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die gestischen wirkungen der architektur<br />
Für die Gefühlsqualitäten Enge und Weite gibt es allerdings<br />
nicht nur ein vitales, sondern auch ein kulturelles Interesse.<br />
Seit Jahrtausenden versuchen Entwerfer bedeutender Bauten,<br />
die Betrachter zu täuschen. Einmal geht das Interesse<br />
der architektonischen Komposition auf Weite und Höhe,<br />
ein andermal auf Enge und Nähe, einmal auf Befreiung,<br />
einmal auf Einschränkung, ob nun bedrohlich oder<br />
verzaubernd. Das Programm der möglichen Affekte ist<br />
breit gefächert, es wechselt mit dem kulturellen Interesse,<br />
dem Planungsauftrag, der Geschicklichkeit des Baumeisters<br />
und der Erwartung des Betrachters. Zur Erzeugung<br />
der Gefühle von dicht dabei, sehr weit weg, unerreichbar,<br />
bedrohlich nah usw. steht ein Arsenal von Erfahrungen<br />
zur Verfügung, die nicht nur bevorzugte Maße, sondern<br />
dazu passende Geräusche, d. h. Echos, Materialoberflächen,<br />
Lichteffekte, ja Temperaturen, Feuchte, Glanz und<br />
Farbstimmungen betreffen. Solche Inszenierungen<br />
von Atmosphären folgen in den verschiedenartigen<br />
Kulturlandschaften jeweils spezifischen Idealen.<br />
Gerade die Andersartigkeit der Korrespondenz von Leib<br />
und architektonischem Raum macht u. a. einen großen Teil<br />
unserer Reiseerlebnisse aus. Dabei ist oft das Enge-Weite-<br />
Kalkül ein in der Fremde überraschendes, wobei der Umgang<br />
mit dem Nahraum um den Körper auf der ganzen Erde<br />
auch einige Konstanzen zeigt. Die Breite der Türen,<br />
die Höhe der Stühle und Tische, die Steigung der Treppen<br />
und dergleichen intime Maße schwanken nur gering, weil<br />
die entsprechenden Körpermaße, Fuß und Handspanne,<br />
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