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phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />
um zwei Systeme von gestischen Ausdrucksformen,<br />
die sich aufeinander beziehen.<br />
Die Fülle der Korrespondenzen ist unübersehbar.<br />
Zum Beispiel das Gehen von Raum zu Raum zu Raum über<br />
die Mittelachse wie in einer italienischen Villa oder seitlich,<br />
an der Fassade entlang wie in einem französischen Schloss:<br />
Was für ein Unterschied im Gehabe des Leibes!<br />
Einmal das Schreiten auf einer gedachten Mittellinie,<br />
den Raum rechts und links gleichermaßen beherrschend,<br />
ein andermal die seitliche Begleitung von geschlossenen<br />
Szenen, Folgen von Bildern. Oder das Brüstungen-Bauen<br />
für die Stehenden und Gehenden in Europa, das Schließen<br />
des Raumes bis auf Fensterlöcher sowie das Besetzen<br />
der Wände mit Möbeln. In Japan ist man dagegen das Öffnen<br />
des Raums durch bodentiefe Türen für die auf dem Boden<br />
Sitzenden gewohnt, das bedeutet auch den Verzicht<br />
auf Möbel an den Wänden...<br />
Wie das Hocken auf der Erde als angemessene Haltung<br />
beim Disput der Männer durch Architektur erzwungen wird,<br />
das zeigt ein TO-GU-NA, ein Männerhaus der Dogon:<br />
sein monströses Dach wird bei 1,40 m überaus niedrig angesetzt<br />
und erlaubt das Stehen nicht. Wie das Im-Kreis-Sitzen<br />
demokratische Beschlüsse fördert, das hat Hans Schwippert<br />
beim ersten deutschen Bundeshaus in Bonn demonstriert, auch<br />
heute prägt diese Anordnung der Teilnehmer die Sitzungen<br />
im Berliner Reichstag. Wie das lineare Nebeneinander-Stehen<br />
in Reihen islamische Frömmigkeit demonstriert, das zeigt<br />
jede Moschee. Sie muss breit und rechteckig angeordnet sein,<br />
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