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phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />
der Empfindung, die verschiedenen Erwartungen zugeordnet<br />
sind, etwa dem Bedürfnis nach Stille, nach Rückzug und<br />
Entspannung, der Anhänglichkeit an Spuren früherer<br />
Begegnungen, anregende Zonen, die zum Essen oder zum<br />
Waschen, Entleeren und Säubern des Körpers einladen usw.<br />
Solche Inseln der Aufforderung sind in bewährten<br />
Nachbarschaften, aber in verschiedenen Kulturkreisen<br />
verschieden angeordnet, das Bad neben dem Schlafzimmer usw.<br />
Ihr Raumplan ist eigentlich kein geometrischer, sondern<br />
ein Netzwerk von Orten des Fühlens, die nebeneinander,<br />
aber diskontinuierlich, im einzelnen verfügbar, aber<br />
ohne Übergänge angeordnet sind, durchsetzt mit Brüchen<br />
der Empfindung und voller Fragen. Die Zusammenhänge<br />
entstehen ausschließlich durch mein Tun. Es sind die<br />
Handlungen, aktuelle, vergangene oder zukünftig vorgesehene,<br />
die einen Sinn in die Ordnung meiner Wohnung bringen.<br />
Deshalb wirken Möbelausstellungen auch so unpersönlich<br />
und kalt, sie entbehren der Verknüpfung durch Handlungsfäden,<br />
sie sind bis auf wenige allgemeine Formeln – zum Beispiel<br />
Stuhl neben Tisch! – auf Ding-Charaktere reduziert.<br />
Wohnungen sind eben nicht durch Ding-Sein und Ding-<br />
Ästhetik charakterisiert, sondern durch die Handlungsästhetik,<br />
die in den Bewegungen und Interessen unseres Leibes liegt.<br />
”Was in diesem Umfeld auftritt, vorhanden ist, da ist,<br />
begegnet dem Organismus: er ist mit ihm und gegen es.”<br />
(Helmut Plessner) Wir erwarten, dass die Dinge der Wohnung,<br />
die Möbel, das Licht, die Bilder usw., ihre Atmosphäre auf<br />
uns übertragen, und wir sorgen dafür, dass eben diese Dinge<br />
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