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phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />

Die Vorrichtungen der Architektur zur Ausscheidung<br />

des Ekligen, von denen jeder profitiert, sind seit Jahrtausenden<br />

gigantisch, werden aber zunehmend unsichtbarer und<br />

raffinierter. Die bedeutendste Erfindung zu diesem Zweck ist<br />

die Verlagerung des Problems unter die Erde, die Einführung<br />

von Rohren, von Kanalisation. Abfall und Fäulnis, Tod und<br />

Ekel sind damit verborgen, der Geruch ist verbannt.<br />

Die Empfindlichkeit der Nase für die Diagnose des Ekligen<br />

wird dabei so ernst genommen, dass Gerüche zur Vorsicht<br />

aus dem zivilisierten Leben herausgehalten werden und<br />

die Erfahrung der Nase dabei verkümmert. Außerhalb<br />

der Wohnviertel werden versteckt die Auffangstationen<br />

für den Abfall angeordnet: die Müllhalden, Kläranlagen,<br />

Jauchegruben, Güllefässer und Misthaufen, Müllverbrennungsanlagen<br />

und Recyclingfabriken. Das Verdorbene, Zerfallende<br />

und Eklige wird technisch zurückverwandelt in brauchbare<br />

Produkte, das Ausgeschiedene verliert damit seine Bedrohlichkeit.<br />

Neben dieser eher technischen Verarbeitung des Todes<br />

gibt es die künstlerische. Die kunstvoll hergestellte Ruine<br />

in einem romantischen Garten ist zum Beispiel eine<br />

Verklärung des Ekels, die trickreich den natürlichen Verfall<br />

von Architekturformen und –materialien darstellt und<br />

dadurch versucht, ihn umzukehren. Die Poetisierung<br />

des Todes hebt ihn aus dem organischen Zusammenhang<br />

heraus und in einen geistigen hinein. Nicht mehr Schmerz<br />

und Todesangst trüben das Erlebnis – wie im Leben –, es wird<br />

vielmehr besänftigt durch Erkenntnis und ästhetischen<br />

Genuss. So ist auch die künstlerische Konzeption eines<br />

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