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phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />
hat begeisterten Jubel, bei anderen Entsetzen ausgelöst.<br />
Mit ähnlichem Fanatismus hat man gegen Ende des letzten<br />
Weltkrieges Wohnstädte bombardiert, Häuser und Einwohner<br />
verbrennen lassen. Und es sieht so aus, als könnten Menschen<br />
auch heute nicht auf solche tödlichen Ekstasen verzichten,<br />
auf Exzesse zerstörerischer Lust.<br />
Es ist bekannt, dass Nero ausdrücklich von einem erhöhten<br />
Standpunkt aus Rom brennen sehen wollte. Das Abbauen von<br />
Architektur, das Einstürzenlassen und Verbrennen hatte nicht<br />
nur im antiken Rom, sondern auch im New Yorker September<br />
2001 einen ideellen Hintergrund.<br />
So wie man das Errichten des Turms von Babel wie<br />
der Wolkenkratzer unsererZeit als fanatisches Zeichen der<br />
höchsten Produktivität der Menschheit lesen kann, ebenso<br />
ist das Zerstören dieser pathetischen Bauten, besonders<br />
der exquisiten Türme, eine Frage nach Sinn und Unsinn.<br />
Seltsam genug: der Name einer avantgardistischen Rockband<br />
hieß „Einstürzende Neubauten” ...<br />
Gewiß, nicht jede Zerstörung wird ekstatisch erlebt,<br />
und nicht jede Ekstase ist zerstörerisch.<br />
Auch im architektonischen Raum gibt es „kultivierte<br />
Ekstasen”. Besonders die Innenarchitektur hat Jahrtausende<br />
lang ekstatische Wirkungen erzeugt und ein phantastisches<br />
Arsenal von Kunstgriffen dafür entwickelt.<br />
Der Innenraum als Illusionsraum war die bedeutendste<br />
Erfindung architektonischer Intelligenz, die begann,<br />
rauschhafte Atmsphären zu produzieren. Insbesondere<br />
die Erfindung des Gewölbes erlaubte es, im alten Rom<br />
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