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phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />

Abortes (wie zum Beispiel die erhabene Anlage eines Klos<br />

durch den Architekten Peter Noever im Burgenland) ohne Ekel,<br />

im Gegenteil, die Empfindung des priesterlich Erhabenen<br />

liegt näher.<br />

Auch die Untergangs-Szenerien mancher englischer<br />

Gärten mit Wildwuchs und Faulbeeten, Schimmelpilzen und<br />

Modergeruch demonstrieren ja eher poetische Ideen zum<br />

Leben als Verdorbenes. Das verwunschene Schloss mit<br />

verbotenen Zimmern, verschlossenen Kellern, Spinnweben<br />

und Wasserlachen kokettiert mit der Darstellung des Ekligen<br />

um des Genusses willen, der sich davon abhebt. Selbst die<br />

Enthäutung toter Architektur, die sorgfältige Konservierung<br />

blatternarbiger Oberflächen zeugt von der Lust, das Verderbende<br />

und Verdorbene aus seiner natürlichen Vergänglichkeit<br />

herauszuheben.<br />

Lebensphilosophien naiver Art breiten sich im<br />

Künstlerischen aus, dazu gehören ausdrücklich solche,<br />

die das Eklige nicht als Todessymbol, sondern umgekehrt<br />

als Zeichen für Leben verstehen, verbunden mit der These,<br />

organischer Abfall wie Fäulnis und Schimmel sei zwar<br />

peinlich, aber als Zeichen für Leben immer noch besser als<br />

pure Rationalität, vor deren Todesnähe man warnen will.<br />

Von dieser Art war das „Verschimmelungsmanifest gegen<br />

den Rationalismus in der Architektur”, das Friedensreich<br />

Hundertwasser 1958 gegen Raster und rechte Winkel in<br />

der Nachkriegsarchitektur von Wien aus verkündet hat,<br />

eine von diesen konservativen Provokationen.<br />

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