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phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />
Den Augen werden zum Beispiel Fluchtlinien und<br />
Überschneidungen angeboten, die zunächst auf falsche<br />
Größenverhältnisse schließen lassen, die Objekte erscheinen<br />
größer, weiter entfernt oder näher, als es der Blick normalerweise<br />
erwarten würde. Durch kunstvolle Verschiebungen von<br />
Perspektiven und Gestaltmerkmalen etwa erreicht der<br />
Entwerfer neue, andere Gefühle für Entfernungen, Größen,<br />
Gewichte, Materialien usw., wie man sie aus zauberhaften<br />
Beispielen der italienischen Renaissance, des französischen<br />
Barock, der chinesischen Gartenkunst etc. kennt. Das Täuschen<br />
folgt dabei keinesfalls einem Zufall oder Irrtum, vielmehr<br />
einem Ideal, das die Orientierung im Sehraum betrifft.<br />
So kann das Motiv einer kultivierten Täuschung die Lust<br />
am Monumentalen sein, auf kleinem Raum wird Großes,<br />
wird Unendlichkeit dargestellt. Das Instrumentarium dazu,<br />
die Verschiebung von Schrägen und Abständen, die Manipulation<br />
von Horizont, Blickpunkten und idealen Standorten ist<br />
dann dem der Malerei verwandt. Andere Augen-Täuschungen<br />
dienen dem Verbergen, sie verfolgen vielleicht strategische<br />
Zwecke, sie rücken Gebäude aus dem Blickfeld, lassen sie<br />
scheinbar im Boden verschwinden, gleichen sie dem Grün<br />
der Landschaft, den Dünen, dem Gebirge an etc.<br />
Wieder andere dienen dazu, ideale Atmosphären zu verstärken,<br />
etwa die exotische Stimmung tropischer Wälder, blauer<br />
Himmel und Meeresblicke im Innern eines Restaurants<br />
oder einer Einkaufstraße: fast alltägliche Situationen<br />
der Überredung.<br />
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