Palastbauten Skriptum - Deutsche Schule Rom
Palastbauten Skriptum - Deutsche Schule Rom
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Der Palazzo Farnese - ein Gegenpol zum Palazzo Caprini<br />
Der Palazzo Caprini hat zwar in <strong>Rom</strong> und anderen italienischen Städten eine große Nachfolge gefunden, er blieb<br />
aber nicht ohne Konkurrenz. Noch größere Wirkung auf den römischen Palastbau erlangte der Palazzo Farnese,<br />
mit dem Kardinal Alessandro Farnese - der nachmalige Papst Paul III. - seinen ehrgeizigen Anspruch zum<br />
Ausdruck brachte. Das Projekt, das Antonio da Sangallo d. J. 1516/17 begann, wurde 1534 nochmals erweitert.<br />
Eine spätere Beteiligung Michelangelos (1546-49) führte zu wichtigen Veränderungen in den oberen Stockwerken.<br />
Mit dem Außenbau schuf Sangallo einen Gegenpol zu den Palästen im Sinne Bramantes, denn es ging ihm nicht<br />
um die Unterscheidung von Sockelgeschoß und 'piano nobile', sondern um den Baukörper in seiner<br />
Gesamtheit, den großen Palastkubus.<br />
Sangallo schuf hier nicht weniger als ein kongeniales Äquivalent zu den Bauten der römischen Antike, er<br />
versuchte, deren Großartigkeit auf den modernen Palastbau zu übertragen, und damit schuf er für den städtischen<br />
Profanbau ein Paradigma der 'maniera grande' der römischen Hochrenaissance.<br />
• Als Fenster verwendete Antonio da Sangallo Rechteckfenster im Erdgeschoß und Ädikulafenster mit<br />
Säulen in den oberen Stockwerken.<br />
• Hinzu kommt jeweils ein weiteres, horizontal durchlaufendes Gesims: es verbindet den unteren Abschluß<br />
der Fenster. Dadurch werden die Fenstermotive in die horizontal ausgerichtete Front eingebunden.<br />
• Die Fenster haben kleinen Säulen und es wechseln sich Dreiecksgiebel mit Giebeln in Form eines<br />
Bogensegments ab, was im europäischen Palastbau in der Folge eine Standardlösung geworden ist.<br />
• Diese Schmuckformen gewinnen aber nie die Oberhand sondern ordnen sie sich dem großen Palastkubus<br />
unter. Alles ist in dieser Fassade auf monumentale Ruhe gestimmt, auf Festigkeit und auf eine selbstverständlichsichere<br />
Ordnung im Ganzen.<br />
Zweierlei veränderte Michelangelo an dieser Front bei seinem Umbau 1546-49:<br />
Erstens erhielt die Fenstergruppe über dem Portal keinen Giebel, dafür aber Säulen und Pilaster in dichter<br />
Anordnung. Das Fenster über dem Portal wird dadurch zu einer aufwendigen Ehrenloge, die festlichrepräsentative<br />
Auftritte ermöglicht und darüber hinaus einen immerwährenden repräsentativen Akzent setzt durch<br />
die Massierung der architektonischen Motive und die großen Wappenschilde zum Ruhme des Hausherrn. Das<br />
Ganze ist in der direkten Verbindung mit der schweren Rustika des Portals von einiger pathetischer Wirkung.<br />
Die zweite Veränderung bedeutet materiell nur wenig, für den Gesamtcharakter des Gebäudes aber viel:<br />
Michelangelo erhöhte das dritte Stockwerk und setzte ein ungewöhnlich weit ausladendes Gesims darauf, ein<br />
schweres, wuchtiges Kranzgesims. Dadurch erhält der Palast eine freie, hohe Stirn und eine mächtige<br />
zusammenfassende Bekrönung in der Höhe. Auf diese Weise ließ sich die nicht geringe Monumentalität des<br />
Sangallo-Projekts noch einmal steigern.