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die gestischen wirkungen der architektur<br />
wahrnehmung. gefühl. erkenntnis.<br />
Was die Motorik der Wahrnehmung betrifft: die Architektur<br />
wird vom Leib in einer Folge von Suchbewegungen durch<br />
Gehen, Kopf- und Körperdrehungen, Hören, Augenbewegungen,<br />
Tasten der Füße, Fühlen der Haut usw. erobert.<br />
Die Eigenschaften der gebauten Dinge werden dabei<br />
simultan erlebt, wobei synästhetische Erfahrungen<br />
gemacht werden. Indem wir sehen, spüren wir Kühle<br />
und Wärme, indem wir hören, machen wir Gleichgewichtserfahrungen,<br />
indem wir gehen, schätzen wir die Entfernung<br />
der Dinge ab usw. Außerdem finden wir das Wahrgenommene<br />
nicht nur sinnlich vor, es ist vielmehr in Gefühlssituationen<br />
eingebettet, die Erinnerungen und Wünschen entsprechen,<br />
von denen es sich abhebt. Ein Bauwerk betreten und<br />
betrachten ohne Wohl- und Wehegefühl, affektive Disposition,<br />
Befreiung und Beklemmung, das gibt es nicht. Vor dem<br />
Beginn von ausdrücklichem, begrifflichem Denken hat der<br />
Leib sich schon auf räumliche Empfindungen eingestellt,<br />
und erste Bewertungen prägen schon diese Gefühle.<br />
Jeder kennt die Neugier und Empfindlichkeit seines Leibes<br />
beim ersten Betreten und beim Wiedererkennen eines<br />
Raumes, beim Einreisen in eine Stadt usw. „Unser Leib,<br />
ein System von Bewegungs- und Wahrnehmungsvermögen,<br />
ist kein Gegenstand für ein ‚Ich denke’: er ist ein sein<br />
Gleichgewicht suchendes Ganzes erlebt-gelebter Bedeutungen.”<br />
(Maurice Merleau-Ponty, a. a .O., S. 184)<br />
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