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phänomenologische skizzen: leib und architektur<br />

Was für ein philosophischer Ballast! Und wie verführerisch<br />

die taschenspielerische Verbindung von Zukunftstraum und<br />

Blick zurück! Immer wieder in der Theoriegeschichte hat<br />

der verklärte Blick auf die Natur theaterhafte Ideenlandschaften<br />

erzeugt und eben deshalb – wegen der Penetranz dieser Ideen –<br />

bestimmte Entwürfe leidenschaftlich gefördert und andere<br />

ebenso leidenschaftlich bekämpft, die abtrünnigen nämlich,<br />

die „unnatürlichen”. Mehr noch als die natürliche Form –<br />

die mineralisch-kristallische oder die organoide – hat die Idee<br />

des Wachsens von unten nach oben oder von innen nach außen<br />

die Köpfe der Entwerfer paralysiert. Das Gebaute müsse<br />

wie die Natur sich entwickeln und zeigen. Mit der Euphorie<br />

dieser Entwurfsidee ging häufig die Verachtung der rationalen,<br />

geometrischen Formen einher. Hundertwasser inszenierte<br />

zum Beispiel mit seinem „Verschimmelungsmanifest” geradezu<br />

einen gestalterischen Kreuzzug gegen die Geometrie der<br />

Parallelen und rechten Winkel. Beim Umkippen in solchen<br />

Populismus feiert das „organische Prinzip” schreckliche<br />

Erfolge, wie man seit dem Triumph Arno Brekers mit seiner<br />

„natürlichen Schönheit” zur Zeit der Nationalsozialisten weiß.<br />

Das Bauhaus wurde nicht nur wegen der jüdischen<br />

Abstammung einiger Meister geächtet, sondern auch wegen<br />

der Rationalität seiner Methoden und seiner Produkte.<br />

Die alte philosophische Gefahr ist aufgebrochen,<br />

einen „natürlichen” Anfang zum Leitbild zu erheben<br />

und Abweichungen davon als Degeneration zu geißeln.<br />

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