Dokument 1.pdf (703 KB)
Dokument 1.pdf (703 KB)
Dokument 1.pdf (703 KB)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />
die pathetische aufrichtung.<br />
Seit ein paar tausend Jahren richten Menschen Steine und<br />
Pfähle auf, um ihre Toten zu ehren. Offenbar ist die pathetische<br />
Aufrichtung ein Zeichen gegen den Tod, der als Fallen und<br />
Versinken in die Erde vorgestellt wird.<br />
An wichtigen Orten aufgerichtete Dinge, besonders Pfähle,<br />
Masten und Türme werden – nicht nur angesichts des Todes –<br />
genutzt, das Leben, den Aufstieg und die Macht zu betonen.<br />
Diese Geste wird spontan als die eines sich erhebenden,<br />
stehenden Menschen gelesen, seit Freud wohl auch als<br />
Demonstration der männlichen Potenz. Günther Feuerstein<br />
spricht in der Architekturgeschichte, ganz im Sinne von<br />
C. G. Jung, von archetypischen Formen.<br />
Schon das Anheben eines Bauwerks oder eines Monumentes<br />
auf einen Sockel ist die Andeutung einer pathetischen Geste,<br />
die das Gebaute dem Zerfall entgegenhebt. In diesem Sinne<br />
ist ein erhabenes Objekt ein erhobenes, dem Tode entgegengesetztes.<br />
Das Bedeutende wird der Erde entrückt und<br />
damit aus der Nähe des Betrachters genommen, unnahbar<br />
gemacht, d.h. unsterblich. Distanz gehört zu den Gesten<br />
76