Bericht Roger Tinguely, Restaurator HFG/FH - Kanton Bern
Bericht Roger Tinguely, Restaurator HFG/FH - Kanton Bern
Bericht Roger Tinguely, Restaurator HFG/FH - Kanton Bern
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<strong>Roger</strong> <strong>Tinguely</strong> <strong>Restaurator</strong> <strong>HFG</strong>/<strong>FH</strong> Hohgantweg 1c CH-3612 Steffisburg Tel. 033 438 80 75<br />
Dokumentation über die Konservierung und Restaurierung<br />
Der historischen Raumausstattung an der Hohengasse 35 in Burgdorf<br />
1. Identifikation<br />
1.1 Objekt / Standort: Bemalte Decke mit Wandfläche aus Sandsteinquader,<br />
Hohengasse 35 in 3400 Burgdorf<br />
1.2 Datierung: Letztes Viertel des 17. Jahrhunderts<br />
1.3 Künstler: Ev. Antoni Schmalz II, Nach Stichvorlagen von Johann Conrad<br />
Reuttimann von 1678, aus Augsburg 1<br />
1.3 Bauherrschaft: Familie Riatsch - Sulmoni, Hohengasse 35 in 3400 Burgdorf<br />
1.4 Denkmalpfleger: Herr Hanspeter Ruch, Denkmalpflege des <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong><br />
Münstergasse 32 in 3011 <strong>Bern</strong><br />
1.7 <strong>Restaurator</strong>: <strong>Roger</strong> <strong>Tinguely</strong>, <strong>Restaurator</strong> <strong>HFG</strong> / <strong>FH</strong><br />
Hohgantweg 1c in 3612 Steffisburg<br />
2. Einleitung<br />
Bei der Demontage der Wand- und Deckenvertäfelung sind Teile einer Raumausstattung aus<br />
dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts freigelegt worden. Dabei handelt es sich auf der<br />
Seite Rütschelengasse um eine Wandfläche aus Hellgrau lasierten Sandsteinquader mit<br />
scharrierter Oberfläche und aufgemaltem Fugenstrich Abb. 01. Zwischen den Balken im<br />
Anschluss zur Decke befinden sich Dekorationsmalereien Abb. 05. Auf der Nordseite erkennt<br />
man in der Ecke das Relief von einem abgebauten Kachelofen Abb. 02. Die Wandfläche links<br />
davon ist mit einem Kalkmörtel verputz und trägt aufgemalte Quadersteine. Der ursprüngliche<br />
Raum war grösser und wurde Richtung Westen durch den Einbau des Badezimmers gestört.<br />
Aus statischen Gründen wurde die Decke mit drei neuen Balken abgestützt. Die über den<br />
originalen Balken liegenden, bemalten Bretter wurden zersägt und zwischen den Balken auf<br />
Dachlatten wieder montiert.<br />
Die Deckenbretter und Balken sind mit einer Grisaillemalerei dekoriert. Ihre Motive sind<br />
Akanthusranken, die in Leimfarbentechnik ausgeführt sind Abb. 03.<br />
Abb. 01 Ostseite, Sandsteinquader mit Nische<br />
Abb. 02 Nordseite, Rechts Relief von Kachelofen<br />
1 Siehe <strong>Bericht</strong> von Dr. phil. Georges Herzog von Denkmalpflege des <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong>
Restaurierungsbericht über das Rauminterieur, Hohengasse 35 in Burgdorf Seite 2<br />
Die bemalten Deckenbretter sind auf der Seite Rütschelengasse, bis zu dreiviertel erhalten<br />
geblieben Abb. 06. Die Sondierungen nach weiteren bemalten Brettern im Boden des darüber<br />
liegenden Stockwerks blieben erfolglos.<br />
Auf der Südseite erkennt man die ursprüngliche Profilierung der Fenstereinfassungen und<br />
Spuren einer zurück gearbeiteten Sandsteinkonsole, die mit der bemalten Decke gerechnet<br />
hat Abb. 04.<br />
Abb. 03 Detail der zersägten und wieder<br />
montierten Bretter<br />
Abb. 04 Fenstereinfassung mit Spuren einer<br />
Konsole, die an den bemalten Balken schliesst<br />
Abb. 05<br />
Unterzuges<br />
Detail eines später eingebauten<br />
Abb. 06 Deckenbretter nach der Demontage 2<br />
3. Schadensbefund<br />
3.1 Wandfläche aus Sandsteinquader<br />
• Starke Oberflächenverschmutzung, besonders im Bereich des Kachelofens<br />
• Zurückgearbeitete Sandsteinquader, die in Zusammenhang mit dem Einbau des<br />
Kachelofens stehen<br />
• Teilweise fehlender Fugenmörtel mit aufgemaltem Fugenstrich<br />
2 Die zersägten Bretter wurden durch Frau Martina Sulmoni in Bezug gestellt!
Restaurierungsbericht über das Rauminterieur, Hohengasse 35 in Burgdorf Seite 3<br />
• Diverse Beschädigungen durch Einbau von Holzzapfen für die Befestigung der<br />
Vertäfelung<br />
3.2 Bemalte Decke<br />
• Deckenbretter wurden mit einer Kreissäge in ca. 1 m Stücke zersägt. Es entstanden<br />
Beschädigungen am Holzträger und der Malschicht<br />
• Oberflächenverschmutzung<br />
• Die bemalte Leinwandkaschierung fehlt oder hat sich vom Holzträger gelöst<br />
4. Konzept für Konservierung und Restaurierung<br />
4.1 Wandfläche aus Sandsteinquader<br />
Abb. 07 Detail Reinigungsmuster der Wand<br />
• Trockenreinigung mit Tapetenschwamm<br />
• Entfernen der Holzzapfen und Kitten<br />
mit Sandsteinersatz<br />
• Aufmörteln der zurück gearbeiteten<br />
Sandsteinquader und rekonstruieren<br />
der Oberflächenbehandlung<br />
• Verfugen der Sandsteinquader<br />
• Lasieren der reparierten Stellen<br />
• Aufmalen von Fugenstrich<br />
4.2 Bemalte Decke<br />
Abb. 08 Detail von verleimtem Brett<br />
• Trockenreinigung mit Tapetenschwamm<br />
• Fixieren der losen Leinwandkaschierung<br />
• Verkleben der Bretter unter<br />
Berücksichtigung vom Materialverlust<br />
durch die Kreissäge<br />
• Retuschieren der Fehlstellen<br />
• Fehlende Bretter werden in einem<br />
ersten Arbeitsgang Hellgrau<br />
gestrichen
Restaurierungsbericht über das Rauminterieur, Hohengasse 35 in Burgdorf Seite 4<br />
5. Ausgeführte Massnahmen<br />
5.1 Bemalte Decke<br />
In einem ersten Arbeitsgang wurden die bemalten Bretter mit dem Tapetenschwamm trocken<br />
gereinigt. Die Bereiche mit loser, bemalter Leinwandkaschierung, die ursprünglich über die<br />
Bretterfugen gespannt waren, wurden auf den Holzträger zurückgeklebt Abb. 09-10.<br />
Die zersägten Bretter wurden mit Holzdübel unter Berücksichtigung des Materialverlustes<br />
durch die Kreissäge wieder zusammen geleimt Abb. 08. Alle Ergänzungen und die fehlenden<br />
Bretter wurden als Zäsur mit neuem Holz gefertigt 3 .<br />
Der eingesetzte Holzspan und alle störenden Fehlstellen in der Malschicht wurden retuschiert.<br />
Die Zäsuren und die Ergänzungen wurden in einem ersten Schritt hellgrau gestrichen. Aus<br />
ästhetischen Gründen wurde entschieden die Fehlstellen anhand der Stichvorlagen zu<br />
rekonstruieren. Die Rekonstruktionen wurde leicht heller ausgeführt, damit diese als solche<br />
ablesbar bleiben Abb. 13-18.<br />
Abb. 09 Lose Leinwandkaschierung<br />
Abb. 10 Fixierte Leinwandkaschierung<br />
Abb. 11 Nach der Demontage der Unterzüge<br />
Abb. 12 Situation über dem Badezimmer<br />
3<br />
Ausführung: Bruno Pfister, Zimmermann und Schreiner der Kühni Holzbau AG in Ramsei
Restaurierungsbericht über das Rauminterieur, Hohengasse 35 in Burgdorf Seite 5<br />
Abb. 13 Nach Restaurierung, fehlende<br />
Bereiche sind für die Rekonstruktion hellgrau<br />
grundiert<br />
Abb. 14 Nach der Rekonstruktion, die hellgraue<br />
Zäsur markiert die fehlenden Bretter<br />
Abb. 15 Vor der Rekonstruktion<br />
Abb. 16 Nach der Rekonstruktion<br />
Abb. 17 Während der Rekonstruktion<br />
Abb. 18 Nach der Rekonstruktion
Restaurierungsbericht über das Rauminterieur, Hohengasse 35 in Burgdorf Seite 6<br />
Abb. 19 Endzustand Detailaufnahme<br />
Abb. 20 Endzustand Detailaufnahme<br />
5.2 Wandfläche aus Sandsteinquader<br />
Die Oberflächenverschmutzung wurde mit dem Tapetenschwamm trocken gereinigt. Alle<br />
Holzzapfen wurden entfernt und mit Sandsteinersatz gekittet.<br />
Die stark zurück gearbeiteten Sandsteinquader wurden mit Trassmörtel aufgebaut und die<br />
Oberflächen originalgetreu behauen 4 . Die Fehlstellen der später eingebauten Unterzüge<br />
wurden mit Sandstein geschlossen. Mit einer Lasur aus Mineralfarbe wurden die Flickstellen<br />
lasiert. Der teilweise fehlende Fugenmörtel wurde ergänzt und der Fugenstrich aufgemalt.<br />
Die Malerei zwischen den Balken wurde retuschiert und die fehlenden Bereiche des sich<br />
wiederholenden Motivs ergänzt.<br />
Abb. 21 Während der Reinigung<br />
Abb. 22 Endzustand der Wandfläche<br />
4 Ausführung: Aebersold Steinhauerei, Burgdorf
Restaurierungsbericht über das Rauminterieur, Hohengasse 35 in Burgdorf Seite 7<br />
6. Materialangaben<br />
Wandfläche und Decke<br />
Oberflächenreinigung:<br />
Trassmörtel:<br />
Mineralfarbe Lasur und<br />
Fugenstrich:<br />
Retuschen Wand:<br />
Retuschen Decke:<br />
Fixierung<br />
Leinwandkaschierung:<br />
Holzgrundierung:<br />
Rekonstruktionen:<br />
Produkte<br />
Tapetenschwamm Akadchemie hart gelb, Hamburg<br />
Sandsteinersatz Urs Bridefaux <strong>Bern</strong><br />
SAX Oekosil Organosilikat, Urdorf<br />
SAX Oekosil Transparent weisslich, stark verdünnt mit<br />
Pulverpigmente<br />
Lascaux Water Resoluble Medium 2035, Wasserlösliches<br />
Medium auf Methylcellulosebasis, 10% in dest. Wasser<br />
Pulverpigmente von Kremer und Lucas Titandioxid Weiss,<br />
Rebschwarz, Eisenoxid Schwarz, Ockergelb<br />
Lascaux Heiss-Siegelkleber 375 Film<br />
SAX Kasein-Tempera, Urdorf<br />
Lascaux Aquacryl Color & Restauro Diethelm AG<br />
Permanent Schwarz 871, Titanweiss 880, Transoxid Gelb<br />
861, Transoxid Olivebraun 860<br />
7. Anhang<br />
7.1 Dokumentation<br />
Diese Dokumentation enthält:<br />
7 Seiten Text, mit digitalen Abbildungen die auf CD-Disc in pdf-Format gespeichert sind.<br />
4 Seiten mit 8 s/w Abzügen im Format 10x15 cm<br />
Spezialaufnahmen 6x6 s/w und in Farbe, wurden durch den Fotografen Beat Schertenleib von<br />
der Denkmalpflege des <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong> ausgeführt<br />
Alle s/w – Negative werden bei der Denkmalpflege archiviert<br />
Diese Dokumentation ist hinterlegt bei:<br />
• Familie Riatsch – Sulmoni, Hohengasse 35 in 3400 Burgdorf<br />
• Denkmalpflege des <strong>Kanton</strong>s <strong>Bern</strong>, Münstergasse 32 in 3011 <strong>Bern</strong><br />
• <strong>Roger</strong> <strong>Tinguely</strong>, <strong>Restaurator</strong> <strong>HFG</strong>/<strong>FH</strong>, Hohgantweg 1c in 3612 Steffisburg<br />
Steffisburg, den 29.6.2007<br />
<strong>Roger</strong> <strong>Tinguely</strong> <strong>Restaurator</strong> <strong>HFG</strong>/<strong>FH</strong>