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phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />
Systeme großer, stützenloser Innenräume in Paläste<br />
und Traumstädte zu verwandeln. Das Haus Neros gehörte<br />
zu den ersten bedeutenden Demonstrationen dieser Idee<br />
des phantastischen Innen, es war der Spielort für Feste<br />
von unvorstellbarer Pracht. Malerei, Musik, Tänze, Düfte<br />
und Naturgeräusche wurden eingesetzt, um die kaiserliche<br />
Hofgesellschaft zu berauschen. Man bewegte sich Tag<br />
und Nacht in einer architektonischen Kunstlandschaft<br />
mit eigenen Tages- und Jahreszeiten. Lange vor dem Barock<br />
waren Licht-, Ton- und Fühltechniken hoch ausgebildet,<br />
um alle Sinne und die Phantasie zu affizieren.<br />
Sogar in der magisch-mythischen Vorzeit der<br />
Architektur-geschichte lassen sich Techniken nachweisen,<br />
die dem Architekturraum ekstatische Wirkung verschafften.<br />
In den dunklen, steinzeitlichen Tempeln Maltas etwa konnte<br />
man von Nebenräumen aus Gerüche und Geräusche durch<br />
Bohrlöcher in den Steinwänden in das Innere schicken,<br />
in dem wahrscheinlich Priesterinnen (liegend) meditierten.<br />
Wie auch immer die Details zu interpretieren sind:<br />
Die magische Wirkung der Innenräume wurde – ganz ähnlich<br />
wie die Atmosphäre unserer Diskos – der Wahrnehmung<br />
des Alltags entzogen und der berauschenden Vorstellung<br />
von Traumwelten angenähert. Im Innern der gebauten Räume<br />
gelingt mit illusionistischen Mitteln die Erzeugung einer ganz<br />
anderen Welt. In vorhistorischer Zeit wurden zunächst<br />
unerklärliche Naturphänomene zum Ideenhintergrund<br />
für religiöse und philosophische Fragen.<br />
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