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phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />
der Monumental-architektur, die dem Körper etwas<br />
Unbegreifliches gegenüberstellt, das schaudern macht.<br />
Das Zeichen auf dem Sockel, auch das erhabene Bauwerk,<br />
bleibt kalt, denn es ist ein Zuruf aus der Welt des Todes gegen<br />
den Tod. Trotzdem, vielleicht gerade deshalb, wird es in der<br />
Nähe des Lächerlichen empfunden, in die es leicht umkippen<br />
kann. Wer kann es schon wagen, dem Tod entgegenzutreten?<br />
An allen historischen Beispielen von Turmarchitektur<br />
ist ablesbar, wie neben den pragmatischen Gründen<br />
für die schlanke, vertikale Figur (das kleine Grundstück,<br />
die Dichte der Funktionsflächen, der offene Blick) sofort<br />
auch die Symbolwirkung in Rechnung gestellt wurde,<br />
die unverkennbare Machtgeste, die in der erotischen Figur<br />
erscheint. Genauso bedeutend wie die Aufrichtung ist<br />
die Zerstörung dieser Türme.<br />
Das trifft genauso auf die allmähliche Dekonstruktion der<br />
Geschlechtertürme von Bologna zu wie auf den Terroranschlag<br />
auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001.<br />
Auf die Ankündigung der Stärke folgt mit der gleichen<br />
Brutalität die Ankündigung der Schwäche, beides ein<br />
szenischer Vorgang, der nur im Kontext mit seinem Umraum<br />
dort und meinem Leib hier zu verstehen ist: ein Stehender<br />
zwischen anderen Stehenden, der fällt.<br />
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