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die gestischen wirkungen der architektur<br />
und das erlebende Ich hier haben – vor jedem begrifflichen<br />
Verstehen – einen gemeinsamen Ausdrucksraum. Sie sind<br />
durch eine gestische Korrespondenz, d. h. Zeigehandlungen<br />
miteinander verbunden. Nach der Logik dieser Relation<br />
ist genauer zu fragen. Ich behaupte, nicht nur die Analysen<br />
einer neuen Architekturtheorie, sondern auch einige<br />
sinnvolle Regeln des architektonischen Entwerfens<br />
sind gerade daraus zu entwickeln.<br />
Was in diese Relationierung allerdings wider Erwarten<br />
kaum eingeht – oder doch nur in einem untergeordneten<br />
Sinne – ist die Gestalt des menschlichen Körpers.<br />
Die bildliche Anthropometrie, etwa die Ähnlichkeit<br />
einer Fassade mit dem menschlichen Gesicht,<br />
Körperähnlichkeit usw., hat zwar in der Baugeschichte<br />
immer wieder hier und da eine Rolle gespielt, –<br />
wichtig im Hinblick auf die Entwicklung der Architektur<br />
ist sie nicht. Im Gegenteil, Anähnelung wirkt eher als<br />
Kuriosum, wenn sie allzu aufdringlich vorgetragen wird.<br />
Es ist nicht so sehr das Abbild des Körpers, das den Leib<br />
im Architekturraum erregt, sondern die spontane Sympathie<br />
für bestimmte Gesten als eine Form des Tuns, die dem Leib<br />
vertraut ist. Vielleicht hat die aufdringliche, theatralische<br />
Biomorphik in der Psychopathologie ihren eigentlichen<br />
Platz, wirkt doch ein Bauwerk als Körperzitat wie eine Art<br />
Todesbeschwörung.<br />
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