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phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />
und Rausch auslösen, wenn er dafür komponiert ist.<br />
So wirken zum Beispiel die Pfeilerreihen der indischen<br />
Königsstadt Vijannagarh auch Jahrhunderte nach dem<br />
Untergang der Herrscher pathetisch wie eine Anleitung<br />
zum prozessualen Gehen, so wie die Kolonnaden des Bernini<br />
in Rom die ehrfürchtige Annäherung der Christen an St. Peter<br />
vorführen, auch ohne die körperliche Gegenwart dieser<br />
Gläubigen. Die gebaute Form benutzt die gestische Erfahrung<br />
des Leibes, mit der Gestalt wird eine Handlung simuliert.<br />
Wenn wir Puls und Atem heftig spüren, sind damit<br />
bedrängende oder befreiende Gefühle verbunden, vielleicht<br />
äußerste Situationen beim Wettkampf, im Sport, beim<br />
Liebesakt usw. Bei den Tänzern der Afrikaner werden oft<br />
kosmische Phänomene, Blitz, Donner, Regen usw.,<br />
mit dem Schlagen und Pulsieren des Leibes assoziiert.<br />
Sie versuchen, die Entladungen der natürlichen Energie<br />
in passenden Folgen von Schritten, Sprüngen und Haltungen<br />
darzustellen. Das Battieren des akademischen Balletts, –<br />
das schnelle Schlagen eines Beins gegen das andere im<br />
Entrechat cinq z. B. – ist in umgekehrter Analogie zweifellos eine<br />
hochstilisierte Darstellung von natürlichen Körperrhythmen.<br />
Die Zahl der Schläge, d.h. das vitale Ereignis wird in der<br />
künstlerischen Form dargestellt. Trotz der hohen Stilisierung<br />
bleibt der Verweis auf das Körpererlebnis enthalten:<br />
Das künstlerische Ereignis verweist auf das vitale!<br />
Paul Valéry feiert die Ausdruckskraft einer solchen Entladung<br />
im Dialog ‘Eupalinos oder der Architekt’:<br />
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