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phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />
wurde dabei zunächst bedrohlich spürbar gemacht und<br />
dann durch Geräusche, Gerüche und allerlei Illusionismus<br />
aufgehoben. Alle Sinne waren affiziert, aber nichts war<br />
ganz erfahrbar.<br />
Die Könige von Frankreich versuchten – besonders<br />
in ihren Jagdschlössern – den Genuss „erfundener Natur”<br />
im Innern der Gebäude bei spielerischen Aufführungen,<br />
Schäferszenen und dergleichen sogar durch die bäuerliche<br />
Kleidung der Gäste und eine auskomponierte Choreografie<br />
ihrer Körperbewegungen zu ergänzen.<br />
In den romantischen Gärten und Schlössern Englands sind<br />
es vor allem die Mittel der Malerei, besonders die delikate<br />
Darstellung räumlicher Tiefe, die der Architektur und den<br />
Gärten idyllische Wirkungen geben. Aber auch die heutigen<br />
bürgerlichen Varianten des Idylls, die vielen Tausend<br />
Gasthäuser und Kellerbars mit Schwarzwald- oder<br />
Mykonos-Ambiente zeigen, wenn auch mit vielfach kitschigem<br />
Formenrepertoire, wie eine vermeintlich heile Vergangenheit<br />
und Ferne in die Gegenwart verpflanzt werden kann.<br />
Die künstlerischen Mittel führen vor, wie auf begrenztem<br />
Raum eine Verschiebung der Zeit vorgenommen wird.<br />
Das Idyll ist eine konservative Struktur, weil jeweils ein<br />
Bekanntes, Beliebtes und Behagliches in einer Gegenwart<br />
zitiert wird, die unter einem Mangel leidet.<br />
Der Sehnsucht nach der Ferne und nach einer verklärten Welt<br />
wird ein Platz eingeräumt. Der entspannte Leib soll träumen<br />
und verweilen. Das Idyll ist ein Fenster des Gefühls, man ahnt<br />
in ihm die begehrte Ferne, die bessere Welt. Die räumliche<br />
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