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phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />

und ihre Höhepunkte haben. Die Architektur hat in allen<br />

Kulturlandschaften für solche Höhepunkte des Sichzeigens<br />

angemessenen Raum geschaffen. Die Zone der Türschwellen<br />

gehört traditionell dazu. Hier taucht das Hochzeitspaar<br />

zum ersten Mal öffentlich auf, hier zeigt sich der Herrscher,<br />

von hier wird jemand verstoßen. Deshalb gibt es unendlich<br />

viele Foto- und Filmszenen, die das Überschreiten einer<br />

Schwelle für die Erinnerung der Beteiligten festhalten.<br />

Bei den Schwellen sind die Ereignisse dichter, hier ist<br />

man gewöhnt, Spuren zu lesen, das Alter, die Geschichte.<br />

Hölzerne Schwellen von Klöstern, steinerne Kirchen- und<br />

Palastschwellen sprechen deutlich ihre Sprache, sie erlauben<br />

einen Blick zurück in die Zeit, die mit einem Ort verbunden ist.<br />

Mag sein, dass eine bestimmte Erfahrung des Leibes mit<br />

sich selbst dazu führt, den Schwellen hohe Aufmerksamkeit<br />

zuzuwenden. Mund, Ohren, Nase usw., alle aktiven Körperöffnungen<br />

sind Ausstülpungen und Einstülpungen der Haut<br />

jeweils da, wo die Haut des Körpers für kommunikative Kanäle<br />

durchstoßen wird. Hier zeigt der Leib seine ausdrucksvollsten<br />

Details, hier erzeugt er die wichtigsten Signale, hier vor allem<br />

liest er die Affekte ab. Es liegt nahe, die Empfindlichkeit<br />

für die Öffnungen des architektonischen Raumes in einem<br />

Gefühlszusammenhang mit den Organen des Leibes zu sehen.<br />

Aber auch hier gilt, dass es nicht eigentlich die äußeren<br />

Körperformen sind, die das gestische Instrumentarium der<br />

Architektur erklären helfen, sondern das Spüren des eigenen<br />

Leibes. Bei den Lippen entsteht der Ton der Stimme, in den<br />

Ohren sammeln sich die Geräusche der Umwelt, in den Augen<br />

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