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die gestischen wirkungen der architektur<br />
Die Vermutung Norbert Elias’, die Entwicklung der Zivilisation<br />
sei vor allem eine der körperlichen Gewohnheiten ist sicher<br />
treffend, seine Behauptung, deren Entwicklung führe ständig<br />
in engere Tabus hinein, war aber möglicherweise voreilig.<br />
Gibt es doch neben dem Neinsagen und Erstarren der<br />
Verhaltensregeln auch das Aufbrechen neuer Interessen<br />
und die Begeisterung für utopische Dimensionen –<br />
ähnlich wie in der Geschichte der Kunst.<br />
Was ändert sich denn in unserer Zeit in der Gestik<br />
der Leiber? Spuren solcher Veränderung sind seit langem<br />
in der Darstellung virtueller Lebensräume – in Kunst und<br />
Fernsehen zum Beispiel – unübersehbar, auch aber im Design<br />
von Innenarchitektur und Gerät. Zu den Tendenzen der<br />
Veränderung gehört die Formulierung einer unerhörten<br />
Sehnsucht nach Ferne, Weite und räumlicher Freiheit, die –<br />
gegenüber allen anderen Sinnen – mehr und mehr dem Auge<br />
übertragen wird. Nachrichten und Bilder aus allen Teilen<br />
der Welt werden heute schon in jedermanns Haus geholt.<br />
Das Angebot der vorgestellten Räume wird mit phantastischer<br />
Intensität und voller atmosphärischer Stimmungen dargestellt.<br />
Damit ist ein visuelles Welttheater nahezu jedermann im Alltag<br />
verfügbar, während die Körper der Empfänger gelernt haben,<br />
fast ohne Bewegung ihrer Hände und Füße die begleitenden<br />
Erregungen abzubauen. So wird in der natürlichen Enge-Weite-<br />
Spannung des Leibes, ausgelöst durch die Aktivitäten der<br />
potenzierten Augen, ungeheure Erwartung gestaut.<br />
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