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die gestischen wirkungen der architektur<br />
die geste der aufrichtung.<br />
die errichtung der vertikalen.<br />
Das Aufrichten des Leibes und das Aufrichten der Architektur<br />
ist eine der elementaren Gesten, die Leib und Architektur<br />
miteinander verbinden. Keine andere Ausdrucksqualität<br />
im architektonischen Raum hat die Eindringlichkeit<br />
dieser Gebärde. Es ist nicht primär eine ästhetische<br />
oder physikalische Eigenschaft gebauter Dinge, die dieser<br />
Suggestion zugrunde liegt, vielmehr ein „Verstehen”<br />
des Leibes, das die Aufrichtung der Architektur spontan<br />
als seiner eigenen Geste analog empfindet. Im Wahrnehmen<br />
zeigt sich die ausdruckhafte Übereinstimmung, nicht erst<br />
bei den Interpretationen begrifflicher Art.<br />
Jede Ecke, jede stehende Kante eines Gebäudes – das sind<br />
in der Tat Tausende in jeder Stunde unseres wachen Lebens –<br />
demonstriert diese Urgeste des Leibes, der sich phylogenetisch<br />
und ontogenetisch in die vertikale Haltung erhoben hat,<br />
um die er pendelt, die er bei jedem Schritt infrage stellt<br />
und wieder erobert. Sie bleibt bei allen Körperbewegungen<br />
eine elementare Gestaltidee, die geometrisch nie exakt<br />
dargestellt, die in Annäherungen aber immer umspielt wird<br />
und auch bei grotesken Abweichungen niemals verloren<br />
geht. Vielerlei Körperspiele, Gehen, Springen, Tanzen usw.<br />
haben für die Irritation und Wiederherstellung der vertikalen<br />
Erhebung rituelle Bilder und Bewegungsfolgen gefunden.<br />
Gerade die Störung des aufrechten Stehens scheint es<br />
zu sein, die die Leistungsfähigkeit des Körpers zu prüfen<br />
hilft und die zur Aufgabe kultureller Arbeiten wird,<br />
zum Beispiel zu einem der beliebtesten Motive der Skulptur.<br />
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