.<br />

– neue Seite –<br />

Am Schluß des Schuljahres wurden 14 Schüler, 8 Knaben und 6 Mädchen,<br />

entlassen. Das neue Schuljahr begann am 15. April 1920. Es wurden 10<br />

Kinder, 4 Knaben und 6 Mädchen, neuaufgenommen, so daß die<br />

Schülerzahl 65 beträgt.<br />

Der Pächter der Lehrerwohnung, Fritz Schröder, mußte am 15. März 1920<br />

ausziehen, weil die Eltern des Lehrers vom 1. April ab die Wohnung<br />

benutzen mußten.


44<br />

Auf Wunsch der Kinder fand in diesem Jahre eine Weihnachtsfeier statt.<br />

Durch eine Haussammlung wurden die Mittel für Geschenke flüssig<br />

gemacht. Mit den Schulkindern waren ungefähr 250 Menschen in dem<br />

kleinen Schulz<strong>im</strong>mer versammelt. <strong>Die</strong> Feier verlief sehr schön. <strong>Die</strong> Lieder<br />

wurden auf dem Harmonium des Lehrers begleitet.<br />

Von den beiden Schulbrunnen wurde der erste abgebrochen, da er<br />

überflüssig und das Wasser unbrauchbar war.<br />

Der Schulweg.<br />

Von großer Bedeutung für die Schulkinder der hiesigen Schule und den<br />

öffentlichen Verkehr ist die Anlage des Schulweges. <strong>Die</strong> Wegeverhältnisse<br />

in den regenreichen Zeiten waren bisher sehr traurig. Wenigstens 75 %<br />

der Schulkinder mußten dann mit nassen Füßen, wenn sie überhaupt<br />

durchkommen konnten, in der Schule sitzen. Um darin Abhilfe zu<br />

schaffen, unterbreitete der Lehrer in einer Gemeindeversammlung am 22.<br />

Jan. 1921 den Anwesenden die Anlage eines Schul- und Radfahrweges.<br />

Nachdem der Lehrer ihnen die Vorteile und die Art der Anlage mit den<br />

ungefähren Unkosten vor Augen geführt hatte, st<strong>im</strong>mten 30 Einwohner<br />

dem Plane freudig zu. Nun fragte der Lehrer be<strong>im</strong> Landratsamt um die<br />

Erlaubnis an. Da es Koppelwege waren, mußte sie von den<br />

Unterhaltungspflichtigen, zu denen auch Bauern aus Getelo gehörten,<br />

eingeholt werden. <strong>Die</strong> Frage wurde in einer Gemeindeversammlung in<br />

Getelo lebhaft erörtert, und das Ergebnis war,<br />

– neue Seite –<br />

daß die Anlage verboten werden sollte. Kurze Zeit darauf fand in Getelo<br />

eine Gemeindeausschußsitzung statt, und hier erreichte der Lehrer,<br />

nachdem er die Gründe der Ablehnung als unberechtigt bewiesen hatte,<br />

die Genehmigung. Es handelte sich nun in erster Linie darum, Pfähle an


45<br />

den Weg zu setzen, um das Befahren mit Wagen zu verhindern. Des<br />

teueren Holzes wegen wurde eine Sammlung in Uelsen abgehalten, die die<br />

nette Summe von 1095 M einbrachte. Dafür konnten die Pfähle längs des<br />

Holthuiser-Weges und des Querweges bei der Schule bis zur Grenze<br />

gekauft werden. Nun begann die Arbeit. <strong>Die</strong> Pfähle wurden eingeschlagen,<br />

der Weg schräg abgestochen und Sand daraufgeschüttet. Drei Tage<br />

arbeiteten die 30 Mitglieder fleißig daran, und da war er fertig.<br />

Nun wurden einige Bauern in Getelo auch anderen Sinnes. Freiwillig<br />

spendeten sie Pfähle für den mittleren Weg, und so entstand auch hier ein<br />

Schul- und Radfahrweg. Unserem Beispiel folgten auch die Bewohner des<br />

Grenzweges. Jeder von ihnen lieferte 12 bez. 13 Pfähle, und nach einigen<br />

Tagen war auch dort der Weg fertig.<br />

So hat in kurzer Zeit jeder Hauptweg einen Fuß- und Radfahrweg<br />

erhalten, der, nach der Best<strong>im</strong>mung vom Gemeindeausschuß in Getelo,<br />

die Bezeichnung „Schulweg“ führen muß.<br />

Am 1. April 1920 wurde die geistliche Kreisschulinspektion, die bis dahin<br />

Herr Pastor Busse in Lage hatte, aufgehoben. Sie wurde Herrn Lehrer de<br />

Vries in Esche übertragen. Hauptamtlich wurde sie am 1. 7. 1920. Herr<br />

Rektor Valentin in Osnabrück wurde zum kommissarischen Kreisschulrat<br />

für den Kreis <strong>Benthe<strong>im</strong></strong> mit dem Wohnsitz in Nordhorn ernannt.<br />

Durch ein Mißverständnis hatte der Briefbote Veddeler aus Uelsen für die<br />

Anlage des Schul- und Radfahrweges<br />

– neue Seite –<br />

nur 5 M gezeichnet, obwohl er den größten Nutzen davon hatte. Um nun<br />

das Versäumte nachzuholen, stiftete er noch sechs Kastanienbäume, die<br />

an der Ostseite des Schulplatzes und auf dem Hofe angepflanzt wurden.


46<br />

Ostern 1921 wurden 3 Knaben und 6 Mädchen entlassen. In den<br />

Osterferien wurde das Klassenz<strong>im</strong>mer mit den Bänken, Schränken und<br />

Türen gestrichen.<br />

Das neue Schuljahr begann am 6. April 1921. Es wurden 11 Kinder, 5<br />

Knaben und sechs Mädchen, neu aufgenommen. <strong>Die</strong> Anzahl der Schüler<br />

beträgt 66.<br />

24.8.21. Valentin<br />

Das Weihnachtsfest wurde in diesem Jahre wieder am 24. Dez. abends<br />

festlich gefeiert. Selbst aus den umliegenden Ortschaften waren Leute<br />

gekommen, so daß der Klassenraum nicht alle Festteilnehmer fassen<br />

konnte. Angesichts des strahlenden Tannenbaums unter Vorträgen,<br />

Wechselgesprächen und Liedern, die vom Lehrer auf seinem Harmonium<br />

begleitet wurden, das zu dem Zwecke in die Klasse geschafft war, ging der<br />

Abend schnell dahin. Zum Schlusse brachte der Weihnachtsmann<br />

Geschenke, die für den Ertrag einer Haussammlung in Höhe von 1450 M<br />

erstanden waren.<br />

Besonders heftig tritt in diesem Winter 1921/22 die Grippe auf. Starker<br />

Frost mit eisigem Ostwind machen an vielen Tagen einigen Kindern den<br />

Schulweg unmöglich, so daß häufig 15 – 25 Kinder fehlen. Der Wind ist<br />

zuweilen so stark, daß selbst größere Kinder in die Gräben geschleudert<br />

werden.<br />

Ostern 1922 wurden 5 Knaben und 1 Mädchen entlassen. Das neue<br />

Schuljahr begann am 20. April. Es wurden 9 Kinder neu aufgenommen.<br />

<strong>Die</strong> Anzahl der Kinder beträgt 69.<br />

– neue Seite –


47<br />

Am 1. 7. 1922 fand eine stille Gedenkfeier anläßlich der erzwungenen<br />

Abtretung deutscher Gebiete Oberschlesiens und der Ermordung<br />

Rathenaus 20 statt.<br />

Am 11. 8. 1922 feierte die hiesige Schule die Wiederkehr des<br />

Verfassungstages. In würdiger Weise wurde in einem Vortrage der<br />

geschichtlichen Bedeutung dieses Tages gedacht und durch Lieder<br />

verherrlicht.<br />

24. 8. 22 Valentin<br />

Am 19. Nov. wurde ein Männer-Gesangverein gegründet. Er zählte 35<br />

Mitglieder. In jeder Woche wurde 1 ½ Std. geübt. In der anschließenden<br />

Unterhaltungsstunde wurden He<strong>im</strong>atgeschichten erzählt oder vorgelesen.<br />

Da die Mitglieder sich viele Mühe <strong>im</strong> Singen gaben, konnte der<br />

Gesangverein verschiedene Weihnachtslieder unter dem strahlenden<br />

Tannenbaum mehrst<strong>im</strong>mig (3- u. st<strong>im</strong>mig) vortragen, so daß das Fest<br />

auch in diesem Punkte zur größten Zufriedenheit verlief.<br />

Da die Kinderzahl 69 beträgt, somit die Schule laut Gesetz als überfüllt<br />

anzusehen ist, dringt die Regierung schon wiederholt auf Anstellung einer<br />

2. Lehrkraft. Trotz des Einverständnisses vieler Eingesessenen, das durch<br />

die Propaganda des Lehrers erzielt wurde,<br />

– neue Seite –<br />

ist doch die St<strong>im</strong>menmehrheit auf der Gegenseite, da Getelo dagegen ist.<br />

Es wurden mehrere Versammlungen anberaumt, und <strong>im</strong>mer wieder<br />

erklärte der Vorsteher Beckmann aus Getelo, daß durch eine höhere<br />

Bildung die Lust zum „Ausmisten des Kuhstalles“ genommen würde. Das<br />

20 Walther Rathenau (1867 - 1922) war ein deutscher Industrieller, Schriftsteller und liberaler Politiker (DDP). Er<br />

wurde als Reichsaußenminister am 24. Juni 1922 in Berlin-Grunewald Opfer eines politisch motivierten<br />

Attentats der Organisation Consul.


48<br />

beste Beispiel sei die landwirtschaftliche Winterschule in Neuenhaus:<br />

Zigarettenrauchen, Biertrinken, belegte Butterbroteessen sei wohl der<br />

Hauptgewinn ihres Besuchs. Außerdem sei das Steuerverhältnis von G. :<br />

G-moor 14 : 1, somit hätte Getelo die ganzen Unkosten zu tragen. Sein<br />

Vorschlag, die 2. Lehrkraft abzulehnen und <strong>im</strong> Notfalle die Gastschulkinder<br />

aus Hesingen und Itterbeckermoor auszuschulen, wurde mit<br />

St<strong>im</strong>menmehrheit angenommen.<br />

Vorsteher Beckmann wurde auf sein Gesuch hin um Befreiung von seinem<br />

Amte, da die Unzurechnungsfähigkeit seines ältesten Sohnes sich<br />

verschl<strong>im</strong>mert hatte, durch den neugewählten Kolon Höllmann in Getelo<br />

abgelöst.<br />

Ostern 1923 wurden 12 Kinder entlassen und 5 Kinder, 4 Knaben u. 1<br />

Mädchen, neu aufgenommen, so daß die Kinderzahl 69 beträgt.<br />

23. 8. 23 Valentin<br />

Nachdem schon vor zwei Jahren drei Morgen Land von dem neben der<br />

Schule liegenden Grundstücke des Landwirts Markflüwer aus Getelo<br />

enteignet waren, begann in diesem Sommer der Bau einer Dreifamilien-<br />

Wohnung für Grenzbeamte. Trotz […]

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