Karl-Heinz Peschke WIRTSCHAFT AUS ... - Ordo Socialis
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der Wirtschaft.) Auch diese in den Gliedern der Gesellschaft verwirklichten Güter und Werte<br />
gehören zu den oben erwähnten Bedingungen gesellschaftlichen Lebens, die es den Menschen<br />
ermöglichen, ihre Vervollkommnung und die ihnen gesetzten Ziele besser zu erreichen.<br />
Das Gemeinwohl darf ferner nicht nur in kurzfristigen Vorteilen für die lebende Generation gesehen<br />
werden, sondern schließt auch die Zukunft der Gesellschaft mit ein. Deshalb muss die<br />
Wirtschaft auch die Folgen ihrer Tätigkeit für die Umwelt oder die Familie mit berücksichtigen<br />
sowie die Notwendigkeit von Forschungsinvestitionen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft<br />
zu erhalten. Bedürfnisse, die mit dem Gemeinwohl in Konflikt stehen, dürfen von der<br />
Wirtschaft nicht befriedigt werden. Erst recht dürfen sie nicht aus Gewinnsucht künstlich geschaffen<br />
werden.<br />
Das Gemeinwohl soll den Menschen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben helfen, denen sie selbst<br />
nicht oder nicht gut genug nachkommen können. Seine Funktion ist deshalb subsidiär und komplementär.<br />
Daraus folgt, dass das Gemeinwohl kein Selbstzweck ist. Es steht im Dienste noch<br />
höherer Ziele. Für Johannes Messner sind diese höheren Ziele die existentiellen Zwecke der<br />
Menschen. „Das Gemeinwohl [besteht] in der Hilfe für alle Gesellschaftsglieder bei der Erfüllung<br />
der ihnen durch die existentiellen Zwecke zugewiesenen Lebensaufgaben.“ 15 Diese Zwecke<br />
sind folglich auch das oberste Ziel wirtschaftlicher Tätigkeit. 16 Sie sind nach Messner die folgenden:<br />
17<br />
• Selbsterhaltung, einschließlich körperlicher Unversehrtheit und gesellschaftlicher Achtung;<br />
• Selbstvervollkommnung, einschließlich der Erweiterung des Wissens und der Verbesserung<br />
der Lebensbedingungen;<br />
• Ehe und Kindererziehung;<br />
• Sorge um das Wohl der Mitmenschen;<br />
• gesellschaftliche Verbindung zur Förderung des Gemeinwohls;<br />
• Hingabe an das Gute in seiner absoluten, transzendenten Form, besonders durch die Verbundenheit<br />
mit Gott und seine Verehrung.<br />
Um solche Ziele geht es bei der Forderung, dass die wirtschaftliche Produktion „die Befreiung<br />
des Menschen, seine Unterweisung, seine kulturelle Entwicklung und die Möglichkeit, sich kultureller<br />
Tätigkeit hinzugeben“, fördere. 18<br />
Die existentiellen Zwecke sind die Kriterien für die vom Gemeinwohl zu erfüllenden Aufgaben.<br />
Sofern es sich um mehrere Zwecke handelt, können jedoch Situationen entstehen, in denen zwei<br />
oder mehrere von ihnen in Konflikt geraten, aber nur einer erfüllt werden kann. So kann z.B. die<br />
Dialyse das einzige Mittel sein, um das Leben eines an einem Nierenschaden leidenden Menschen<br />
zu erhalten; die Familie des Kranken mag aber zu arm und die Finanzen eines Entwicklungslandes<br />
mögen dringender für andere Aufgaben des Gemeinwohls benötigt werden. Selbst in<br />
entwickelten Ländern entsteht die gleiche Situation, wenn eine Herztransplantation erforderlich<br />
ist. Oder: Das Gut der Ehe kann sich für die Sorge um das geistige und materielle Wohl der<br />
Mitmenschen als ein Hindernis erweisen. Wie können solche Konflikte gelöst werden? Nach<br />
welchem Kriterium werden die Prioritäten der verschiedenen Zwecke geordnet? Die Lösung<br />
liefert das Kriterium des letzten Zieles des Menschen.<br />
15 J. Messner: Das Naturrecht, 195.<br />
16 Siehe Anmerkung 2.<br />
17 J. Messner: Das Naturrecht, 42. Der Umfang des letzten Zieles (Zweckes) ist vom Verfasser dieses Textes etwas ausgeweitet<br />
worden.<br />
18 Luigi Lorenzetti: Trattato di etica teologica. Bd. 3, Bologna: EDB 1981,78.<br />
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