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phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />

Schwellen verzichten vielleicht auf die Überhöhung des Bodens,<br />

der Türdurchgang ist nur farbig oder auch gar nicht von den<br />

Böden abgesetzt, was praktische oder symbolische Gründe<br />

haben mag. Im Mittelalter zog man häufig kräftige Schwellen<br />

vor, weil sie dem Türblatt einen unteren Anschlag verschafften<br />

und damit die Türen dicht machten gegen Ungeziefer,<br />

Wasser und Wind. Die gleiche Schwelle wäre heute Rädern und<br />

Füßen hinderlich. Andererseits ist auch heute eine Schwelle<br />

als Aufforderung zum Langsamsein häufig willkommen,<br />

sie macht das Eintreten wie das Austreten bewusst und sorgt<br />

in diesem Augenblick für eine angemessene körperliche Geste.<br />

Der Schritt über die Schwelle kann dem Eintretenden<br />

eine Gunst anzeigen, dem Austretenden aber auch den Verlust<br />

von Schutz, Geborgenheit, Sicherheit usw. An dieser Stelle,<br />

das spüren wir, indem wir den Fuß heben, geht etwas verloren,<br />

wird etwas gewonnen, jedenfalls kündigt sich die Veränderung<br />

des Schicksals an. Was die Körperhaltung beim Durchgang und<br />

über der Schwelle betrifft, so ist für einen Augenblick eine<br />

gewisse Enge als Bedrohung im Spiel. Da wird ja nicht nur<br />

der Fuß kontrolliert, mehr als sonstwo im Raum, auch das Herz<br />

zieht sich zusammen, man weiß, die räumliche Stimmung<br />

wird mit diesem Schritt umkippen. Von diesem Augenblick an<br />

– er ist ebenso eine Orts- wie eine Zeitbestimmung –<br />

ändern sich die Atemluft und die gefühlte Atmosphäre.<br />

Das Heraustreten des Leibes aus sich selbst, das auf<br />

andere Menschen Zugehen wird täglich durch das Anlegen<br />

von Kleidung, Schminke und Schmuck inszeniert,<br />

viele der Körpergesten sind Vorführgesten, die ihre Orte<br />

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