Karl-Heinz Peschke WIRTSCHAFT AUS ... - Ordo Socialis
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Qualifikation der Arbeitnehmer abhängt, ein Arbeits- und Unternehmensethos und schließlich<br />
Kapitalbildung, die ihrerseits Sparbereitschaft voraussetzt. 55 Die europäischen Staaten brauchten<br />
mehrere Jahrzehnte, um die Armut der großen Massen im Prozess der Industrialisierung zu ü-<br />
berwinden und zufriedenstellende wirtschaftliche Verhältnisse für alle zu erreichen. Den Armen<br />
wird nicht dadurch geholfen, dass man utopische Ideale eines sofortigen wirtschaftlichen Wohlstandes<br />
zum politischen Programm erhebt. 56 Gefragt ist der Mut zu kleinen Schritten.<br />
Auf der Suche nach einem Kompromiss zwischen Kapitalismus und Marxismus kann die Wirtschaftspolitik<br />
in die Versuchung kommen, schwache ökonomische Anreize mit einem bürokratischen<br />
Sozialismus zu kombinieren. Das sind halbe Lösungen, die am Ende niemandem gefallen.<br />
57 Wirtschaftliche Anreize müssen stark sein und richtig gesetzt werden. Die Förderung kleiner<br />
und mittlerer Unternehmen verdient Priorität.<br />
55 „Die Wirtschaftsgeschichte vom Frühkapitalismus bis in die Gegenwart lässt keinen Zweifel darüber, dass der wirtschaftliche<br />
Aufstieg der Völker [. ..] hauptsächlich von drei Faktoren abhängt, von der Qualifizierung der Arbeiterschaft, vom Unternehmergeist<br />
und von der Kapitalbildung“ (]. Messner: Das Unternehmerbild in der katholischen Soziallehre, Köln 1968 [ = Beiträge zur<br />
Gesellschaftspolitik 3], 15).<br />
56 Wirtschaftlicher Fortschritt in den lateinamerikanischen Ländern, wie auch in anderen Entwicklungsländern, setzt grundlegende<br />
Wandlungen voraus, die sehr viel umfassen müssen: „die Einstellung der Menschen zur individuellen und zur gemeinsamen<br />
Arbeit; das Verhalten der politischen Führung und der Beamtenschaft; die Herrschaftsstrukturen auf kommunaler, regionaler<br />
und nationaler Ebene; die Eigentumsverhältnisse; die Organisation des Außenhandels; die Ausbildung und das Verhalten der<br />
Unternehmerschaft [. ..] die Rüstungspolitik.“ Jede partielle Änderung an diesen Faktoren kann das Gegenteil dessen hervorrufen,<br />
was beabsichtigt ist. „Eine Verstaatlichung der Produktionsmittel kann, wenn alles andere gleich bleibt, zu noch größerer<br />
Korruption führen, die Ungleichheit der materiellen Lebensbedingungen kann sich dadurch vergrößern und die Versorgung der<br />
Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern verschlechtern“ (H. Sautter: Armut und Reichtum auf Weltebene, 54).<br />
57 Denis Goulet ist der Meinung, dass besonders die christlichen Demokraten Lateinamerikas diesem unglücklichen Kompromiss<br />
zum Opfer gefallen sind. Er verweist im besonderen auf die Experimente in Chile unter Frei (1964—1970) sowie in Venezuela<br />
unter Rafael Caldera (1969—1974) und Herrera Campins (1979 ff.). Seine Überlegungen sind der Beachtung wert („Economic<br />
Systems, Middle Way Theories, and Third World Realities“, in: Readings in Moral Theology No. 5: Official Catholic Social<br />
Teaching, hrsg. v. C. E. Curran / R. A. McCormick, New York: Paulist Press 1986,347—349).<br />
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