Tro§zdem Nr. 43, November2010 - Justizvollzugsanstalt Oldenburg ...
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Folter und Misshandlung in 111 Staaten<br />
PRESSESPIEGEL<br />
STUDIE: Amnesty beklagt weltweite Missstände. Fortschritte durch Internationalen Strafgerichtshof.<br />
§<br />
VON BERND PICKERT<br />
Schauprozesse im<br />
Iran: 8o Oppositionelle<br />
wurden<br />
verurteilt, mindestens<br />
16 von ihnen<br />
zum Tode<br />
Straflosigkeit für schwerste<br />
Menschenrechtsverletzungen,<br />
Folter und Misshandlung von<br />
Gefangenen in mindestens in<br />
Staaten, unfaire Verfahren in<br />
mindestens 55 Staaten, Einschränkung<br />
der Meinungsfreiheit<br />
in mindestens 96 Ländern:<br />
Das sind die wichtigsten Anklagepunkte<br />
des neuen Jahresberichts<br />
von Amnesty International,<br />
den die Menschenrechtsorganisation<br />
heute weltweit<br />
veröffentlicht. Dabei bemüht<br />
sich Amnesty auch, positive<br />
Entwicklungen darzustellen.<br />
2009 sei ein „Meilenstein<br />
für die Menschenrechte“ gewesen,<br />
sagt die deutsche Amnesty-Generalsekretärin<br />
Monika<br />
Lüke. Zahlreiche Gerichtsurteile<br />
und politische Entscheidungen<br />
2009 hätten die<br />
Aussage unterstrichen, dass<br />
niemand über dem Gesetz<br />
stehe. Insbesondere der erste<br />
Haftbefehl des Internationalen<br />
Strafgerichtshofes gegen ein<br />
amtierendes Staatsoberhaupt,<br />
Sudans Präsidenten Omar<br />
al-Bashir, gegen den Widerstand<br />
fast aller afrikanischer<br />
Staaten sei wichtig gewesen,<br />
sagte Lüke bei der Vorstellung<br />
des Berichts in Berlin am<br />
Mittwoch. Auch Peru, wo der<br />
ehemalige Präsident Alberto<br />
Fujimori wegen während seiner<br />
Amtszeit begangener<br />
Verbrechen zu 25 Jahren Haft<br />
verurteilt wurde, habe Maßstäbe<br />
gesetzt. Allerdings hätten<br />
sich die USA, China, Russland,<br />
Iran und Afghanistan<br />
gegenüber Forderungen nach<br />
Aufklärung und Verfolgung<br />
von Menschenrechtsverletzungen<br />
„taub gestellt: sagte Lüke.<br />
Ausführlich geht auch<br />
Claudio Cordone, noch bis<br />
Juni dieses Jahres lnterimsgeneralsekretär<br />
in der Londoner<br />
Amnesty-Zentrale, im Vorwort<br />
des Jahresberichts auf die<br />
internationale Strafverfolgung<br />
ein. Er zeichnet das Bild einer<br />
Erfolgsgeschichte, wobei der<br />
Internationale Strafgerichtshof<br />
eine zentrale Rolle spiele.<br />
„Selbst in Staaten, die die Gerichtsbarkeit<br />
des Internationalen<br />
Strafgerichtshofes nicht<br />
akzeptieren, hat allein die E-<br />
xistenz dieses Gerichts die<br />
Frage der Rechenschaftspflicht<br />
verstärkt in den Mittelpunkt<br />
gerückt‘: schreibt Cordone.<br />
Derzeit haben 81 Staaten<br />
das Statut des Internationalen<br />
Strafgerichtshofes noch<br />
nicht unterzeichnet, darunter<br />
sieben G-2o-Staaten.<br />
In den Länderberichten,<br />
traditionell der Schwerpunkt<br />
im Datenteil des Jahresberichts,<br />
hebt Amnesty insbesondere<br />
Afghanistan und Iran<br />
hervor. Nach wie vor würden<br />
in Afghanistan Zivilisten Opfer<br />
der Taliban und anderer<br />
bewaffneter Gruppen sowie<br />
auch der internationalen Streitkräfte.<br />
„Wenn Präsident Karsai<br />
bei den anstehenden Verhandlungen<br />
mit den Taliban<br />
die wenigen Fortschritte bei<br />
den Menschenrechten opfert,<br />
muss die internationale Gemeinschaft<br />
klarmachen: Die<br />
Menschenrechte sind nicht<br />
verhandelbar“ forderte Monika<br />
Lüke.<br />
Auch im Iran hat sich laut<br />
Amnesty die Situation deutlich<br />
verschlechtert. Seit den Präsidentschaftswahlen<br />
im Juni<br />
2009 habe die Verfolgung von<br />
Oppositionellen und Menschenrechtsverteidigern<br />
zugenommen.<br />
In Schauprozessen<br />
seien über 80 Personen verurteilt<br />
worden, mindestens 16<br />
davon zum Tode.<br />
Enttäuscht zeigt sich Amnesty<br />
von der Regierung<br />
Barack Obamas. Weder habe<br />
er seine Ankündigung eingehalten,<br />
das Gefangenenlager<br />
in Guantánamo binnen eines<br />
Jahres zu schließen, noch seien<br />
die großen Rechtsstaatsprobleme<br />
bei der Behandlung<br />
von Terrorverdächtigen beseitigt<br />
worden. „Wenn einige<br />
Gefangene von Guantánamo<br />
nach Illinois verlegt werden,<br />
aber weiter ohne rechtsstaatliches<br />
Verfahren in Haft bleiben,<br />
ändert sich für diese<br />
Männer nichts - außer der<br />
Postleitzahl“: sagte Lüke.<br />
Quelle: TAZ 27.05.2010<br />
Regierung einig bei Sicherungsverwahrung<br />
JUSTIZ: Nachträglich angeordnete Sicherungsverwahrung soll nicht mehr möglich sein. Regierung setzt auf<br />
elektronische Fußfesseln.<br />
BERLIN Die Bundesregierung<br />
hat sich auf eine Reform<br />
der umstrittenen Sicherungsverwahrung<br />
geeinigt.<br />
Das Kabinett beschloss am<br />
Mittwoch Eckpunkte für ein<br />
neues Gesetz von Bundesjustizministerin<br />
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger<br />
(FDP).<br />
Dabei werden auch elektronische<br />
Fußfesseln in Betracht<br />
gezogen, um rückfallgefährdete<br />
Täter nach der Haftentlassung<br />
Orten zu können.<br />
Bei der Sicherungsverwahrung<br />
bleiben Täter, bei denen<br />
die Gefahr eines Rückfalls<br />
besteht, auch nach der Haft<br />
eingesperrt. Das soll künftig<br />
nur noch möglich sein, wenn<br />
die Sicherungsverwahrung<br />
bereits im Urteil zumindest<br />
vorbehaltlich vorgesehen war.<br />
Diese Möglichkeit, dass sich<br />
Richter eine endgültige Anordnung<br />
zu einem späteren<br />
Zeitpunkt der Haft offen halten<br />
können, soll ausgebaut<br />
werden. Die nachträgliche<br />
Sicherungsverwahrung, die am<br />
Haftende angeordnet wird und<br />
die der Europäische Gerichtshof<br />
für Menschenrechte<br />
(EGMR) in Straßburg verurteilt<br />
hatte, soll es nicht mehr<br />
geben. Zudem soll die Verwahrung<br />
nicht mehr bei Vermögensdelikten<br />
ohne Gewaltanwendung<br />
möglich sein.<br />
Für Sicherungsverwahrte,<br />
die aufgrund nachträglich angeordneter<br />
Verwahrung und<br />
des EGMR-Urteils freigelassen<br />
werden müssen, will Leutheusser<br />
Schnarrenberger elektronische<br />
Fußfesseln zur Ortung<br />
einsetzen. Die Ministerin<br />
warnte jedoch davor, eine e-<br />
lektronische Überwachung als<br />
das „alleinige Heilmittel‘ zu<br />
betrachten.<br />
Die geplante elektronische<br />
Fußfessel stößt jedoch auf<br />
Kritik. Der stellvertretende<br />
Bundesvorsitzende der Gewerkschaft<br />
der Polizei (GdP),<br />
Bernhard Witthaut, monierte,<br />
in einer Großstadt sei es kaum<br />
möglich, mehrere hundert Meter<br />
zu gehen, ohne an einer<br />
Schule, einem Spielplatz, einer<br />
Kindertagesstätte vorbeizulaufen.<br />
Der elektronische Sender<br />
könne auch nicht zwischen<br />
einem Kontakt des Überwachten<br />
mit einem Kind oder einem<br />
Erwachsenen unterscheiden.<br />
Quelle:TAZ 24.06.2010<br />
www.jva-oldenburg.de<br />
Tr§tzdem 11/2010 63