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phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />
die schräge.<br />
Die senkrechte Haltung des Leibes ist in einem Körperorgan<br />
abgesichert, dessen Sitz im Innenohr ist, also im Kopf,<br />
an der Stelle der möglicherweise stärksten Irritationen<br />
dieser Haltung. Das Organ, der Schneckengang, sorgt dafür,<br />
dass der Rumpf und die Glieder bei allen Bewegungen räumlich<br />
kontrolliert werden. Die Vertikale, eine physikalische Kategorie,<br />
zugleich eine Koordinate des Leibraumes, wird so schon als<br />
biologische Struktur zu einer idealen Vorgabe für den Raum<br />
ringsum, auch für den Raum der Architektur. Ich nannte die<br />
vertikale Gestik der gebauten Dinge ein Urphänomen, weil<br />
Leib und Architektur in ihm unausweichlich korrespondieren.<br />
Die Schräge von Wänden und Böden bestimmt in allen<br />
Phasen der Architekturgeschichte das Spiel der Irritation<br />
dieser räumlichen Ordnung. Im Alltagsleben sorgen schon<br />
geringe Abweichungen von der Senkrechten bzw.<br />
der Horizontalen für Aufregung, etwa das Gefälle einer Straße,<br />
die Neigung einer Rampe oder die Böschung des Geländes<br />
vor dem Haus. Sie werden von unserem Ordnungssinn<br />
nur akzeptiert, wenn die Abweichungen in naher Umgebung<br />
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